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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings
Autoren: Marina Fiorato
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eher den gewöhnlichen hässlichen kleinen Austern ähnelt, die den Meeresboden bedecken. Er kommt aus dem Nichts, stammt von einer Familie von Fischern ab, also versucht er, sich zur Oberfläche und zum Licht emporzuziehen. Wie seine Austern ist er ein unansehnliches Geschöpf, das imstande ist,
Schönheit zu schaffen, und das tut er, indem er Maler fördert. Es war dieser dritte Fakt, der mir einen Berg von Schwierigkeiten eintragen sollte.
    »Würdest du einem Freund von mir Modell stehen?«
    Ich war immer noch nicht ganz wach. »Welchem Freund?« Meine Stimme hörte sich an wie das Krächzen einer Krähe.
    »Alessandro Botticelli. Sandro.«
    Der Name kam mir vage bekannt vor.
    »Er meint, du würdest dich perfekt für die zentrale Figur seines neuen Gemäldes eignen.«
    Ich schlug ein Auge auf. »Die zentrale Figur?«
    Er lächelte, seine Perlenzähne blitzten auf. Ich könnte schwören, dass Bembo seinen Wohlstand im Mund trägt. »Ja, Chi-Chi. Keine Sorge, du wirst der strahlende Mittelpunkt sein, und alle anderen werden vor deiner Schönheit verblassen.« Poetische Schmeicheleien passten irgendwie nicht zu Bembo.
    »Wie viele Figuren soll das Bild denn insgesamt zeigen?«
    »Acht. Deine Wenigkeit eingeschlossen.«
    »Das klingt nicht gerade nach strahlendem Mittelpunkt.«
    Sein Lächeln wurde breiter. »Aber sicher doch, Chi-Chi. Das Gemälde soll La Primavera - Frühling - heißen, und du wirst die Göttin Flora verkörpern.«
    »Es hätte wenigstens die Madonna sein können«, grollte ich.
    Bembo lachte schallend auf. »Du als jungfräuliche Himmelskönigin? Die berüchtigte Chi-Chi - von Männerhänden unberührt? Nein, nein und nochmals nein!«
    Ich wandte schmollend den Kopf zur Seite. Er strich über meine Brustwarzen, um mich zu besänftigen. »Hör zu, Täubchen. Sandro will dich, gerade weil du die Freuden des Bettes kennst. Flora soll erfahren und fruchtbar wirken, sie soll ein wissendes Gesicht haben, und vielleicht wird auch angedeutet, dass sie ein Kind trägt, aber auf jeden Fall muss sie schöner sein als der junge Tag.« Er wusste ganz genau, wie er mich bei meiner Eitelkeit packen konnte.
    »Und woher weiß Sandro von meinen Reizen?«

    Bembo ließ sich wieder auf den Rücken fallen. Die Matratze erzitterte. Er deutete mit einer Hand zu dem Wandschirm aus dünnem Musselin neben dem Bett. Ich hatte solche Dinger schon vorher in Freudenhäusern und Privaträumen gesehen - man nannte sie finestra d’amore, Liebesfenster. Manchmal beobachteten Freunde des Gastgebers ihn durch diese Fenster beim Geschlechtsakt, wenn der Betreffende darauf Wert legte, oder ein anderes Paar trieb es dahinter miteinander und erregte sich an den Geräuschen von nebenan. Normalerweise hatte ich mit derartigen Vorlieben kein Problem - tatsächlich dürfte Signore Botticelli einiges geboten bekommen haben, wenn ich an die Positionen der letzten Nacht zurückdachte - aber diesmal stieg bei der Vorstellung leises Unbehagen in mir auf. Es war eine Sache, sich von anderen zahlenden Kunden beim Sex zusehen zu lassen, aber von einem Maler, der entschlossen war, mich in seinem Werk zu verewigen... Nein, das machte mich nervös.
    Ich setzte mich auf und zog in einem seltenen Anflug von Schamhaftigkeit zwei dicke Strähnen meines weizenblonden Haares über meine Brüste. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle meine ganz persönlichen drei Fakten aufzählen - zwei habe ich ja schon ansatzweise erwähnt.
    Fatto uno : Ich wurde Luciana Vetra genannt, weil ich als Säugling in einer Flasche von Venedig hierherkam. Das ist nicht frei erfunden, sondern stimmt wirklich, ich werde die ganze Geschichte bei Gelegenheit einmal erzählen.
    Fatto due : Ich habe dichtes, goldenes Haar - meine natürliche Haarfarbe, ich habe noch nie mit Zitronensaft nachgeholfen, falls jemand auf diesen Gedanken kommen sollte. Sie fallen mir in Locken, die nie eine Brennschere gesehen haben, bis zur Taille.
    Fatto tre : Ich habe einen fantastischen Busen - fest, rund und klein wie Kantaloupen. Laut meinen Kunden schmecken sie auch genauso süß, aber kann man einem Mann glauben, was er kurz vor dem Höhepunkt über die Brüste einer Frau sagt?

    »Was hast du gesagt?«, riss mich Bembo aus meinen Gedanken.
    Ich ließ mich in die Kissen zurückfallen. »Ich denke darüber nach.«
    Ich wusste, was Bembo wollte. Er wollte, dass jeder sich das Bild ansah und er dann damit prahlen konnte, Flora gevögelt zu haben.
    »Vielleicht hilft dir die hier...«, er tippte
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