Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
Autoren: Antoinette Lühmann
Vom Netzwerk:
Vermutung zusammen. Dann knickten seine Füße um. Mit den Armen suchte er nach Halt und klammerte sich an das Brett einer Kiste. Es brach mit einem gewaltigen Krachen und er fiel auf den Rücken. Nebenan raschelten die Umhänge der Männer und die Lichter näherten sich der Tür.
    Nik drehte sich nicht um. Mühsam richtete er sich auf und starrte seine Füße an. Etwas verdreht lagen sie unter seinen Knien und schienen nicht mehr zu seinem Körper zu gehören. Er klopfte mit den Stiefeln mehrmals auf den Boden, bis die Taubheit wich. Mit einem unangenehmen Kribbeln kehrte das Gefühl in seine Füße zurück und Nik sprang auf.
    Die Männer rüttelten an der Klinke.
    Nik hob das Holzstück auf, das er bei seinem Sturz von der Kiste gerissen hatte. Es war so lang wie sein Arm und hatte ein spitzes Ende.
    Er holte aus, um damit auf die Klappe einzuschlagen, als er hinter sich Holz splittern hörte. Die Männer traten gegen die Tür.
    Nik schlug zu, doch die Luke rührte sich nicht. Dann hob er das Brett über seinen Kopf und stieß es mit der spitzen Seite voran durch eines der kleinen Fenster. Es splitterte und die Scherben fielen klirrend auf die Straße. Hinter ihm krachte es wieder.
    Nik warf das Holz auf den Boden und griff mit beiden Händen nach dem Rahmen. Er spürte, wie sich die spitzen Glasränder in seine Hände bohrten. Warmes Blut quoll aus den Wunden und tropfte ihm in die Ärmel seines Hemdes. Nik biss die Zähne zusammen. Als er hörte, wie die Tür hinter ihm aufbrach, zog er sich mit aller Kraft durch das Fenster. Draußen fiel er auf die Straße, die einen halben Meter unter dem Fenster lag. Seine Knie schmerzten, doch es kümmerte ihn nicht. Er sprang auf die Füße und rannte los. Wie Nadeln stachen unzählige kleine Glasscherben bei jedem Schritt in Arme und Beine. Doch Nik traute sich nicht, stehen zu bleiben, um die Splitter herauszuziehen. Ohne sich umzusehen, lief er die Straße entlang und verschwand um die nächste Ecke.
    Irgendwann bog er wieder ab, doch er achtete nicht auf die Häuser und Laternen. Das Blut rauschte in seinen Ohren und er nahm nichts außer dem dumpfen Pochen seiner eigenen Schritte auf dem Straßenpflaster wahr. Er blickte sich nicht um und begegnete niemandem, bis er am Ende im Schein der Straßenlaternen die Magere Brug und den Fluss erkannte.
    Nik lehnte sich gegen die hölzernen Pfeiler der alten Brücke und legte die Hand in seine stechende Seite. Im Licht der Laterne am anderen Ufer des Kanals sah er, wie sich sein Hemd unter seiner Hand rot färbte.
    In der Ferne hörte er Schritte. Es war ein regelmäßiges Klopfen von Stiefeln.Vermutlich gehörte es den Männern der Stadtwache, die ihre Runde drehten.
    Nik rutschte mit dem Rücken an dem Pfeiler hinab und setzte sich auf die Straße. Sobald das Stechen in seiner Seite aufhörte, wollte er nach Hause gehen. Keuchend rang er nach Atem und starrte durch die Löcher in seiner Hose auf seine blutenden Knie, als ihm jemand geräuschlos die Hand auf die Schulter legte.

Nik schlug nach dem Arm und sprang auf. Neben ihm stand Benthe und stöhnte. Sie rieb mit der rechten Hand über den linken Ellenbogen.
    »Entschuldige«, murmelte er, legte sich die Hände auf die Brust und atmete tief ein. Sein Herzschlag beruhigte sich, aber das Stechen in seiner Seite wollte nicht vergehen. Er war das Laufen nicht gewohnt und die Wunden an Händen und Knien schmerzten.
    Benthe schrie plötzlich auf und zeigte auf seine Brust.
    Nik sah an sich herunter. Die tiefen Schnitte in seinen Händen hatten sein Hemd über der Brust rot gefärbt. Im Licht der Straßenlaterne wirkte es unheimlich.
    »Es sind nur die Hände«, beruhigte er Benthe. Er streckte ihr die Handflächen mit den Schnitten entgegen. Benthe ließ sich sonst nicht aus der Ruhe bringen. Sie war das einzige Mädchen, das nicht kreischend davonlief, wenn tote Ratten auf der Straße lagen, und Spinnen, die man ihr auf den Kopf oder die Beine setzte, schnippte sie gelassen mit den Fingern weg. Nik hatte sie niemals schreien gehört – bis heute.
    »Wie hast du mich gefunden?«, wollte er wissen.
    »Luuk und seine Freunde haben schon vor einiger Zeit aufgegeben und sind zurück in die Kneipe gegangen. Seitdem bin ich auf der Suche nach dir und laufe hier die Straßen auf und ab.« Mit beiden Händen strich sie sich die blonden Haare, die sich aus den Zöpfen gelöst hatten, hinter die Ohren.
    »Ich dachte schon …« Benthe ließ den Satz unvollendet und betrachtete Niks
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher