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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings
Autoren: Marina Fiorato
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als passender Anfang.

2
    »Chi-Chi?«
    Madonna . Ich hasste es, nach einer Nacht harter Arbeit unverhofft geweckt zu werden. »Ja?«
    »Würdest du mir einen Gefallen tun?«
    Noch einen? Nach den Freuden, die ich ihm in dieser Nacht verschafft hatte, sollte Bembo eigentlich mir einen Gefallen tun - vorzugsweise in Form einer zusätzlichen kleinen finanziellen Zuwendung. Aber Geschäft ist Geschäft. Ich lächelte schläfrig. »Natürlich.«
    Bembo stützte sein beträchtliches Gewicht auf einen Ellbogen, sodass mir der Geruch seiner Achselhöhlen entgegenschlug. Madonna. Ich griff nach der Lavendelpomade auf dem Nachttisch und hielt sie mir unter die Nase, dann überspielte
ich diese Unhöflichkeit mit einem koketten Lächeln und wartete darauf, was kommen würde. Bei Bembo musste man auf alles gefasst sein; obszön reiche Männer behalten sich oft das Recht der Unberechenbarkeit vor.
    Benvolio Malatesta.
    Fatto uno : Er hieß Benvolio Malatesta, wurde aber nur Bembo genannt. Vielleicht lag das an seiner einstudiert fröhlichen Art, er erinnerte jeden, der mit ihm zu tun hatte, an seinen Lieblingsonkel; eine Eigenschaft, die seine absolute Skrupellosigkeit in geschäftlichen Dingen Lügen strafte. Er lächelte und scherzte viel, aber hinter dieser Fassade verbarg sich ein erbarmungsloser, räuberischer Hai.
    Fatto due : Bembo war einer der reichsten Männer von Florenz. Er verdiente sein Geld mit dem Import von Perlen aus dem Orient; bildschönen, großen Perlen, die so weiß schimmerten wie Oliven schwarz. Er ließ kleine, mit Austernmessern bewehrte Jungen nach ihnen tauchen. Manchmal ging einem von ihnen die Luft aus, oder er verfing sich im Seetang.
    Einmal brachte Bembo mir seine schönste Perle mit und verlangte von mir, dass ich sie im Nabel trug, während wir uns miteinander vergnügten. (Seht ihr, was ich meinte, als ich sagte, dass man bei ihm mit allem rechnen musste?) Danach wollte er sie zurückhaben, aber ich machte ihm weis, ich bekäme sie nicht mehr heraus. Eine glatte Lüge. Ich versuchte es später beim Baden noch einmal, und sie ging heraus, aber... nun ja, es tat ziemlich weh. Ich schob sie an ihren Platz zurück. Sie passt perfekt dorthin, und jetzt kennen alle meine Kunden diese Perle - ich habe sie zu einem der Dinge gemacht, für die ich berühmt bin (wie für meine Brüste und mein Haar). Ich trage immer Kleider mit sehr tief ausgeschnittenen Miedern oder Löchern, um meine Perle sehen zu lassen. Freier lieben das Ungewöhnliche. Vor allem die reichen.
    Bembo schien nichts dagegen zu haben. Seine großen Perlen wurden zu Schmuck verarbeitet, die kleinen zu Zahnpulver für reiche Herren oder Gesichtspuder für ebenso reiche
Damen zermahlen. Dieser Perlenstaub lässt ihre gelben Zähne und ihre Haut sanft schimmern, selbst wenn sie mit Leberflecken übersät oder runzlig wie die einer alten Vettel ist. Meine Nabelperle war gute Werbung für Bembo. Er sagte, sie würde spätestens dann herausfallen, wenn ich ein Kind tragen und mein Bauch sich vorwölben würde. (Ich verriet ihm natürlich nicht, dass dieser Fall nie eintreten würde, weil ich in der Mitte eines jeden Monats gewachste Baumwollvierecke in meine Spalte schiebe, um zu verhindern, dass sich der Samen der Männer in mir festsetzt. Die Tücher machen mich enger, aber bis jetzt hat sich noch niemand beschwert.) Einen Schreckmoment lang fürchtete ich, Bembo könne beabsichtigen, mich zu schwängern. Wurde er etwa so von seinem Schwanz beherrscht, dass er an Heirat dachte? Madonna. Durfte ich deswegen die Perle behalten? Aber dann schaltete sich mein gesunder Menschenverstand wieder ein. Ein Mann wie Bembo würde trotz meiner Schönheit schwerlich mit einer Hure wie mir ein Kind zeugen wollen - daheim in seinem kalten Bett hatte er eine reiche, frigide Frau, die ihm seine Söhne gebar. Und er hatte seit jenem Tag nicht mehr nach der Perle gefragt, obwohl ich Kunden kenne, die einem Mädchen einfach den Nabel herausgeschnitten hätten, ohne sich darum zu kümmern, ob sie daran starb oder nicht, nur um ihr Eigentum wiederzubekommen. Aber Bembo würde mir so etwas nie antun. Er mag mich. Er hat mir für die Nacht, in der die Perle stecken blieb, sogar drei dinari bezahlt, obwohl er ohne sie nach Hause gehen musste. Muss eine gute Nummer gewesen sein.
    Fatto tre: Bembo kennt viele Künstler. Ich glaube, er kommt sich durch diese Bekanntschaften wie ein Mann von Welt vor; bildet sich ein, seinen Perlen zu gleichen, obwohl er in Wahrheit
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