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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern
Autoren: Kristin Hannah
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sah älter und trauriger aus; die Falten auf seinem Gesicht wirkten wie eingeätzt und mit einem dicken dunklen Marker nachgezogen. Plötzlich wurde der Schmerz in ihr so akut, dass sie sich ihm einfach hingab. »Ich hab dich allein da drinnen gelassen. Ich weiß, das wirst du mir nie verzeihen. Ich kann es mir ja selbst nicht verzeihen, aber …«
    Er trat näher zu ihr, strich ihr mit der Hand über die Wange und den Nacken. Dann zog er sie an sich.
    Sie spürte, wie sie in seinen Armen zum Leben erwachte. Sie klammerte sich an ihn, weil sie Angst hatte, ihn loszulassen und dann, wenn sie nur einmal blinzelte, zu entdecken, dass sie sich alles nur eingebildet hatte.
    Sie berührte sein Gesicht und wischte ihm mit den Fingerspitzen die Tränen ab. »Dallas«, sagte sie. »Wein doch nicht!«
    Da hob er sie in seine Arme, trug sie den rutschigen Hügel hinauf über die Veranda in das Cottage, das einst ihr geheimes Liebesnest und dann ihr Heim gewesen war. Jetzt war es ihm fremd geworden, doch ihr Schlafzimmer lag immer noch da, wo es früher war, und dorthin trug er sie und stieß mit einem Fuß die Tür auf.
    Er legte sie aufs Bett und kniete sich neben sie. Mondlicht schien durchs Fenster und sammelte sich auf den weißen Laken. Sie richtete sich auf, um ihm entgegenzukommen, weil sie plötzlich das verzweifelte Bedürfnis hatte, ihn auszuziehen. Hektisch streifte sie ihm das T-Shirt ab und knöpfte seine Hose auf; er löste ihren Gürtel und schob ihr den Bademantel von den Schultern und dann von den Armen, so dass er eine weiche Unterlage für sie bildete.
    Sie berührten sich mit einer Verzweiflung, die sich in einem Jahrzehnt des Wartens und Hoffens aufgebaut hatte. Ihr Atem wurde stockend und keuchend, ihre Wangen glänzten von den Tränen des anderen, während sie entdeckten, wie mühelos ihre Körper schon immer zueinandergefunden hatten. Und als er schließlich in sie eindrang, rief sie seinen Namen, den sie für so viele lange und leere Jahre zurückgehalten hatte.
    Winona, Aurora und Noah saßen am Spieltisch in Winonas Hobbyzimmer und spielten eher halbherzig Karten. Die meiste Zeit redeten sie natürlich über Vivi Ann und Dallas, aber die Karten halfen ihnen, ruhiger zu bleiben. Sie waren alle so aufgeputscht, dass sie sich kaum konzentrieren konnten. Winona hatte gerade vergeblich versucht, den finalen Stich zu machen, als ihr Handy klingelte.
    Alle warfen die Karten hin, und Winona riss sich das Handy ans Ohr. »Hallo?«
    »Hey, Winona. Verzeihung, dass ich so spät anrufe.«
    Als Winona die Stimme ihrer Immobilienmaklerin hörte, seufzte sie.
    »Hi, Candace.« Noah und Aurora ließen sich auf ihren Stühlen zurücksinken. »Was kann ich für dich tun?«, fragte Winona und versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Zwar hatte sie nicht wirklich damit gerechnet, noch heute Abend von Vivi Ann zu hören, aber trotzdem …
    »Ich habe gerade den Anruf eines Arztes bekommen, der dein Strandhaus mieten will. Er ist gerade dort und möchte es sehen. Normalerweise würde ich ja alles stehen und liegen lassen, aber die Kinder sind schon im Bett. Und da wir kaum Interessenten dafür haben …«
    »Ich fahre hin«, sagte Winona. Genau das brauchte sie jetzt: etwas, um sich abzulenken. »Danke.« Sie beendete das Gespräch, entschuldigte sich kurz bei Noah und Aurora und ging zum Wagen.
    Die lange Fahrt durch die Dunkelheit kam genau richtig. Während sie die vertrauten Straßen entlangfuhr und die Landschaft im hinreißend silbrigen Licht des Vollmonds betrachtete, ging sie im Geiste noch einmal den Tag durch. Es war zweifellos der beste Tag ihres ganzen Lebens gewesen. Nie würde sie auch nur eine Sekunde davon vergessen: weder Dallas’ Umarmung und seinen leisen Dank noch den Gesichtsausdruck, den Noah gezeigt hatte, als er zum ersten Mal seit Jahren seinen Vater sah.
    Sie bog auf ihre Schotterzufahrt ein und parkte neben einem großen blauen Pick-up. Sie war in Gedanken noch bei Dallas, als sich neben ihr im Schatten etwas bewegte und dann auf sie zukam.
    Luke.
    Plötzlich war er da und trat zu ihr.
    »Was machst du denn hier?«, fragte sie. »Du musst doch nicht mein Haus mieten.«
    »Nein. Ich wollte dich nur allein sehen. Ich war den ganzen Tag unterwegs.«
    Sie begriff nicht. »Ich hab doch gesagt, ich würde dich morgen anrufen, nach…«
    »Als du mir erzähltest, was du für Vivi Ann und Dallas getan hast, konnte ich nur noch daran denken, mit dir an meiner Seite zu leben.«
    Sie
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