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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts
Autoren: Elizabeth Hoyt
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sein Gesicht zwischen die Gitterstäbe. „Sie wollen wissen, wer uns an die Franzosen und diese verdammten Rothäute verraten hat? Sie wollen wissen, wer die Erde mit Blut getränkt hat, da draußen bei Spinner's Falls? Dann schau'n Sie sich mal die Männer an, die mit Ihnen gefangen genommen wurden. Da werden Sie Ihren Verräter finden."
    Jasper zuckte zurück, als hätte eine Schlange ihn gebissen. „Unsinn."
    Thornton starrte ihn noch einen Moment an, dann lachte er, ein schrilles, abgehacktes Kläffen.
    „Schnauze!", brüllte es aus einer anderen Zelle.
    Doch Thornton stieß weiter diese schrecklichen, unmenschlichen Laute aus, den Blick die ganze Zeit starr und hasserfüllt auf Jasper gerichtet. Der starrte mit versteinerter Miene zurück. Lügen und angedeutete Halbwahrheiten, mehr würde er aus Dick Thornton nicht herausbekommen. Weder heute noch in Zukunft. Ohne den Blick von Thornton zu nehmen, ließ er die Münze auf den Boden fallen. Sie rollte in die Mitte des Gangs, außer Reichweite der Zelle. Da verstummte Thorntons hyänenhaftes Lachen, aber Jasper hatte sich bereits abgewandt und wollte nur noch diesem Höllenloch entkommen.

Kapitel 2
Bald schon traf er auf einen alten Mann, der am Wegesrand saß. Der alte Mann war in Lumpen gehüllt, seine Füße waren bloß, und er saß da, als ruhe die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern.
    „Oh, werter Herr", rief der Bettler. „Habt Ihr mir vielleicht einen Kanten Brot?"
    „Mehr als nur das, Gevatter", erwiderte Jack. Er blieb stehen, öffnete seinen Rucksack und holte eine feinsäuberlich in ein Tuch gewickelte Fleischpastete hervor. Diese teilte er mit dem alten Mann, und zusammen mit einem aus dem nahen Bach geschöpften Becher Wasser gab sie fürwahr ein köstliches Mahl ab ...
    aus Lachender Jack
    A n diesem Abend betrachtete Melisande missmutig ihren Teller, auf dem sich fanden: gekochtes Rindfleisch, gekochte Karotten, gekochte Erbsen — das Lieblingsessen ihres Bruders Harold. Sie saß an einer Seite des langen, dunklen Holztisches; am Kopfende saß Harold und ihm gegenüber Gertrude, seine Frau. Düster war es im Speisezimmer. Nur eine Handvoll Kerzen brannten, die kaum das abendliche Dunkel durchdrangen. Wenn er wollte, könnte ihr Bruder sich genügend Kerzen leisten, um den ganzen Raum zu erhellen, aber Gertrude hielt sparsam Haus und schätzte es nicht, gute Wachskerzen sinnlos zu verschwenden; eine Philosophie, die ihr Gatte von ganzem Herzen guthieß. Überhaupt hatte Melisande schon oft gedacht, wie trefflich die Eheleute doch zusammenpassten. Sie hatten denselben Geschmack, dieselben Ansichten und waren beide ein bisschen ... langweilig.
    Versonnen betrachtete sie ihre Scheibe gräulich gekochtes Rindfleisch und überlegte, wie sie ihrem Bruder und seiner Frau ihre Übereinkunft mit Lord Vale beibringen sollte. Vorsichtig schnitt sie ein Stückchen ab, nahm es zwischen die Finger und hielt es unter den Tisch. Eine kleine, kalte Nase berührte ihre Hand, und schon war der Leckerbissen verschwunden.
    „Es tut mir so leid, Mary Templetons Hochzeit versäumt zu haben", bemerkte Gertrude von ihrem Ende des Tisches. Eine steile Falte stand zwischen ihren Brauen. „Oder vielmehr ihre Nicht-Hochzeit. Ihre Mutter hätte es gewiss zu schätzen gewusst, wäre ich dort gewesen. Mir ist schon von vielen, wirklich vielen Leuten gesagt worden, welch ein Trost und Beistand ich jenen wäre, deren Glück im Schwinden begriffen sei. Und mit Mrs Templetons Glück scheint es ja derzeit nicht weit her zu sein. Fast könnte man behaupten, sie habe eine ausgesprochene Pechsträhne."
    Sie hielt inne, genehmigte sich einen winzigen Bissen Karotte und wartete auf die Zustimmung ihres Gatten.
    Harold schluckte schnell herunter und nickte düster. Er hatte kleine Hängebäckchen und schütteres hellbraunes Haar, das nun von einer grauen Perücke verdeckt war. „Sie sollte das Mädel bei Brot und Wasser halten, bis es wieder zur Vernunft kommt. Einen Viscount sausen zu lassen! Töricht, so etwas. Ausgesprochen töricht!"
    Gertrude nickte. „Mir scheint, sie hat den Verstand verloren."
    Harold horchte auf; er hatte ein geradezu morbides Interesse an allem, was mit Krankheiten zu tun hatte. „Liegt Schwachsinn denn in der Familie?"
    Melisande wurde am Bein gestupst, dann lugte ein schwarzes Näschen unter der Tischkante hervor. Rasch schnitt Melisande noch ein Stück Fleisch ab und hielt es unter den Tisch. Im Nu waren Fleisch und Näschen
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