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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Autoren: Marisa Brand
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unmündigen Tochter?
    Der Vater griff nach dem ziselierten Becher und musterte ihn abfällig. »Zu plump, mit Blei versetzt! Daraus trinken meine Schreiber. Für Lunetta werden wir die neuen bunten Gläser aus Venedig aufstellen. Glas schmeichelt dem Geschmack des Weines weit mehr, und außerdem ist es Mode in Europas Adelshäusern. Für unser Fastnachtsfest habe ich Masken nach italienischem Vorbild herstellen lassen und hauchzarte Parfümkugeln. In Italien bewirft der vornehme Kavalier an Karneval damit seine Angebetete. Nicht mit Eiern wie in Köln! Fürchterliche Bauernsitte, soll die Fruchtbarkeit anregen. Pah. Heidenunsinn.«
    Sidonia verdrehte abermals die Augen und strich sich eine rote Strähne aus der Stirn. Noch immer hatte sie sich nicht daran gewöhnt, ihre Haare so fest zu flechten, dass sie unter der sittsamen Haube der Ehefrau versteckt blieben.
    »Lunetta ist kein Püppchen, Vater. Sie wird froh sein, dem höfischen Affentheater für eine Weile zu entkommen. Gewiss würde sie lieber übers Seil als eine weitere steife Pavane tanzen. Sie ist ein lebhaftes Kind.«
    »Was weißt du schon von Adelssitten und Hofleben.« Abfällig verzog ihr Vater den Mund.
    »Genug. Es ist ein Maskenspiel für Schmeichler, Speichellecker und Intriganten.«
    Claas van Berck nahm einen Schluck Wein und schnaubte. »Sagt das dein Mann? Wo steckt er überhaupt? Gabriel sollte hier sein, um Lunetta zu begrüßen. Weiß er nicht, was sich bei einem solch hohen Gast gehört?«
    Sidonia lachte schallend auf. »Eine Verbeugung?«
    »Wäre durchaus angemessen. Ob ich es wagen darf, die Hand des edlen Kindes zu küssen?«
    »Vater, Lunetta ist Gabriels Nichte. Wir lieben sie wie eine Tochter und haben sie über fünf Jahre nicht gesehen.«
    »Und warum ist der sehnsüchtige Onkel dann nicht hier?«
    Sidonia streckte die Hände nach dem wärmenden Feuer aus. »Er wurde zu einem Patienten gerufen.«
    Claas van Bercks Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wohin?«
    Sidonia zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht!«
    Mein argloses Kätzchen, dachte van Berck. Laut sagte er: »Hoffentlich zu einem Kranken, der ihn entlohnt. Schlimm genug, dass er als Knochenbrecher tätig ist, aber dass er sich immer wieder zum niedrigsten Lumpenpack hinziehen lässt…« Ein trockener Husten unterbrach ihn.
    »Er kann es sich leisten, den Armen zu helfen. Er verdient genug an seiner vornehmen Kundschaft, von der die Hälfte an eingebildeten Krankheiten leidet. Anders als du! Du solltest etwas gegen diesen Husten tun. Gabriel kennt Arzneien, die sehr wirksam sind.«
    »Sankt Bavo wird es schon richten. Ich bin nicht wirklich krank! Und mit einem Arzt, der neuerdings sogar in Hurenhäusern ein und aus geht, will ich nichts zu schaffen haben!« Aus den Augenwinkeln beobachtete er Sidonias Reaktion. Sie fröstelte, beugte sich zum Kamin hinab, griff nach einem Haken und vergaß das Feuer zu schüren.
    »Hurenhäuser? Woher weißt du das?«, fragte sie endlich widerwillig.
    »Wusstest du es nicht?« Claas van Berck schürzte die Lippen und bewegte die roten Backen, als wolle er dem Aroma des Malvasiers nachschmecken. Gabriels Arzneien, pah! Nichts war belebender als ein Wortgefecht mit seiner Tochter. Wenn sie nur wüsste, wie sehr ihm das in den Jahren ihrer Trennung gefehlt hatte. Dieser Gabriel Zimenes sollte sich vorsehen. Ein Claas van Berck würde nicht zulassen, dass man seinem Kätzchen wehtat.
    Sidonia beobachtete ihn mit vorgeblicher Kälte. Wie konnte ein solch hintertriebenes Schlitzohr nur so gutmütig aussehen? Und du so gelassen , mahnte sie sich selbst.
    »Man trägt mir gelegentlich Informationen zu«, bequemte sich ihr Vater zu einer Antwort.
    Mit Sidonias Fassung war es vorbei. Empört stemmte sie die Hände in die Hüften. »Du spionierst hinter meinem Mann her wie hinter deinen Geschäftskonkurrenten?«
    »Ich muss auch auf den Ruf meines Handelshauses achten. Und wenn ich schon mit einem Schwiegersohn leben muss, der ein Spanier von zweifelhafter Herkunft ist…«
    »Was soll das heißen?«
    Van Berck lehnte sich tiefer in seinen Stuhl. »Steht der Name Zimenes etwa nicht auf der Todesliste der Inquisition? Immerhin seid ihr deshalb aus Spanien zurückgekommen.«
    »Die Vorwürfe sind nichtig! Du weißt am besten, wie rasch man heutzutage unter Verdacht gerät. Dein eigener Sohn galt einmal als Lutheraner, wurde peinlich verhört und saß im Gereonsloch.«
    Ihr Vater schnellte vor. »Genau darum habe ich ein Auge auf Gabriel Zimenes!
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