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Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut
Autoren: Gerhard Wagner
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des jungen Ludwig XV. die Hiebe. Auch im England des 17. Jahrhunderts durfte an Adligen die Prügelstrafe nicht vollzogen werden. Stattdessen musste ein Gleichaltriger vor den Augen des Missetäters die Schläge über sich ergehen lassen. Man nannte ihn „whipping-boy – Peitschenjunge“. 1643 wurde ein gewisser William Murray, Prügelknabe für König Charles I., von diesem sogar zum Earl erhoben, wohl als Wiedergutmachung. Über Konrad den Hohenstaufen wird übrigens gesagt, dass er sich fürderhin große Mühe gegeben habe, nicht straffällig zu werden, weil er es nicht habe ertragen können, dass ein Unschuldiger an seiner Statt geschlagen wurde. Wie heutige Halbwüchsige wohl reagieren würden?
    „Mit jemandem ist nicht gut Kirschen essen“
    jemand ist sehr unfreundlich
    E s gibt verschiedene Arten, einen Mitmenschen seine Verachtung spüren zu lassen. Als noch viel geraucht wurde, konnte es passieren, dass ein Raucher seinem Gegenüber arrogant den Rauch einer Zigarette ins Gesicht blies. Vor Jahrhunderten gab es andere Genussmittel, meist gesündere. Die Süßkirsche zum Beispiel wurde in Kloster- und Schlossgärten angebaut und war ein begehrtes Naschwerk, das – von einem möglicherweise lebendigen Inhalt einmal abgesehen – nur einen Nachteil hatte: den Kern. Dessen entledigte man sich normalerweise dezent in die Hand oder in den Straßengraben. Es soll aber Obrigkeiten gegeben haben, die kein Hehl daraus machten, dass der einfache Mann weit unter ihnen stand; sie ignorierten ihn einfach, mit für diesen ärgerlichen Folgen – die ausführliche Version dieser Redensart lautet nämlich: „Mit hohen Herren ist nicht gut Kirschen essen, sie spucken einem die Kerne ins Gesicht.“
    |33| Das „Bussi-Bussi!“

    E s gibt viele Arten der Begrüßung, von der Verbeugung über den Handschlag bis zur Umarmung, vom
    im Ostblock rituell praktizierten Bruderkuss ganz zu schweigen. Apropos Kuss: Unter besten Freundinnen, aber auch zunehmend zwischen Politikern verschiedenen Geschlechts wird ein Küsschen in zwei- oder gar dreifacher Ausführung praktiziert, bei dem man bzw. frau den Gegner – pardon: Partner – andeutungsweise in den Arm nimmt und ebenfalls andeutungsweise auf die Wange schmatzt. Mit Liebe kann das ja nichts zu tun haben; die Wurzeln dieses Grußes reichen viel weiter zurück: Im Mittelalter war die sogenannte Akkolade Teil der Aufnahmezeremonie in einen Ritterorden. Es handelte sich um eine feierliche Umarmung, die zeigen sollte, dass man Teil einer Gemeinschaft geworden war. Davon ist das Küsschen-Küsschen auf die Wange erhalten geblieben; die Anstandsregel besagt aber, dass sich diese Geste nicht gleich für ein erstes Treffen eignet, da hier in die „intime Distanz“ eingedrungen wird.
    „Auf den Hund kommen“
    wirtschaftlich ruiniert werden
    F ür diese Redewendung gibt es mehrere einleuchtende Erklärungen: Zum Beispiel wurde im Mittelalter das Geld zu Hause in einer Holztruhe aufbewahrt. Abergläubisch, wie die Menschen nun mal waren, malten oder ritzten sie in den Boden der Truhe das Bild eines Hundes, der symbolisch den Schatz bewachen sollte. Holte man die letzten Taler heraus, wurde der Hund sichtbar; dann war man auf den Hund gekommen, man war pleite. Eine andere Erklärung geht darauf zurück, dass Bauern Ochsen als Zugtiere und Esel zum Tragen einsetzten. Wenn man sich weder Ochs noch Esel leisten konnte, musste man einen Hund zum Ziehen einsetzen, man war auf den Hund gekommen. Eine dritte Erklärung ist etwas merkwürdig. Einem wegen Landfriedensbruch verurteilten Adligen blieb nämlich das Hängen erspart. Um zu zeigen, dass er eigentlich wie ein Hund aufgehängt gehörte, musste er stattdessen einen toten Hund durch die Straßen tragen.
    |34| „Den Hof machen“
    eine Frau umwerben
    D er Hof Ludwigs XIV. bestimmte die Sitten der höfischen Gesellschaften überall in Europa. Hier entstand der Ausdruck „faire la cour“. Dabei ist unter „Hof“ die gesamte Umgebung eines Fürsten zu verstehen, nicht nur sein Hofstaat, nicht nur die berüchtigten Hofschranzen mit ihren Puderperücken und Kratzfüßen. Alle in seinem direkten Umfeld Dienenden machten seinen Hof aus, und es konnte in der Zeit des Absolutismus lebenswichtig sein, in jeder Hinsicht höflich zu sein. Die Redewendung nahm ihre Entwicklung von der devoten Artigkeit der Höflinge gegenüber ihrem Fürsten hin zur höflichen Werbung des Galans um die Gunst seiner Dame. Heute ist sie fast ausschließlich in
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