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Das Geheimnis der Moorleiche

Das Geheimnis der Moorleiche

Titel: Das Geheimnis der Moorleiche
Autoren: Stefan Wolf
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ganz
nach ihrem Geschmack. Tim behielt lieber den Verkehr im Auge. Als Beifahrer
konnte er nicht anders — vor allem, da der routinierte Kommissar nebenbei auch
noch den Polizeifunk bediente.

    »Ein Landestreffen«, rief
Glockner in seine Freisprechanlage. »Wir nehmen an, es handelt sich um ein
Treffen der Völkischen Freunde. Das sind diese Neonazis, die wir schon seit
Längerem beobachten. Wir gehen davon aus, dass es wie letztes Jahr am Schwarzen
Berg stattfindet. Kannst du das noch mal checken?«
    Der Kollege am anderen Ende der
Leitung wollte sich sofort wieder melden. Glockner folgte den anderen
Polizeiwagen auf dem Weg quer durch die Stadt.
    »Eure netten Bekannten vom See
gehören vermutlich zu einer bekannten Gruppe von Neonazis«, erklärte er. »Die
Beobachtung, dass sie Runen auf ihrer Kleidung tragen, ist richtig. Wir
glauben, dass sie zu den ›Völkischen Freunden‹ gehören. Das ist eine
Gruppierung, die alte germanische Werte und Tugenden Wiederaufleben lassen will
— wobei diese angeblichen alten Werte zum Teil frei erfunden sind. Zum Beispiel
die Idee, dass die germanische Rasse über anderen Rassen steht. Ein Irrsinn ist
das! Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft sind die Folge. Auch die
Nazis im Dritten Reich betrieben einen Germanenkult und schmückten sich mit   Runen.
Und die haben, wie ihr wisst, mehrere Millionen Menschen umgebracht.«
    »Bitte kommen«, meldete sich
der Kollege über Funk. »Schwarzer Berg wird bestätigt.«
    Glockner gab noch mehr Gas.
Unbeeindruckt von der rasenden Geschwindigkeit, mit der sie jetzt durch die
Stadt jagten, wandte Gaby sich an die anderen.
    »Dann könnten die Typen vom See
ja wirklich was mit dem Überfall auf Gurinders Vater zu tun haben.
    Weil es ihnen nicht passt, dass
er Inder ist.«
    »Dafür brauchen wir aber noch
einen Beweis«, murmelte Karl. Tim drehte sich um und sah Karl prüfend an. Karl
sah zum Fenster hinaus und rückte seine Brille zurecht. Täuschte Tim sich, oder
umspielte ein geheimnisvolles Lächeln seine Lippen?
    Klößchens Handy klingelte. Es war
sein Vater, der sich nach dem Verbleib der Jungs erkundigte.
    »Wo steckt ihr? Ihr solltet
doch von der Polizei nach Hause gebracht werden.«
    »Ich kann dich so schlecht
verstehen«, rief Klößchen, »das Martinshorn ist so laut!«
    »Ihr werdet mit Blaulicht nach
Hause gefahren?«
    Klößchens Vater war höchst
erstaunt.
    »Gabys Vater zeigt uns alles«,
erklärte Klößchen, »und, na ja — wir fahren noch einen ganz kleinen Umweg.«
     
    Nach zehn Minuten hatten sie
einen Wald außerhalb der Stadt erreicht. Die Polizeiwagen hatten Martinshorn
und Blaulicht rechtzeitig abgestellt, um die Versammlung nicht schon von Weitem
auf sich aufmerksam zu machen.
    Der Schwarze Berg war die
höchste Erhebung im Umland der Millionenstadt. Den Namen hatte er wohl den
dunklen Tannen zu verdanken, mit denen er bewaldet war.
    Am Fuße des Berges war eine
große Lichtung, auf der in der Abenddämmerung zumeist Rehe zum Äsen kamen, doch
ein paar Mal im Jahr verwandelte sie sich in einen romantischen Fest- oder
Zeltplatz. Im Sommer wurden hier Johannisfeuer, Mittelaltermärkte oder
Pfadfinderlager veranstaltet.
    Auch heute erhellte ein
Feuerschein die Lichtung.
    Doch heute war es kein
Johannisfeuer, sondern zwei schnurgerade Reihen von Fackeln, die die
Zusammenkunft mehrerer Dutzend Jugendlicher und Erwachsener beleuchteten.
Fahnen mit Runen darauf wurden von strammstehenden Jungs mit feierlichen
Gesichtern hoch gehalten. Einer der Erwachsenen, vermutlich ein hohes Tier in
der Gruppe, hielt eine Ansprache, der alle Anwesenden andächtig lauschten. Es
ging um alte germanische Könige, und ein großes Geschenk, das ihnen allen heute
zuteil werden würde.
     
    Glockner ließ Gaby und ihre
Freunde aus dem Schutz der Dunkelheit das Treffen beobachten.
    »Sind die Jungs, die ihr
beobachtet habt, schon da?«
    Die Freunde strengten ihre
Augen an. Die Typen sahen alle ähnlich aus. Ein paar Mädchen und Frauen waren
auch darunter, aber in Jackys Gruppe waren keine dabei gewesen.
    »Da stehen sie ja!«, raunte
Karl plötzlich. »Direkt neben dem, der die Rede hält.«
    Es stimmte — Jacky und drei
seiner Jungs postierten sich um ihre Kiste herum, die mit einem mit Runen
verzierten Tuch bedeckt war. Offenbar standen sie kurz davor, ihr Geschenk an
die Anführer der Neonazis zu übergeben.
    »Ein echter Germane weilt unter
uns«, versprach der Redner. »Ein Bote nordischer Werte. Eine Reliquie
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