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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus
Autoren: Uschi Flacke
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überreife Frucht in den Schoß und er kann König Heinrich mitsamt seiner Gemahlin Katharina den Raben zum Fraß vorwerfen. Die Verschwörer arbeiten daran, ihre schwarzen Netze über das ganze Land zu spannen.«
    »Aber die Ampullen mit den Pestkeimen!«, fuhr Marie ihn an. »Die waren doch in deiner Ledertasche!«
    »Die habe ich Spanozza nur entwendet, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten kann. Wir wollten ihn überführen, aber die Zeit war noch nicht reif, um die spanischen Hintermänner zu entlarven.«
    »Aber deine bleichen Lippen… die Wanderprediger… die schwarze Kutte…«
    »Hast du dir Monsieur Challenge mal näher angesehen? Ich bin nicht der Einzige mit blassen Lippen. Aber bei mir lag es wirklich am verdorbenen Magen, den Nostradamus geheilt hat. Ich war die ganze Zeit bei dir, damit ihr geschützt werdet…«
    »Geschützt?« Die kleinen Einsprengsel in Maries zimtbraunen Augen funkelten auf wie Goldsplitter.
    »Kannst du dich nicht an den Bettler auf dem Marktplatz von Bordeaux erinnern?« Manuel tastete sich zur hinteren Wandmauer und zog aus einer schmalen Nische zwei Holzkrücken hervor. Dann drückte er eine fein gearbeitete Wachsmaske mit einer glänzenden Narbe auf seine Gesichtshaut. Und schon lief er humpelnd auf Krücken gestützt durch den Kellerraum, während sein grässlich verzerrtes Gesicht im einfallenden Schummerlicht speckig aufglänzte. »Der Kutscher mit dem Narbengesicht und der Bucklige in der Kirche Saint-Michel, das war ich auch«, sagte er. »Ich hatte mich in die Verschwörergruppe eingeschlichen, musste dich aber vertreiben, weil sie in den nächsten Minuten die Leiche meines Freundes wegbringen wollten, der mit mir zusammen die Verräter entlarven wollte.«
    »Und der Wanderprediger auf dem Markt…?«, fragte Marie überrascht.
    »Das war derjenige, der dich nachts erkannt hatte, als du Hals über Kopf aus der Kirche ranntest…« Vorsichtig nahm er die Wachsmaske vom Gesicht und legte sie zurück in die Wandnische.
    Plötzlich weiteten sich Maries Augen. Ein Bild aus vergangener Zeit tauchte in ihrer Erinnerung auf. Es war in der Kathedrale Saint-Michel. Es roch nach Urin und Schmutz, als sie durch den Vorhang des Beichtstuhls linste und einen Mann durch das Seitenschiff kommen sah. Sein dunkles Lockenhaar fiel bis auf die Schultern herab. Lächelnd fuhr er sich mit dem Zeigefinger über seinen gepflegten Schnurrbart. Ein Goldring mit eingefasstem Rubin schimmerte auf wie ein Tropfen Blut und die Lippen des Mannes waren ungewöhnlich blass…
    »Monsieur Challenge!« Marie musste einen Schrei unterdrücken. Lucie fasste jetzt nach ihren zitternden Händen. »Er war es auch, der dich mit dem Karren aus dem Weg schaffen wollte. Er hat teuflische Angst, dass du ihn wiedererkennen könntest. Manuel konnte dich im letzten Moment retten.«
    »Das mit der Betäubung tut mir Leid«, lächelte Manuel mit unschuldsvollem Augenaufschlag. »Aber auf zeitraubende Dispute mit dir konnte ich mich in diesem Moment wirklich nicht einlassen.«
    »Und du hast davon gewusst?« Marie warf empört ihr schulterlanges Haar zurück und sah Lucie augenzwinkernd an.
    »Nein, ich schwöre es dir«, antwortete sie. »Ich erfuhr erst davon, als Maurice mich beschwor, mitzukommen.«
    »Stimmt!« Der Spielmann zupfte eine letzte Perle von seinem Wams und ließ sie an dem Faden hin und her baumeln. An seinem Finger glänzte ein Goldring auf, in den ein fein ziselierter Drache eingraviert war, der sich um ein »A« wand. Marie stützte. Hatte nicht Nostradamus genau den gleichen Ring?
    »Es wäre viel zu gefährlich für Lucie gewesen, in der Unterkunft des Nostradamus zu bleiben«, fuhr der Spielmann fort.
    »Und wie bist du Challenge auf die Spur gekommen?«, fragte Marie.
    Manuel zögerte. »Das erzähle ich dir vielleicht später einmal. Aber du kannst dir denken, dass sich auch die Gegenspieler der Inquisition immer mehr zusammenschließen.« Er beugte sich zu Marie und nahm ihr Gesicht wie ein hauchdünnes Kristallglas zwischen seine wärmenden Hände. »Außerdem gibt es jetzt Wichtigeres zu tun. Sie suchen nämlich bei Nostradamus seine…«
    »Pst!« Der Spielmann legte beschwörend den Finger auf den Mund und deutete auf die Holztür. Leise, schlurfende Schritte näherten sich, das Rascheln von Kleidung war zu hören. Manuel warf dem Spielmann einen entsetzten Blick zu und winkte die anderen hinter sich her. Er huschte zu der Gesteinswand, wo er seine Verkleidungen versteckt hielt, und
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