Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Turtle Bay

Das Geheimnis von Turtle Bay

Titel: Das Geheimnis von Turtle Bay
Autoren: Karen Harper
Vom Netzwerk:
sie sich von der Strömung mittreiben, die sie eigentlich ans Ufer bringen sollte. Dummerweise hatte inzwischen die Ebbe eingesetzt, und gleichzeitig trieb der Wind das Wasser Richtung Küste, sodass Bree sich nicht länger auf die Strömung verlassen konnte.
    Es war so trüb, dass sie nicht einmal den Kompass ablesen konnte, den Daria ihr letzten Monat zum Geburtstag geschenkt hatte. Daria … und das Boot. Sie konnte sich nicht erklären, warum ihre Schwester sie während eines Tauchgangs im Stich lassen sollte. Gekentert war die Mermaids II ganz sicher nicht, damit war bei einem über sieben Meter langen Boot mit flachem Boden nicht zu rechnen. Und es gab auf dieser Seite von Florida auch kein sogenanntes Bermudadreieck. Piraten und Drogenschmuggler interessierten sich nicht für ein langsames Boot mit ein paar Tauchern an Bord, und die Flüchtlinge aus Kuba und Guatemala waren nur nachts im Golf unterwegs, damit sie unbemerkt blieben. Selbst wenn Daria etwas zugestoßen wäre, hätte es einen Hinweis auf ihren Verbleib geben müssen. Das alles ergab keinen Sinn.
    Zwar konnte sie im trüben Wasser die Druckanzeige ihrer Sauerstoffflasche nicht erkennen, doch sie merkte, wie mühselig es allmählich wurde, durch das Mundstück einzuatmen. Sie musste auftauchen! Die Wellen waren inzwischen über zwei Meter hoch und rissen Bree mit sich. Außerdem hatte es mittlerweile zu regnen begonnen, sodass Bree jeglichen Rest an Orientierung verlor.
    Versehentlich bekam sie Wasser in den Mund, konnte es aber sofort wieder ausspucken. Sobald sie Salzwasser schluckte, wurde ihr übel, aber ihr war vor Angst und Wut ohnehin schon schlecht. Dad hatte immer gesagt, man dürfe sich nicht von seinen Gefühlen beherrschen lassen, besonders nicht beim Tauchen. Nach dem Tod ihrer Mutter war das für ihn zu einem Lebensmotto geworden. Man musste sich ablenken und sich mit anderen Dingen beschäftigen, damit keine Zeit blieb für diese erdrückenden, erstickenden Gefühle …
    Bree öffnete den Bleigürtel und streifte den Sauerstofftank von den Schultern, dann atmete sie durch den Schnorchel weiter. Die Flasche ging mit einem Gurgeln unter, und sofort fühlte sich Bree leichter. Oder besser gesagt, sie versuchte sich Mut einzureden. Ja, sie konnte es schaffen, sich in Sicherheit zu bringen. Etwa fünf Kilometer entfernt musste Keewadin Island liegen, ein langes, schmales Eiland. Gott sei Dank, dass sie nicht an Stellen wie Black Hole Sink oder Naples Ledges getaucht war, die rund fünfzig Kilometer vor der Küste lagen.
    Sie versuchte sich weiszumachen, dass es sich um eines der üblichen kurzen Unwetter handelte, die im Sommer den Golf heimsuchten, den Everglades eine Dusche verpassten und dann weiterzogen, um schwülwarme Luft zu hinterlassen. Wann würde dieses Unwetter vorüber sein?
    Wieder musste sie aufpassen, kein Wasser zu schlucken. Das Schwimmen strengte sie zunehmend an, aber so sehr sie sich auch wünschte, möglichst schnell an Land zu kommen, so musste sie doch auf ihre Kräfte achten. Sie zwang sich zu langsameren, aber gleichmäßigen Zügen in jene Richtung, in der sich das rettende Ufer befinden musste.
    Zug, Zug, Zug, und durchatmen. Trotz Ebbe war sie sich sicher, dass die Wellen sie in Richtung Land tragen mussten. Aber der Weg dorthin war noch so weit, und es war so schwierig durchzuatmen, ohne gleichzeitig Salzwasser zu schlucken.
    Und dann auf einmal hörte sie das, wovor sie sich am meisten fürchtete.
    Donnergrollen! Und das bedeutete Blitze.
    O nein! Erst letzte Woche hatte sie noch auf der Veranda in Turtle Bay gesessen und ein solches Gewitter beobachtet. Zahllose Blitze trafen das Wasser im Golf und schließlich in der Bucht jenseits der Docks, als das Unwetter näher und näher kam. Wie üblich fiel für eine Weile der Strom aus, aber die Zwillinge waren nicht nach einer Klimaanlage süchtig wie beispielsweise ihre ältere Schwester Amelia, die nicht mal bei schönem Wetter ein Fenster öffnete. Sie hatte Angst, es könnte Staub ins Haus gelangen, dabei hätten ihre bedauernswerten, praktisch klinisch sauberen Kinder mal ein wenig Staub und Schmutz vertragen können.
    Brees Muskeln begannen zu brennen, und im Geiste konnte sie ihren Dad zu ihr und Daria sagen hören: „Wenn du dich nicht wohlfühlst, raus aus dem Wasser.“ Oh, sie wollte nur zu gern raus aus dem Wasser. Sie wollte bei Daria auf der Mermaids II sein – oder zu Hause und in Sicherheit. Sie liebte das Meer und die Wellen, aber nicht hier
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher