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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern
Autoren: Kristin Hannah
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dich auch in meine Schwester verliebt, während ich direkt danebenstand. Hör mal, Luke, ich muss auflegen. Ich ruf dich später zurück.«
    »Okay, aber ich mach mir Sorgen um dich, nur fürs Protokoll.«
    »Das bedeutet mir viel. Ehrlich«, erwiderte sie. Dann fügte sie hinzu: »Ich muss Schluss machen. Ruf mich morgen Abend an.« Noch bevor er antworten konnte, legte sie auf und eilte zur Tür. »Nur die Ruhe! Ich komme ja schon.« Als sie die Tür aufriss, erblickte sie ihre Schwestern vor sich. Aurora sah aus, als hätte sie sich für eine Wanderung durch die Tundra angezogen: Jeans, Winterstiefel, Parka mit Kunstpelzfutter. Sie hatte Handschuhe an und trug eine große silberne Thermoskanne. Vivi Ann stand neben ihr und hielt die Tassen.
    »Du kommst jetzt mit. Aber zieh dich warm an«, verkündete Aurora.
    »Nein, lieber nicht«, sagte Winona. In letzter Zeit war sie in Gegenwart ihrer Schwestern zu nervös, um sich normal zu verhalten.
    »Sie ist nur verwirrt«, erklärte Aurora und warf Vivi Ann einen vielsagenden Blick zu. »Wie so oft in letzter Zeit. Ich sagte: Du kommst jetzt mit. Zieh dich an.«
    »Was ist in der Thermoskanne?«
    »Irish Coffee. Und jetzt beeil dich.«
    »Gut. Aber ich nehme mein Handy mit«, beharrte Winona. Seit ihrem Besuch bei Sara Hamm hatte sie ihr Telefon nie länger als zehn Minuten unbewacht gelassen.
    »Für wen hältst du dich? Condoleezza Rice?«, murmelte Aurora.
    Winona ließ sie im Hausflur stehen und ging sich umziehen. Fünf Minuten später kam sie in alten Jeans, eisblauen Thermostiefeln, einem irischen Strickpullover und ihrem Mantel wieder nach unten. Ihre Handtasche (mit dem Handy) hatte sie über die Schulter geworfen.
    »Wo ist Vivi Ann?«, fragte sie Aurora, als sie die Treppe hinunterkam.
    »Im Bad.« Aurora winkte sie zu sich und flüsterte: »Schnell.« Kaum stand Winona vor ihr, fügte sie hinzu: »Los, spuck’s aus.«
    »Was denn?«
    »Du gehst uns seit Wochen aus dem Weg. Ich kenne dich doch. Das heißt, du hast es immer noch nicht aufgegeben.«
    »Was denn?«, fragte Winona, um Zeit zu gewinnen.
    »Bring mich nicht dazu, dir weh zu tun.«
    Winona holte tief Luft. »Ich habe neue Beweise gefunden und warte darauf, ob sie relevant sind.«
    »Und wenn das der Fall ist?«
    »Dann könnte er freikommen.«
    »Und wenn nicht, bleibt er, wo er ist«, sagte Aurora und verschränkte die Arme. »Gott sei Dank hast du es ihr nicht gesagt. Ihr seelisches Gleichgewicht ist mehr als gefährdet. Aber wage es nicht, mich da rauszuhalten. Ich will euch doch helfen.«
    Winona umarmte ihre Schwester. »Danke.«
    Gerade als sie sich voneinander lösten, kam Vivi Ann zurück. »Okay«, sagte sie, »gehen wir.«
    Winona folgte ihnen zu Auroras Wagen und setzte sich auf den Beifahrersitz. Jetzt war sie froh, das Haus verlassen zu haben. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern, wann sie das letzte Mal etwas nur zum Spaß gemacht hatte. »Wohin fahren wir?«
    Aurora bog in die Zufahrt zur Ranch ein.
    »Das ist also unser toller Ausflug? Picknick zu Hause?«
    Aurora parkte in der Einfahrt. Dann holte sie eine Decke, zwei kleine Päckchen und einen Radiorecorder aus dem Kofferraum. Die drei liefen los: am Reitstall mit der Halloweendekoration und der automatischen Führanlage mit dem falschen Spinnennetz vorbei.
    Winona wusste sofort, wohin es ging. Zu einer kleinen Anhöhe hinter Renegades Koppel, einer Rasenkuppe unter einem riesigen, alten Erdbeerbaum. Von hier aus konnte man einen Großteil der Ranch, den stillen Kanal und die fernen Berge sehen. Ganz in der Nähe verlief ein Flüsschen mit Lachsen, das je nach Jahreszeit mehr oder weniger Wasser führte und auch die Strömung änderte, aber, wie alles auf Water’s Edge, trotzdem immer gleich blieb.
    Aurora legte eine Decke auf die Wiese, und dann machten sie es sich darauf gemütlich, wie so oft in ihrer Kindheit. Der Erdbeerbaum breitete seine kahlen Äste schützend über ihnen aus; vor dem sternbedeckten lavendelblauen Himmel wirkten sie wie ein schwarzes filigranes Netz. Unter ihnen, in einer dunklen Senke, lag das kleine Fleckchen Erde, das einst der Garten ihrer Mutter gewesen war. Da keiner von ihnen den Mut aufgebracht hatte, ihn einzuebnen oder neu zu bepflanzen, war er einfach zugewuchert.
    »Hier waren wir schon eine Ewigkeit nicht mehr«, stellte Vivi Ann fest, schenkte den heißen Kaffee mit Schuss in ihre Becher und verteilte ihn.
    »Wir sind Schwestern«, verkündete Aurora mit gewichtiger Stimme. »Manchmal
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