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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula
Autoren: Roderick Anscombe
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Vorhalle traf ich Inspektor Kraus an, der rastlos auf und ab lief. Ihm war längst klar, daß sein ursprünglicher Plan, Gregor außerhalb der Stadt in den Zug zu setzen, nicht mehr funktionieren würde.
    »Ich werde dafür sorgen, daß er sicher zum Zug gelangt«, erklärte ich.
    »Dafür bin immer noch ich zuständig!« fuhr Kraus mich an. »Es ist meine berufliche Pflicht.«
    »Das ist mir klar«, lenkte ich ein. Ich gab mir jede Mühe, in dieser ohnehin schon angespannten Atmosphäre nicht für zusätzlichen Zündstoff zu sorgen.
    »Ich habe bereits nach Kolozsvar um Verstärkung gekabelt.«
    »Durch Säbelrasseln verschärfen Sie die Lage doch nur.«
    »Bis zum Bahnhof ist es weniger als eine Meile. Wenn die Verstärkung kommt, können wir die Sache endlich durchziehen.«
    »Ich finde nicht, daß wir noch länger warten sollten«, gab ich zu bedenken.
    »Da draußen sind Unruhestifter, die die Menge aufstacheln. «
    »Und was ist dann Ihr Plan, Graf?«
    »Meiner Meinung nach kann Pater Gregor nichts geschehen, solange ich bei ihm bin. Ich habe hier einen guten Ruf. Sie werden uns nichts tun.«
    »Nein. Wir werden ihn in der Polizeikutsche transportieren. Sie ist geschlossen. Es gibt nur ein winziges Fenster, und das ist vergittert.«
    »Wir werden in meiner Kutsche fahren«, beharrte ich.
    »Aber sie werden ihn herauszerren.«
    »Ketten Sie doch Pater Gregor mit Handschellen an mich. Ich werde sein lebendes Schutzschild sein.«
    »Ich weiß nicht, Graf. Es gibt da so viele Unwägbarkeiten.«
    »Ich glaube nicht, daß die Polizei bewährte Methoden für den Umgang mit Vampiren hat.«
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, daß Sie an diesen Unsinn glauben«, schnaubte Kraus.
    »Natürlich nicht. Aber wir haben es mit einer zutiefst irrationalen Horde zu tun. Jakob wird uns fahren. Sie werden auf der einen Seite sitzen, Pater Gregor und ich auf der anderen. Die Pferde werden zügig traben, aber nicht galoppieren. Auf keinen Fall darf es wie eine Flucht aussehen. Wir werden vor dem Haupteingang in die Kutsche steigen. Wir werden die ganze Zeit zu sehen sein, und wenn wir durch die Menge fahren, werde ich die Hand heben, damit sie sehen, daß Pater Gregor und ich aneinandergekettet sind und sein Schicksal auch das meine ist.«
    Nach meinem gestrigen Besuch hatte ich mir große Sorgen um Gregors geistige Verfassung gemacht, aber heute wirkte er gefaßt, wenn auch sehr still.
    Verdankte er diesen Gleichmut seinem Glauben, aus dem er Kraft schöpfte?
    Nun, ich wünschte es ihm jedenfalls. Über Elisabeths Gebetbuch freute er sich sehr. Er erkundigte sich nach ihr und bat mich, ihr auszurichten, daß er sich demütig in sein Schicksal fügte.
    »Unsinn!« tadelte ich ihn. »Du fährst heute nach Kolozsvar. Ich bringe dich persönlich zum Zug.«
    »Ach ja«, murmelte er mit einem rätselhaften Lächeln, das mich vollkommen aus dem Konzept brachte.
    »Kolozsvar ist sicherer«, beharrte ich. »Damit gewinnen wir etwas Zeit und können bestimmt den Beweis für deine Unschuld antreten.«
    Ich hatte nicht geahnt, wie unbequem Handschellen sein können. Mit verlegener Miene schloß der Konstabler den Stahlring um mein Gelenk und sperrte zu. Im ersten Moment fürchtete ich, die Hand würde mir absterben, weil das Blut sich staute, und wollte ihn schon bitten, die Handschelle etwas lockerer einzustellen. Doch dann sagte ich mir, daß Gregor ja unter den gleichen Unannehmlichkeiten zu leiden hatte und auch nicht klagte.
    Sobald wir in der Tür erschienen, brüllte die Menge los.
    »Er ist mit dem Satan im Bunde!«
    »Antichrist!«
    Ich setzte zu einer Erklärung an, daß die Gerechtigkeit den Behörden überlassen werden müsse, aber in dem Geschrei konnte ich meine eigenen Worte nicht verstehen. So zeigte ich ihnen nur unsere aneinandergeketteten Hände. Bei ihrem Anblick verstummten sie. Es muß sie verwirrt haben, Gut und Böse auf diese Weise vereint zu sehen. Wir machten uns ihre Verwirrung zunutze und kletterten in die Kutsche.
    »Fahr los!« wies ich Jakob an. »Aber langsam, hast du verstanden ?«
    Doch in seiner Angst gab er den Pferden die Peitsche. Die freilich waren in dieser dichtgedrängten Menge ohnehin schon nervös und bäumten sich auf.
    Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn sie losgaloppiert wären, aber ein beherzter Bauer verhinderte die Katastrophe, indem er eines der Pferde am Zügel packte und sie so wieder bändigte.
    Damit waren wir jedoch auf Gedeih und Verderb der Meute ausgeliefert.
    Jakob konnte
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