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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern
Autoren: Kristin Hannah
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alberne Schwärmerei ist längst vorbei. Ich möchte nicht, dass jemand auf falsche Gedanken kommt. Wahrscheinlich ist Luke sowieso längst verheiratet und hat drei Kinder.«
    »Deine Geheimnisse waren bei mir immer schon gut aufgehoben, Win.«
    Am nächsten Tag stand Winona nachmittags vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Für eine Frau ihrer Statur war die derzeitige Mode nicht geschaffen: Schulterpolster, Röhrenjeans mit hoch angesetztem Bund und Cowboystiefel schmeichelten ihr eher nicht.
    Aurora hatte ihr Bestes gegeben, und Winona war ihr auch dankbar, aber manche Bemühungen waren einfach von vornherein zum Scheitern verurteilt, und der Versuch, sie schlank wirken zu lassen, gehörte dazu. Sie kickte sich die Stiefel von den Füßen und hörte mit seltsamer Befriedigung, wie sie dumpf gegen die Wand schlugen. Dann schlüpfte sie in ihre bequemen flachen Schuhe.
    »Er denkt bestimmt, ich hätte seit seiner Abreise nur noch gefressen.«
    Während der ganzen Fahrt versicherte sie sich immer wieder, es ginge nur um ein geschäftliches Treffen mit einem früheren Bekannten, von dem sie lange nichts mehr gehört hatte. Auf gar keinen Fall durfte sie die Vergangenheit mit der Gegenwart verwechseln. Ihre kindische Schwärmerei war nicht ernst genug gewesen, um anzudauern.
    Sie fuhr am Hood Canal entlang, vorbei an den Touristenläden, die das Ufer säumten, und bog dann am Ende der Innenstadt nach links. Hier war die Grundstücksgrenze von Water’s Edge. Ihr fiel wieder auf, wie reparaturbedürftig die Zäune wirkten. Das erinnerte sie an das gestrige Treffen mit ihrem Vater. Auf dem Highway fuhr sie eine Viertelmeile Richtung Süden und bog dann auf Lukes Land ab. Der Besitz der Connellys grenzte an den der Greys, war aber Jahre nicht bewohnt worden; das Gras hier war selbst im Winter hoch und struppig. Innerhalb weniger Jahre hatten sich Erlen wie Unkraut ausgebreitet und trugen ihr Übriges zum ungepflegten Erscheinungsbild der Weiden bei. Das alte Haus, ein L-förmiges Anwesen aus den Siebzigern, schrie nach einem frischen Anstrich, und der Garten war zugewuchert. Wacholder, Rhododendren und Azaleen breiteten sich ungezügelt aus.
    Winona hielt neben Lukes großem Pick-up und stellte den Motor aus. Er wird dir nur die Papiere geben und sagen, wie schön es ist, dass man sich nach all der Zeit mal wiedersieht. Und dann stellt er dir seine Frau und seine Kinder vor, dachte sie. Sie holte tief Luft und stieg aus dem Wagen.
    Das Gras vom Parkplatz bis zur Haustür war braun und nass. Sie hinterließ Fußspuren, die sich sofort mit schlammigem Wasser füllten.
    An der Haustür fuhr sie sich durch die Haare, die Aurora so kunstvoll frisiert hatte. Dann klopfte sie.
    Fast unmittelbar darauf öffnete er – und sofort wusste sie, dass sie in Schwierigkeiten war.
    In der Highschool war er schon groß gewesen, aber schlaksig und unbeholfen. Das war jetzt vorbei. Er war hochgewachsen und hatte breite Schultern und schmale Hüften, wie jemand, der ins Fitnessstudio ging. Seine Haare waren immer noch dicht und braun, bildeten einen perfekten Kontrast zu seinen grünen Augen. »Win«, sagte er. Und da war es: sein atemberaubendes Lächeln.
    »L-Luke«, stammelte sie. »Ich wollte wegen der Papiere …«
    Er zog sie an sich und barg sie in einer Umarmung, die sie fast schon vergessen hatte.
    »Meinst du vielleicht, ich würde zulassen, dass meine beste Freundin von der Highschool nur kurz Papiere abholt und dann wieder geht?«
    Er nahm ihre Hand und führte sie durchs Haus. Als sie das Zimmer betrat, das sich in den vergangenen Jahren kaum verändert hatte, fühlte sie sich wie in einer Zeitmaschine. Unter ihren Füßen befand sich immer noch der alte dunkelorangefarbene Teppich, dasselbe braun-gold-orange karierte Sofa stand an der Wand, und auf den Beistelltischchen spendeten immer noch die bernsteinfarbenen Glaslampen mit den perlenbesetzten Schaltern Licht.
    »Jetzt fehlt nur noch das Schwarzlicht«, bemerkte Luke grinsend, öffnete den avocadogrünen Kühlschrank und holte zwei Bier heraus. »Es riecht ziemlich muffig hier drinnen. Ich glaube, die früheren Mieter haben geraucht. Bist du einverstanden, wenn wir uns nach draußen setzen?«
    »Wäre ja nicht das erste Mal.« Sie folgte ihm auf die große Betonterrasse, die eine Seite des Hauses einnahm. Links davon rostete ein Grill vor sich hin, und in den Blumenkästen am Geländer ließen Dutzende verwelkter Geranien die Köpfe hängen. Aber nichts davon
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