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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß
Autoren: Canter Mark
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komme besser runter. Wir müssen reden.«
    Mason stieg die Leiter hinunter. Als er sah, dass Tree zitterte, die Augen angstvoll aufgerissen, zog er sie an sich und hielt sie einige Augenblicke in den Armen. Hagelkörner prasselten auf den Kies, und eisiger Wind ließ ihre Zöpfe wie Peitschen umherfliegen. Mason berichtete ihr von dem Unheil im Labor; die Verstümmelung erwähnte er nicht, nur dass Lynda offenbar ermordet worden sei.
    Tree sog zischend die Luft ein. »Aber was sollte Domino dazu treiben …?« Sie schauderte. »Über Funk klang er heute Morgen völlig normal. Er hat mich sogar angemacht.«
    »Typisch Domino. Ich habe den Kerl nie gemocht.«
    »Nun, wenn wir gerade am Beichten sind: Ich kann ihn nicht ausstehen. Ich habe das Angebot, mich dem Team anzuschließen, beinahe abgelehnt, als ich herausfand, dass er dabei sein würde. Mir acht Monate Dominos Gewäsch anhören zu müssen – na ja, ist eben seine Macho-Macke. Aber ich hätte nie gedacht …« Sie verzog das Gesicht. »Warum sind ihm die Sicherungen durchgebrannt?«
    »Vielleicht weil Lynda ihm sagte, dass sein pinga zu klein sei?«, sagte er. »Keine Ahnung. Aber unsere Chancen, gerettet zu werden, sind jetzt verdammt mies.«
    In der Dunkelheit explodierte ein gleißendes Blitzgewitter; der Donner rollte länger als eine Minute über das Hochplateau.
    Er starrte die Leiter hoch. »Wir sollten gehen und uns schlafen legen. Morgen sehen wir nach, ob wir in dem Chaos noch etwas Tetrazyklin finden. Wir haben die Regensammler für Trinkwasser – wir müssen einfach nachschauen, was von unserer Ausrüstung übrig ist, und das Beste aus der Situation machen.« Er drückte ihre Schultern. »Du kletterst zuerst hoch. Ich halte die Leiter fest und sichere dich von unten.«
    »Du willst mich fangen, falls ich runterfalle? Ich würde dich zerquetschen.«
    »Nein, würdest du nicht.«
    »Ich wiege jetzt zweiundsiebzig Kilo.«
    »Steht dir gut«, sagte er. »Früher warst du zu dünn. Und nun hoch mit dir.«
    »Ich frage mich, wie die zweiundsiebzig Kilo dir gefallen, wenn sie auf dich krachen.«
    »Du wirst schon nicht runterfallen. Hangel dich einfach mit deiner gesunden Hand von Sprosse zu Sprosse und drück dich dabei mit den Beinen hoch. Los jetzt.«
    Tree begann, die Leiter hochzuklettern; Mason zog sie mit seinem ganzen Gewicht straff. Er behielt Tree im Blick, während sie von Sprosse zu Sprosse stieg und jedes Mal vor Schmerzen aufstöhnte, wenn sie mit ihrer zerschmetterten Hand irgendwo anstieß. Auf der obersten Sprosse angelangt, verschnaufte sie einen Moment, dann kroch sie durch die Falltür.
    Als Mason ins Labor kam, sah er, dass Tree auf dem Boden zusammengebrochen war, zu erschöpft, um sich zu rühren. Er ging mit der Taschenlampe hinaus und kehrte aus den Schlafkojen mit einigen Handtüchern und einem in einen Regenparka gerollten Schlafsack zurück. Er half Tree, ihre durchnässten Sachen auszuziehen und sich trockenzurubbeln. Sie kroch in den grünen Nylonschlafsack, ließ aber den Arm mit der verletzten Hand draußen. Er zog den Reißverschluss des kunstfasergefüllten Schlafsacks zu, so dass sie wie in einem Kokon dalag, und schob ihr als Kissen ein zusammengelegtes Handtuch unter den Kopf. Dann rutschte er mit einem Plumps zu Boden, den Rücken an die Wand gelehnt, und ließ in der Dunkelheit den Kopf in die Hände sinken.
    Am Horizont flammten Blitze auf, und der Donner grollte wie weit entfernte Buschtrommeln; der Sturm verlagerte sich über den mondlosen Dschungel unter ihnen. Auf dem Hochplateau setzten die Baumfrösche, Zikaden und Grillen wieder ihre Lärmmaschinerie in Gang, doch ihre beiden Menschengäste blieben noch lange Zeit still.
    »Mason, bitte halte mich«, sagte Tree schließlich.
    Er runzelte die Stirn und kroch in der Schwärze auf ihre Stimme zu. »Ist dir noch kalt?«
    »Nein, aber ich habe Angst.«
    »Ich bin direkt neben dir.« Er setzte sich neben sie und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.
    »Bitte, halte mich. Nur heute Nacht. Ich brauche dich.«
    Er seufzte. Er hatte gewollt und zugleich nicht gewollt, dass dies geschehen würde. Widerwillig entledigte er sich seiner feuchten Kleidung und kroch zu ihr in den Schlafsack. Mit ihren einszweiundachtzig war sie zwei Zentimeter größer als er. Ihr Körper schmiegte sich an seine behaarte Brust und seine behaarten Beine. Nein, ihr war nicht kalt. Sie war wohlig warm. Sommerwarm. Er dachte an die vielen Male, als sie an den heißen Sommertagen
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