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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus
Autoren: Uschi Flacke
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zwängte sich durch einen Mauerspalt in einen dunklen Gang. Von dort ging es ein paar Schritte weiter zu einer ausgetretenen Wendeltreppe, die tief unter die Erde führte. Es war stockdunkel.
    »Bleibt dicht bei mir!« Manuel umfasste Maries Hand mit festem Griff. »Ich kenne den Weg.«
    In dem unterirdischen Gewölbe stank es nach verwestem Moder. Der steinige Boden war uneben und glitschig. Gehetzt tasteten sie sich durch die Finsternis den Geheimgang entlang. Jetzt flackerte hinter ihnen ein Lichtschein auf, jemand hastete die Treppe herunter.
    »Los, weiter!«, zischelte Manuel. »Wenn er uns hier unten erwischt, sind wir verloren! Wo ist nur diese verdammte Tür?«
    Manuel atmete erleichtert auf, als er in Hüfthöhe einen versteckten Riegel erwischte. Mit aller Kraft schob er ihn hoch und drückte eine schwere Holztür auf. Und schon huschten sie in einen Nebengang und ließen die Tür leise zurück ins Schloss fallen. Der Rost knirschte in den Angeln, ein metallener Geschmack legte sich auf ihre Zungen.
    »Jetzt geht’s geradeaus weiter. Dahinten muss es eine zweite Treppe geben!«, flüsterte Manuel. Sie hasteten an feuchten Wänden entlang. Ratten huschten über den Boden. Irgendwo platschten Wassertropfen in einen Brunnen. Marie spürte den heißen Atem von Lucie dicht an ihren Wangen. Da wurde die Geheimtür hinter ihnen quietschend geöffnet, ein leiser Windzug fuhr ihnen in den Nacken. Wieder schimmerte weit hinten ein tanzender Lichtkegel auf, während eilige Schritte näher stolperten. Jetzt strauchelte Manuel fast über einen steinernen Vorsprung.
    »Die Treppe!«, zischte er atemlos. »Nichts wie weg!«
    Sie hetzten die Stufen hoch, allmählich flimmerte Tageslicht durch den steinernen Turm. Endlich erreichten sie einen Fluchtweg, der über die Stadtmauer mit ihren hohen Zinnen zum äußeren Wachturm führte. Durch schmale Schießscharten konnten sie auf den Marktplatz sehen. Händler boten bunte Seidenstoffe an, Marktweiber standen hinter Obstständen. Zwischen Töpferwaren gackerten Hühner, Schweine quiekten und zerrten an Hanfseilen. Marie drehte sich kurz um, während sie atemlos über die Steinmauer weiterrannte. Ihr lockiges Kupferhaar leuchtete in der Morgensonne wie tanzendes Feuer. Aber von dem Verfolger war nichts zu sehen. Der vor ihnen liegende Wachturm ragte spröde wie ein Wehrklotz in den Himmel, der Turmwächter stand unten auf dem Marktplatz bei einer drallen Blondine, die aufreizend ihre breiten Hüften wiegte. Erleichtert huschten sie dort die Treppe hinunter und drängten sich zwischen Marktleuten, schnatternden Gänsen und blökenden Schafen zu der Gasse, die durch den efeubewachsenen Torbogen hoch zu Maries Unterkunft führte. Endlich klappte die schwere Eingangstür hinter ihnen zu und ein eiserner Riegel fiel in seine Verankerung.
     
     
    »Ja, es gibt einen Geheimgang«, sagte Manuel, als sie zusammen mit Nostradamus in der Wohnstube saßen und von den Ereignissen berichteten. »Er führt vom Torbogen in ein unterirdisches Gewölbe. Ich wäre schon viel eher hier gewesen, aber Zusammenkünfte in Lyon hatten mich aufgehalten.«
    Nostradamus saß nachdenklich vor dem Feuer, während er eine neue Kreation seiner Kochkünste herumreichte, ein Konfekt aus gerösteten Zirbelnüsschen mit Rosenwasser und Madeirazucker. »Und sie suchen nach meinen geheimen Aufzeichnungen?«, fragte er noch einmal nach.
    Manuel nickte. »Sie wollen Euer Wissen für sich ausschöpfen. Es gab sogar schon den Plan, Euch zu ermorden. Ist Euch der Ring von Challenge aufgefallen? Er hat unter dem roten Rubin eine winzige Feder, die herausspringt, wenn er sie mit der Hand berührt. In einer kleinen Vertiefung ist Gift versteckt, das er ohne Aufsehen in einen Becher fallen lassen kann. So mischt sich der leicht bittere Geschmack mit dem herben Weinaroma.«
    Nostradamus lächelte geheimnisvoll. »Aber sie würden damit keinen Erfolg haben.«
    »Deshalb wollen sie Euch ja auch bei der Inquisition anschwärzen, um unter härtester Folter die Geheimnisse des Universums aus Euch herauszupressen«, sagte Manuel, während er eine der Köstlichkeiten in seinen Mund schob.
    Der Spielmann strich mit der Fingerkuppe über die dünnen Saiten seiner Laute. Töne von unendlicher Leichtigkeit schwebten durch die Wohnküche und verbanden sich mit dem sanften Knistern des Feuers zu einer wunderlichen Melodie. Nostradamus wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Es wäre gut, wenn Marie für einige Zeit von hier
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