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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Autoren: Marisa Brand
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hintersten Bank gesessen hatte. Unter der herabgezogenen Kapuze trug er ein feingeschmiedetes Halbvisier, das nichts außer seinem Mund enthüllte. Es war ein abweisender Mund. Wieder holte der Verhüllte aus. Mit präzisem Schwung fuhr sein Degen auf den Ast nieder, der Goswin gefällt hatte, zerteilte ihn und gab den Körper des Kutschers frei.
    Goswin stöhnte auf, sein Brustkorb hob und senkte sich unter gierigen Atemzügen. Lunetta kroch zu ihm hin.
    »Er lebt … Er lebt!«
    Sie schaute hoch, suchte das Gesicht des Degenträgers. Es blieb unter Visier und Kapuze verborgen. »Ihr seid ein Engel!«
    Der Mann schüttelte sacht den Kopf: »So wenig wie Ihr eine Zauberin seid. Der Sturm hat den morschen Baum gefällt, aber es scheint härtere Schläge zu brauchen, um einen so gut gepanzerten Söldner zu töten.«
    »Sie hat den Sturm auf uns herabgezogen«, zischte der Schmiedegeselle, während er sich rückwärts kriechend wie ein Reptil auf die Kapellentür zubewegte.
    Der Degenträger wirbelte zu ihm herum. »Schluss mit dem Aberglauben! Auch wenn es dir nicht passt: Gotteshäuser sind Menschenwerk und der Macht des Wetters ausgesetzt. Und warum sollte eine mächtige Hexe den Nacken vor dem Hammer eines Gossenschwätzers beugen, wenn sie die Macht hätte, geweihte Kirchen zu vernichten? Wie eine Schmeißfliege, die du bist, könnte sie dich dann zerdrücken.«
    Der Schmied erhob sich, schüttelte schwach seine blutende Faust: »Sie muss sterben! Es ist Gottes Wille. Ich bin vom Höchsten ausgesandt durch einen Erleuchteten, durch den Propheten des neuen Lichts…«
    »Hast du noch immer nicht genug?«, schrie sein Widersacher. Der Schmied wetzte davon.
    »Und ihr?« Drohend hob der Kuttenträger die Waffe, bereit, weitere Hiebe auszuteilen. Die Geste genügte, um das kleine Kirchenschiff zu leeren.
    Elegant las der Verhüllte Lunettas Mantel vom Boden auf, den er dem fliehenden Pelzdieb vom Rücken gezogen hatte. Er befühlte ihn kurz und warf ihn dem Mädchen zu. »Ihr seid ein wenig nackt für dieses geweihte Haus.«
    Errötend hüllte Lunetta sich in den Pelz. Irrte sie sich, oder schwang lächelnder Spott in der Stimme ihres Retters mit? Seine Stimme klang nicht mehr amüsiert, als er sich wieder an sie wandte.
    »Ich hörte, dass ein Arzt gerade Visite im Leprosenhaus hält. Ihr solltet ihn holen, damit er nach Eurem Begleiter schaut.«
    »Wer seid Ihr?«, brachte Lunetta mühsam hervor.
    Sie sah, dass sein Mund, ein jugendlicher Mund, zum Strich wurde. »Niemand, den Ihr kennen solltet.«
    »Gehört Ihr zum Leprosenhaus?«
    »Nein. Ich bin nur ein Reisender, der sich unter Abschaum und Ausgestoßenen wohl fühlt. So wie Ihr. Lebt wohl.«
    »Ihr könnt uns doch unmöglich hier alleine lassen! Bitte geht und holt den Arzt.«
    »Ich sagte, ich bin kein Engel, meine Schöne. Ich schicke Euch den Schellenknecht zurück. Er wird vergessen, was geschah, und ist zu jeder Dienstleistung bereit, solange sie gut bezahlt wird. Habt Ihr Geld, oder wollt Ihr mit Euren Kleidern nur den Anschein erwecken?«
    Lunetta richtete sich auf. »Seid Ihr ein Aussätziger, oder wollt Ihr mit der Kutte nur den Anschein erwecken?«
    Der Mann schwieg, doch sein Mund kräuselte sich sacht. Wieder rätselte Lunetta, ob sein Mienenspiel Spott oder Abscheu verriet.
    Sie reckte das Kinn. »Ich habe gewiss mehr Geld als Ihr.«
    »Wie beneidenswert, aber Ihr solltet nicht zu sehr damit prahlen.« Die Stimme des Verhüllten klang eindeutig abfällig. Mit seinem Degen spießte er die Spielkarte auf, die zwischen ihnen lag, und betrachtete das Bild des gesprengten Turms.
    »Verdient Ihr Euer Vermögen mit diesem Mummenschanz, kleine Gauklerin? Die Dummheit der Menschen ist wahrhaftig grenzenlos. Dennoch würde ich Euch raten, nicht mit dem Feuer ihres Zorns zu spielen. Man verbrennt sich leicht daran.«
    Lunetta erbleichte und entriss ihm die Karte. Was wusste dieser Mann von tödlichen Feuern! »Das Tarot ist kein Spiel! Wer seid Ihr, dass Ihr es wagt, mir Vorträge über Mummenschanz zu halten?«
    »Es geht Euch nichts an.«
    Ihr Retter zog den Umhang beiseite und ließ den Degen in eine kostbar verzierte Scheide gleiten. Unter dem Mantel trug er enge Beinlinge und kurze, geschlitzte Hosen. Sein Körper war schlank und wohl trainiert. Mit elastischen Schritten ging er auf den Ausgang zu. Immer noch schwangen die Kapellentüren mit müdem Geräusch in ihren Angeln.
    Als der Degenträger sie durchquerte, ließ ein jäher Windstoß die Scharniere
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