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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
Autoren: Antoinette Lühmann
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Verletzungen. Dann beugte sie sich nach unten und hob ihren Rocksaum an. Sie riss zwei Streifen davon ab und wickelte sie fest um seine Hände.
    »Es sind tiefe Schnitte«, sagte sie leise, als sie ihr Werk betrachtete. »Das kann sich entzünden.«
    Nik zuckte mit den Schultern.
    »Lass es jemanden ansehen«, bat sie ihn.
    »Morgen«, murmelte Nik. Er wollte zum Hafen gehen.Wenn die Männer heute aus London gekommen waren, wo dieser Flambert seine Tücher verkauft hatte, konnte er dort vielleicht etwas über sie erfahren. Nik dachte an die vielen Schiffe, die er Tag für Tag vom Dach seines Hauses beobachtete, und überlegte, ob sich überhaupt jemand an ein paar Männer mit schweren Mänteln erinnern würde. Schließlich waren täglich Hunderte von Menschen auf den Stegen, die Waren abluden, Schiffe reparierten oder in die Stadt gingen, um Vorräte einzukaufen.
    Wieder hörte er das Klappern von Stiefeln auf den Pflastersteinen, das in der stillen Stadt immer lauter zwischen den Häuserwänden hallte. Die Männer der Stadtwache kamen näher. Benthe griff nach seinem Ellenbogen und schob Nik von der Brücke.
    Langsam ging er neben ihr her. Seine Knie schmerzten bei jedem Schritt, er humpelte und stieß bei Unebenheiten ungeschickt gegen Benthes Schulter. Doch sie ließ seinen Arm nicht los, bis sie vor dem Haus in der Prinsengracht standen.
    »Wo bist du gewesen?« Niks Mutter stand in der Tür und streckte ihre Hände nach ihm aus. Das Licht in der Wohnstube blendete Nik und Benthe, als sie in das Innere geschoben wurden.
    Jan van Leeuwenhoek saß in seinem Sessel am Fenster. Er drehte sich nicht zu den Kindern um. Trübsinnig starrte er durch ihr Spiegelbild auf der Scheibe hinaus in die Dunkelheit.
    Nik ließ sich auf einen Stuhl nahe der Öllampe fallen und legte seine Hände auf die Tischplatte. Die Stoffstreifen, mit denen Benthe seine Wunden verarztet hatte, waren von seinem Blut durchtränkt. Er hätte gerne seinen Kopf auf den Tisch gelegt, um zu schlafen, doch die Schmerzen waren unerträglich.
    Benthe verharrte neben der Tür und trat unschlüssig von einem Bein auf das andere.
    Helena van Leeuwenhoek kniete sich neben Nik auf den Boden und starrte auf seine Hände.
    »Wo bist du gewesen?«, fragte sie wieder. Ihr Mann schreckte auf, drehte sich aber noch immer nicht zu ihnen um.
    Nik zuckte unter der Berührung seiner Mutter zusammen. Die Sorgen, die sie sich um ihn gemacht hatte, konnte sie nur mühsam verbergen. Wenn es nach ihr ginge, würde er das Haus nie mehr verlassen und immer in ihrer Nähe sein, damit sie sich stets von seiner Unversehrtheit überzeugen konnte. Nach der Beerdigung hatte er das für einige Wochen durchgehalten, aber es hatte die Angst seiner Mutter nicht wirklich besänftigt und er war dabei fast verrückt geworden. Nik senkte den Kopf. Er konnte ihr sein Abenteuer nicht ersparen.
    »Luuk«, sagte er leise.
    »Ach, Nik!«, seufzte seine Mutter. »Nehmen diese kindischen Streitereien denn kein Ende? Allmählich geht mir das zu weit, wenn ihr euch dabei so schwer verletzt!«
    Nik starrte auf seine Hände und schwieg. Sein Vater hatte früher immer gefragt, weshalb er sich gestritten hatte, und mit ihm beraten, was er tun konnte. Doch heute fragte er nicht. In den letzten Monaten hatte er gar nichts mehr gefragt. Er brachte kaum die Kraft auf, am Morgen das Bett zu verlassen und sich anzukleiden. Dann saß er stundenlang an seinem Schreibtisch, um nur einen winzigen Bruchteil der Arbeit zu erledigen, die anfiel. Abends war er davon vollkommen erschöpft, schien ab fünf schon halb zu schlafen und seine Familie nur noch durch einen dicken Nebel wahrzunehmen.
    »Warum treibst du dich um diese Zeit auf der Straße herum? Deine Mutter ist sicher ganz verrückt vor Sorge«, wandte sich Helena an Benthe.
    Nik hob den Kopf. Benthes Mutter machte sich nie Sorgen. Sie war die zuversichtlichste Frau, die Nik je getroffen hatte, und er liebte sie für dieses unerschütterliche Wesen schon seit seiner Kindheit, als die gute Amilia sich um ihn und seine Brüder gekümmert hatte.
    »Ruf deine Mutter, Mädchen! Sie soll warmes Wasser bringen und nach einem Wundarzt schicken. Dann gehst du besser ins Bett.«
    Benthe drehte sich um und verließ das Zimmer.
    Seine Mutter schlug die Hände vor das Gesicht. »Was ist dieses Mal passiert, Nik? Warum läufst du nachts mit Benthe in der Stadt herum? Soll dir auch noch etwas zustoßen?« Sie zitterte am ganzen Körper.
    Nik wollte seiner Mutter von den
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