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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus
Autoren: Uschi Flacke
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sündige Vergehen, abzunehmen. Auch Monsieur Challenge, der sich nach Paris abgesetzt hatte, war gestern nach Aix zurückgekehrt.
    Marie spürte ein aufgeregtes Kribbeln unter der Haut, als endlich das schnaubende Pferd mit seinem Reiter, der in einen düsteren Mantel gehüllt war, um die hohe Burgmauer bog. Bedächtig trabte der Fuchs auf den stolzen Torbogen zu, der mit immergrünen Kletterpflanzen überwuchert war. Marie warf sich ein Wolltuch um die Schultern, schlüpfte in ihre hohen Lederstiefel und lief die schmale Gasse hinunter, geradewegs auf das Burgtor zu. Aber der Reiter war wie vom Erdboden verschluckt. Plötzlich war ein heftiges Krachen zu hören. In der Quergasse, aus der das Pferd aufgetaucht war, schien eine Kutsche ins Schlingern geraten zu sein und kippte um. Die oberen Wagenräder drehten sich wie verloren in ihren Achsen. Das leiernde Quietschen verlor sich allmählich in der Enge der Straßen. Sonst war alles still. Kein Aufschrei des Kutschers oder Pferdewiehern war zu hören.
    Dann hallte plötzlich polterndes Rumpeln durch die Gassen. Marie drehte sich um und sah von der oberen Gasse einen herrenlosen Karren, voll gepackt mit handgefertigten Krügen, geradewegs auf sie zurasen. Blitzschnell suchte sie nach Fluchtmöglichkeiten. Die Klostermauer war zu hoch, um sie zu überwinden. Auf der anderen Seite ragte die Stadtmauer unüberwindlich in den Frühlingshimmel. Hinter ihr versperrte die umgekippte Kutsche den Weg. Der Karren rumpelte mit unaufhaltsamer Wucht die kleine Gasse herunter. Da wurde Marie von hinten gepackt. Ein Tuch mit einer widerlich stinkenden Flüssigkeit wurde ihr auf Mund und Nase gedrückt, sodass ihr Bewusstsein im Bruchteil eines Atemzuges in unendlicher Leichtigkeit davonschwebte und in tiefste Dunkelheit versank.
     
     
    War es nur eine Sekunde oder ein Stückchen von der Ewigkeit gewesen, dass sie in dieses düstere Erinnerungsloch verbannt worden war?
    Marie taumelte langsam wie in einer sich fortwährend drehenden Spirale zurück in die Welt. Ihr war übel. Sie wollte laut aufschreien, aber die Stimme gehorchte ihr nicht. Ihre Fingerspitzen wollten etwas ertasten, aber sie griffen ins Leere. Wieder sackte sie in tiefste Nacht. Jetzt wurde sie von einem reißenden Strudel erfasst, der sie mit aller Macht aus dem dunklen Nichts zurückschleuderte.
    »Sie kommt wieder zu sich«, hörte sie eine vertraute Männerstimme, die aus weiter Ferne ihr Bewusstsein berührte. Vorsichtig öffnete sie die Augenlider. Schimmerndes Licht fiel durch ein vergittertes Fensterchen, das hoch oben im Mauerwerk eingelassen war. Sie lag auf einer harten Strohmatratze. Vor ihr kniete jemand mit langem Schulterhaar, blitzende Augen waren auf sie gerichtet. Die Wangenknochen formten sich ausdrucksstark in seinem Gesicht. Und es roch nach frischer Pfefferminze…
    »Manuel!« Marie schreckte entsetzt hoch.
    »Ruhig! Es ist alles in Ordnung«, raunte er ihr mit beschwörender Stimme zu.
    Marie spürte, wie eine gleißende Welle durch ihren Körper peitschte. »Was soll in Ordnung sein?«, schrie sie. »Nichts ist in Ordnung!«
    »Nicht! Sei leise! Hör doch nur einen Moment zu!«, hörte sie plötzlich das eindringliche Flüstern einer weiblichen Stimme. Lucie? Marie drehte sich verwirrt um. Hinter ihr hockte ihre Freundin und strahlte sie an. Neben Lucie stand der Spielmann, der Marie ein geöffnetes Kästchen entgegenstreckte, aus dem ein wunderbar belebender Duft strömte.
    »Was ist los? Ich verstehe nichts mehr!« Marie wischte sich wütend ein paar Tränen fort. »Was treibt ihr für ein hinterhältiges Spiel mit mir?«
    »Hör doch endlich zu!«, forderte Manuel mit eindringlicher Stimme. »Du erinnerst dich doch an Monsieur Challenge…«
    »Natürlich! Wenn ich nur wüsste, wo ich ihn schon einmal gesehen habe…« Die feuchte Kälte, die aus dem Boden kroch, ließ Marie erzittern. Mit klammen Händen zog sie den Wollumhang enger um ihre schmalen Schultern.
    »Challenge heißt mit anderem Namen Alberto Spanozza«, fuhr Manuel leise fort. »Er wird von der spanischen Inquisition beauftragt…«
    »Von der spanischen Inquisition? Du meinst…« Marie starrte ihn verwirrt an.
    Manuel nickte. »Spanozza ist wohl der Anführer einer Gruppe von Verschwörern. Mit brutalem Mord und hinterhältigsten Intrigen heizen sie den Glaubenskrieg in Frankreich an. So wird das Land noch weiter geschwächt. Kaiser Karl V. braucht nur noch mit dem Finger zu schnippen, Frankreich fällt ihm wie eine
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