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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herum. Mittelblonde Haare, blaue Augen – jetzt starr und noch im Tode wie erstaunt. Kräftige Figur, eine Goldkette um den Hals, daran ein Medaillon: Das Bild eines springenden Löwen. Phil suchte in den Taschen der Jeans nach Papieren, aber der Tote hatte keine bei sich.
    Auch der zweite Erschossene schien ein Europäer zu sein. Er war etwas kleiner als der andere, dicklich, aber ein Muskelpaket, als habe er jeden Tag Bodybuilding betrieben. Er hatte braune Haare, braune Augen, eine Narbe über der Nasenwurzel und nur noch neun Finger. Der kleine Finger der linken Hand fehlte. Aber er war von keinem Arzt amputiert worden, das sah Hassler sofort. Die Narbe war grob, der Fingerstumpf kaum verheilt. Es sah ganz danach aus, als sei dem Mann bei irgendeiner fatalen Sache der Finger abgerissen worden, so daß er den Gang zum Arzt scheuen mußte. Vielleicht gab es auch keinen Arzt dort, wo er den Finger verloren hatte. Die Revolver, die neben ihren Händen lagen, waren beste amerikanische Fabrikate großen Kalibers. Die schießen Löcher, die kaum mehr wieder zu flicken sind. Phil holte eine Patrone aus der Trommel. Das Projektil war vorne abgesägt, ein sogenanntes Dumdumgeschoß. Absolut tödlich. Daraus erklärte sich auch die verminderte Treffsicherheit. Diese Munition ließ aber auch darauf schließen, daß hier Profis an Land gekommen waren, die sich auf die Sprache ihrer Kanonen verstanden. Daß sie eine Motoryacht fuhren, die sich nur Millionäre leisten konnten, wollte gar nichts besagen.
    Die drei Männer, von denen einer sich hatte retten können, kannten also die Insel ›Die sieben Palmen‹. Sie kannten die Tücken der Lavaklippen, die drei Barrieren, die Untiefen, die Korallenbänke; zu leicht und sicher war das Schiff bis in die Bucht und wieder hinaus geglitten. Die unbewohnte Insel, von der der ›Gouverneur‹ Peres Domingo in Ecuador gesagt hatte, wer auf ihr lebe, vergesse sogar die Tränen, weil dort jeder Teil des Körpers, auch die Tränendrüsen, revoltieren müsse, war also kein unumstrittenes Eiland mehr. Mindestens drei Männer – Amerikaner oder Europäer – hatten die ›Sieben Palmen‹ als ihr Eigentum betrachtet. Phil Hassler war für sie ein Eindringling gewesen. Ohne Warnung hatten sie auf ihn geschossen.
    Warum?
    Das war die Frage, die Phil sich gleich zu Anfang der Schießerei gestellt hatte und die er sich auch jetzt immer wieder stellte. Warum dieser kalte Vernichtungswille? Was hatte es mit den ›Sieben Palmen‹ auf sich? Welches Geheimnis versteckte sich in den wilden Lavaklippen, den ausgewaschenen Höhlen, den Basalt- und Granitfelsen, den Obsidianhalden und Bimssandfeldern?
    Der Bussard hüpfte wieder näher, er wollte weiterfressen. Phil verjagte ihn mit dem Gewehrlauf, hieb ihm über den Kopf – aber der Vogel blieb sitzen und blinzelte ihn nur an.
    Es stimmte, dachte Phil, was in den Galapagosbüchern steht: Auf den bewohnten Inseln, wo die Landwirtschaft blüht und die Bussarde die Küken reißen, klopfen die Bauern die zahmen Raubvögel mit Stangen einfach von den Baumästen, bis sie halb betäubt herunterfallen. Dann köpft man sie. Aber es kommen immer neue Bussarde, und keiner nimmt Anstoß daran, daß man seinen Artgenossen getötet hat. So ist es überall auf diesen Inseln: Die Tiere sind so zutraulich, daß sie einem in die Hand kriechen, wenn man sie aufhalten will. Sie kennen den Menschen noch nicht, und wenn er mit seinem Vernichtungs- und Verwüstungsdrang kommt und die Robben abschlachtet, die Schildkröten tötet, die Seelöwen erschlägt, wenn er mit der ihm angeborenen Lust des Ausrottens herumtobt, bleiben die Tiere stehen oder liegen, geduldig, ergeben, vielleicht aus dem Instinkt heraus, daß der Stärkere immer recht hat …
    Das ist Macht und der furchtbare Fluch des Menschen: daß er immer der Stärkere ist. Bis er sich eines Tages selbst vernichtet haben und die Erde sich zu feurigem Stein zurückverwandeln wird.
    Auch der zweite Tote hatte keine Papiere bei sich.
    Phil Hassler schleppte die Körper nach oben auf die Ebene der Insel und schaufelte für jeden ein Grab in dem groben Lavasandboden. Es war eine kraftzehrende Arbeit. Die Toten waren schwer, der Anstieg über die Halde kostete Luft. Die beiden Gräber in den harten Boden zu hacken, bedeutete zwei Tage fließenden Schweiß.
    Dann hatte er sie unter der Erde, mit dicken Lavasteinen und Granitblöcken zugedeckt, und überlegte, ob diese beiden Menschen, trotz ihrer mit Dumdumgeschossen
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