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Das Geisterhaus

Das Geisterhaus

Titel: Das Geisterhaus
Autoren: Isabel Allende
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Teufel zu einem Asyl
zu verhelfen sei doch kein Verbrechen, kein so schweres
Vergehen, daß man sie deshalb verhaften müsse, ohne jede
Rücksicht darauf, daß sie meine Enkelin ist, die Enkelin eines
Senators der Republik, eines angesehenen Mitglieds der
Konservativen Partei, das könnten sie doch nicht machen mit
einem aus meiner Familie, in meinem eigenen Haus, denn was,
zum Teufel, bliebe für die anderen übrig, wenn Leute wie wir
festgenommen würden, das würde ja bedeuten, daß niemand
mehr sicher sein könne, daß zwanzig Jahre im Kongreß und alle
meine Beziehungen umsonst gewesen wären, ich kenne in
diesem Land Gott und die Welt, zumindest alle wichtigen Leute,
sogar den General Hurtado, der mein persönlicher Freund sei,
obgleich er mir in diesem Fall auch nicht habe helfen können,
nicht einmal der Kardinal habe mir helfen können,
herauszufinden, wo sie ist, es sei doch nicht möglich, daß sie
wie durch Zauber verschwindet, einfach weg ist, daß sie sie
eines Nachts mitnehmen, und ich höre nichts mehr von ihr,
einen Monat lang hätte ich nach ihr gesucht, dieser Zustand
mache mich ganz verrückt, das seien doch genau die Dinge, die
dem Ansehen der Militärs im Ausland schadeten und die dazu
geführt hätten, daß uns die Vereinten Nationen nun mit den
Menschenrechten auf den Hals kommen, anfangs hätte ich von
Toten, Gefolterten und Verschwundenen auch nichts hören
wollen, aber jetzt könne ich nicht mehr glauben, daß alles nur
Kommunistenschwindel sei, wo sogar die Gringos, die als erste
die Militärs unterstützt und ihre Luftwaffenpiloten geschickt
hätten, um den Präsidentenpalast zu bombardieren, jetzt von
dem Gemetzel schockiert seien, und es sei ja nicht so, daß ich
gegen Repressalien wäre, ich sähe ja ein, daß man am Anfang
mit Festigkeit durchgreifen müsse, um Ordnung zu schaffen,
aber dann sei ihnen die Hand ausgerutscht, sie hätten die Dinge
zu weit getrieben, und mit dem Märchen von der inneren
Sicherheit und daß die ideologischen Feinde eliminiert werden
müßten, brächten sie jetzt alle Welt um, damit könne niemand
mehr einverstanden sein, nicht einmal ich, der ich als erster den
Kadetten Hühnerfedern vor die Füße gestreut und den Putsch
befürwortet hätte, ehe andere auch nur daran gedacht hätten, ich,
der ich als erster Beifall geklatscht hätte und zum Tedeum in die
Kathedrale gegangen sei, und eben deshalb könne ich nicht
akzeptieren, daß in meinem Vaterland solche Dinge geschehen,
daß Leute verschwinden, daß sie meine Enkelin gewaltsam aus
dem Haus holen, ohne daß ich es verhindern kann, solche Dinge
seien hier doch noch nie passiert, und deshalb, genau deshalb
»mußte ich kommen und mit Ihnen, Tránsito, sprechen, nie hätte
ich mir vor fünf zig Jahren, als Sie noch ein rachitisches kleines
Mädchen im Farolito Rojo waren, träumen lassen, daß ich eines
Tages kommen und Sie kniefällig bitten würde, mir diesen
Gefallen zu tun und mir zu helfen, meine Enkelin
wiederzufinden, ich wage es, Sie darum zu bitten, weil ich weiß,
daß Sie gute Beziehungen zur Regierung haben, man hat mir
von Ihnen gesprochen, ich bin sicher, daß niemand die
wichtigen Leute bei den Streitkräften besser kennt als Sie, ich
weiß, daß Sie ihre Feste organisieren und daß Sie zu
Persönlichkeiten Zugang haben, die ich niemals erreichen
würde, deshalb bitte ich Sie, daß Sie etwas für meine Enkelin
tun, ehe es zu spät ist, denn seit Wochen habe ich nicht mehr
geschlafen, durch sämtliche Büros, sämtliche Ministerin, zu
allen alten Freunden bin ich gelaufen, und niemand konnte mir
helfen, sie wollen mich schon nicht mehr empfangen,
stundenlang lassen sie mich in den Vorzimmern warten, mich,
der ich diesen selben Leuten so viele Gefälligkeiten erwiesen
habe, ich bitte Sie, Tránsito, verlangen Sie von mir, was Sie
wollen, ich bin immer noch ein reicher Mann, obwohl die Zeiten
des Kommunismus für mich nicht rosig waren, sie haben mir
das Land enteignet, sicher haben Sie davon gehört, im
Fernsehen und in den Zeitungen müssen Sie es gesehen haben,
es war ein Skandal, diese unwissenden Bauern haben meine
Zuchtstiere aufgegessen und meine Rennpferde vor die Pflüge
gespannt, und nicht mal ein Jahr hat es gedauert, bis die Drei
Marien ruiniert waren, aber jetzt habe ich Traktoren auf dem
Gut und baue es wieder auf, so wie ich es früher als junger
Mann schon einmal getan habe, so mache ich es als alter Masin
jetzt wieder,
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