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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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verwendeten, >einer Nadel bloß<. Und, sehen Sie, die Nadel mit ihrem langen, schmalen Griff und der kurzen lanzettartigen Klinge gemahnt doch an jenen Dolch, der im Mittelalter ein Misericordium genannt wurde, ein Instrument der Gnade, mit dem man jenen aus dem Leben entließ, der seine Ehre, den Kampf verloren hatte und nun nur noch leiden konnte.
    Nun, es ist ein Jammer, daß Sie, bevor Sie ein solches Risiko eingingen und jenen seltsamen, unbefriedigenden Erfolg errangen, nicht zu mir kamen. Ich denke mir, zusammen hätten wir eine Lösung gefunden. Nicht daß ich glaube, daß wir viel für Sankey hätten tun können. Soweit ich sehe, war das ein Fall, bei dem sich ein höherer Richter der Probleme annehmen mußte – es gibt Komplexe, die sich jeglicher Reduktion, die uns in diesem Leben möglich wäre, widersetzen. Doch was Sie angeht, so kann ich sagen, daß es zwar spät, aber nicht zu spät ist. Daß Ihnen diese zweite Chance zuteil geworden ist – wenn man bedenkt, welche Risiken Sie eingegangen sind und daß Sie mit Inspektor Sark einen der besten Detektive Englands zum Gegner hatten –, zeigt für meine Begriffe, daß es Ihnen bestimmt war weiterzumachen, bis Sie dieses Problem lösen. Ich bin kein Gefühlsmensch. Ich glaube an Gerechtigkeit und bin nur dann anderer Meinung als die Justiz, wenn diese ihrem starren Schema dessen, was sie für Konsequenz hält, folgt. So muß ich, der ich für Gerechtigkeit stehe, denn nun handeln!«
    Ich schaute verblüfft auf. »Was! Wollen Sie am Ende doch noch die Polizei verständigen?«
    Milium sagte nur: »Ich bin bereit. Der Fall ist mir, wie Sie sehen, aus den Händen genommen.«
    Dann sagte Mr. Mycroft bedächtig: »Ich nehme Sie fest.«
    Und fügte, als ob er es präzisieren wolle, hinzu: »Ich sollte besser sagen, ich habe Sie festgenommen. Denn das ist es ja, worauf es bei einer Festnahme ankommt – es geht nicht darum, Menschen abzuurteilen, sondern dies einer höheren Autorität zu überlassen. Es geht darum, sie im Namen jener Autorität aufzufordern innezuhalten, zu warten, ihr Haus zu bestellen und die Zukunft zu erwägen. Und in diesem Sinne habe ich Sie festgenommen. Sie sind zum Halten gekommen, und ich wüßte nicht, wie Sie in der Position, in der Sie jetzt sind, noch irgend etwas tun könnten. Sie sitzen fest. Dem noch Ihren physischen Tod hinzuzufügen, würde nichts verbessern. Wie das Sprichwort sagt, Schwarz und Schwarz gibt noch lange kein Weiß, doch die Justiz, die so stolz auf ihre weisen Urteile und modernen Verfahren ist, hat davon wohl noch nie etwas gehört. Da ich Sie soweit in die Enge getrieben habe und sehe, daß Sie nichts tun können, um herauszukommen, da man Sie aber auch nicht lassen kann, wo Sie sind, muß ich etwas unternehmen. Ich sehe keinen anderen Ausweg (glauben Sie mir, ich hätte ihn sonst gewählt) als den, den wir gemeinsam gehen. Ich muß und will mich Ihrer annehmen.«
    Mit einem Ruck wandte er sich an mich und sagte: »Mr. Silchester, seien Sie so freundlich und sprechen Sie mit Jane. Ich werde dieses Haus nun doch mieten müssen, wenn es auch nur einigermaßen passend ist, denn ich werde von den Entwicklungen des Falles für den Sommer hier festgehalten. Sie können viel besser beurteilen als ich, ob das Haus für uns das richtige ist. Würden Sie sich also noch einmal umsehen? Und wenn Sie zu dem Schluß kommen, daß Sie ebenfalls den Sommer hier mit mir verbringen wollen, dann werde ich, so glaube ich, dieses Bündnis ebenso nützlich finden, wie ich das in der Vergangenheit getan habe – so unerwartet unsere Beiträge zu den Interessen des anderen auch zu sein pflegen.«
    Und mit diesem sauren Tropfen, den er in die letzte Wendung seines Komplimentes noch hatte einfließen lassen – wie Bienen ihrem Honig Ameisensäure beigeben –, wurde ich fortgeschickt wie ein Schuljunge, während die beiden Erwachsenen sich unterhielten. Doch auch wenn es mir anfangs schien, daß man mich nur habe loswerden wollen, muß ich doch sagen, daß es mir, als ich Jane aufgespürt hatte, einiges Vergnügen bereitete, Mr. M. in ihrer Gunst auszustechen. Sie war weitaus unterhaltsamer, als ich erwartet hatte, und erwies sich als durchaus gewitzt. Mehrmals brach sie über meine Plaudereien in schallendes Gelächter aus und mußte zugeben, daß sie sich wirklich ganz vergessen< hätte. So kam es, daß, bis wir jeden Winkel des Hauses besichtigt hatten – und es war sehenswert, denn jeder Teil war aufs erlesenste möbliert und
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