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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman
Autoren: Annette John
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schüttelte beschämt den Kopf. »Ich kann gar nichts.«
    »Du weißt viel«, sagte Arminio. »Du weißt Sachen, die niemand dir gesagt hat.«
    »Jovinda hat mir eine Krähe geschenkt«, erzählte Lulu.
    »Jovinda, der Geiz in Person? Nicht zu fassen. Und wo ist die Krähe?«
    »Ich hab sie fliegen lassen.«
    »Warum denn das?«
    »War besser so. Sie war traurig.«
    »Ich sag’s ja. Du weißt mehr als andere.«
    »He, Minio!«, rief Rafaela aus dem Wintergarten. »Wo steckst du, es geht weiter!« Arminio ging zu den anderen zurück.
    Lulu erhob sich mühsam mit Bumbum auf dem Arm, trug ihn hoch und legte ihn in sein Bettchen.
    »Bumbum«, murmelte der im Schlaf, ohne den Daumen aus dem Mund zu nehmen. Lulu gab ihm einen Kuss.
    Dann machte sie ein bisschen Katzenwäsche, weniger wegen der Sauberkeit, als vielmehr um noch einmal im Spiegel ihre Aura zu überprüfen. Aber sie sah rein gar nichts. Die anderen hatten auch nichts gesehen, keinen Schein zumindest, da war sich Lulu sicher.
    »Hör auf, dir Sorgen zu machen, nur weil Evchen angeblich was bemerkt hat«, ermahnte sie sich laut. »Evchen ist eine Katze und alle Katzen sind Angeberinnen. Immerzu wollen sie sich wichtig machen.« Das glaubte sie zwar nicht wirklich, aber die Vorstellung hatte etwas Beruhigendes.
    In ihrem Zimmer legte sie sich aufs Bett, nur so, um ein wenig auszuruhen, schlafen wollte sie nicht. Sie hatte viel zu viel Angst, ihren Text zu vergessen. Aber kaum lag sie da, hüllte die Müdigkeit sie ein wie eine schwere, dunkle Decke und sie fiel in unruhigen, schweißnassen Schlaf. Träume jagten sie, Wortfetzen verfolgten sie, etwas erschreckte sie ganz furchtbar, sie fuhr hoch und saß hellwach mit tosendem Herzen im Bett. Um sie herum lauter Gobblings mit entsetzt aufgerissenen Augen.
    Aber es war gar nichts. Die Lampe brannte, das Zimmer war friedlich.
    Unten im Hof verabschiedete Rafaela ihre Besucher. Sie kicherten, prusteten, lallten etwas, das sie ungeheuer lustig fanden, und wollten sich vor Lachen schier ausschütten. Graviata hatte wohl vergessen, ihren Weinvorrat wegzuschließen. Na, das würde was geben, wenn sie zurückkam. Endlich beschlossen die beiden Jungen, sich auf den Heimweg zu machen.
    Lulu hörte, wie Rafaela krachend die Türen schloss und singend die Treppe heraufkam. Im Bad hielt sie den Gobblings einen undeutlichen, von Kichern und Kieksern unterbrochenen Vortrag, doch plötzlich scheuchte sie die Winzlinge panisch hinaus. Sie stöhnte und würgte ganz furchtbar, die Klospülung rauschte mehrmals und endlich tapste Rafaela über den Flur in ihr Zimmer. Es wurde ruhig im Haus.
    Lulu hatte eine Idee. Sie befahl ihrer Uhr, sie bis zum Morgen jede volle Stunde zu wecken; sie würde dann schnell die geheimen Worte hersagen und wieder einschlafen. Die Uhr protestierte empört, aber Lulu ließ sich davon nicht beeindrucken.
    »Tu, was man dir sagt, dann kriegst du keinen Ärger!«, fauchte sie. Das war so ein Satz, den sie auch ständig zu hören bekam. Es tat gut, ihn selbst einmal anzuwenden. Die Uhr resignierte, Lulu schlief ein.

3. Kapitel
    A m nächsten Tag ließ Rafaela bis zum Nachmittag die Vorhänge in ihrem Zimmer geschlossen und lag sterbenselend im Bett. Sie habe Migräne, röchelte sie, eine Frauensache. Lulu wusste natürlich, dass die »Frauensache« vom Wein herrührte, sie war ja kein kleines Kind mehr. Außerdem hatte sie die Überreste der Party im Wintergarten gefunden – leere Flaschen, umgestürzte Gläser, Weinpfützen auf dem Boden. Graviata würde der Schlag treffen, wenn sie sehen könnte, was mit ihrem guten Tropfen geschehen war. Lulu ließ die Helferlein aufräumen, kochte Kräutertee und brachte ihn ihrer Schwester ans Bett. Sie verkniff sich Vorwürfe und hämische Bemerkungen, Rafaela würde sowieso einiges von ihrer Mutter zu hören bekommen. Graviata war die beste Mama der Welt, aber wenn sie böse wurde, war sie zum Fürchten. Lulu erinnerte sich noch mit Schaudern an die endlosen Kräche, als Damiano, ihr großer Bruder, beschlossen hatte, in die Stadt zu gehen, um zu lernen, wie man ein Gelehrter wird. Graviata hatte es ihm verboten, aber das hatte nichts genutzt, er war trotzdem gegangen. Seitdem sprach sie nicht mehr von ihm, tat so, als existiere er nicht. Lulu vermisste ihren großen Bruder sehr. Besonders an einem Tag wie heute, wo sie sich elend und heillos überfordert fühlte.
    »Ich wollte, Jovinda hätte mir nichts gesagt, schließlich bin ich noch ein Kind«, beschwerte sie
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