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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen
Autoren: Marcia Muller
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reden.«
    »Bakersfield bei so einer
Hitzewelle. Ihr müsst verrückt sein.«
    »Shar, das ist ein wichtiger
Trip.«
    »Wieso?«
    »Na ja, er will mich seiner
Tante, seinem Onkel und den Cousins und Cousinen vorstellen. Er zeigt mir das
Haus, in dem er aufgewachsen ist, und seine alten Schulen. Er geht mit mir zu
den Bars und Clubs, wo er und seine Band die ersten Gigs hatten. Er will mir
sogar den Parkplatz hinterm Supermarkt zeigen, wo er das erste Mal... na, du
weißt schon.«
    »Ist ja schwer beeindruckend.
Mir fehlen die Worte.«
    »Ach, hat Hy dich etwa nie zu
den Schauplätzen seiner Vergangenheit geführt?«
    Ich überlegte kurz, grinste
dann. »O doch, hat er. Er hat mir sogar seine Straßenlaterne in Bridgeport
gezeigt.«
    »Er hat eine Straßenlaterne?«
    »Na ja, gewissermaßen. Er
musste sie ersetzen, nachdem er sie von der Ladefläche eines Pick-ups aus mit
dem Lasso eingefangen und ins Schlepptau genommen hatte, eines wilden,
alkoholisierten Abends.« Als sie sich wieder eingekriegt hatte, sagte sie:
»Gott, sind unsere Lover nicht zwei romantische Seelen? Trips zu
Straßenlaternen und Parkplätzen — was wird ihnen als Nächstes einfallen?«
     
     
     
    »StarWatch«, Los Angeles Times, 14. August 1995
     
    Unsere
Quellen in San Francisco bestätigen, dass Country-Star Ricky Savage einen bekannten Immobilienmakler beauftragt hat, dort ein Haus für ihn und
seine Freundin, Privatdetektivin Rae Kelleher , zu finden. Es soll laut
Savage groß genug sein, um ein Tonstudio zu beherbergen und Platz für die
Besuche seiner sechs Kinder zu bieten. Ist das Teil jener positiven Entwicklung,
von der er auf der Pressekonferenz am 31. Juli sprach? Man möchte es meinen...

31
     
    Ich trat gerade in dem Moment
aus dem Häuschen, das wir Touchstone getauft hatten, als Hys Citabria auf
unserer neu angelegten Landebahn aufsetzte. Sie rollte zu den Halteketten. Ich
ging nervös auf die Maschine zu, denn mir war bange vor diesem Wiedertreffen.
Heute war Freitag, der fünfundzwanzigste August, und wir hatten uns nicht mehr
gesehen, seit wir am dreißigsten Juli in Los Angeles auseinander gegangen waren.
    Der Propeller trudelte aus, und
gleich darauf stieg Hy aus und winkte mir zu. Ich winkte zurück und half ihm,
das Flugzeug mit den Ketten zu sichern. Dann schnappte er sich seinen Seesack
vom hinteren Sitz, legte mir die Hand auf die Schulter und dirigierte mich in
Richtung Häuschen.
    »Wie geht’s auf der Ranch?«,
fragte ich. Wir hatten in letzter Zeit nur selten telefoniert, und die paar
Telefonate waren kurz und unpersönlich gewesen. Das angekündigte Gespräch hatte
nie stattgefunden, und die emotionale Distanz war immer noch da.
    Auf meine Frage sagte er:
»Alles bestens. Und? Hast du dich durch den Papierkram gewühlt?«
    »Endlich, ja. Rae hat sich eine
Weile freigenommen, aber Keim ist in die Bresche gesprungen.«
    »Haben Ricky und Rae schon ein
Haus gekauft?«
    »Ja — Seacliff, in China Beach,
direkt auf den Felsen überm Strand. Rae hat Mick die Wohnung untervermietet.«
    »Das ging aber fix.«
    »Allerdings. Sie und Ricky sind
sich in allem so einig, dass es schon fast unheimlich ist.« So wie wir früher,
setzte ich im Stillen hinzu. Hy schien den Gedanken gelesen zu haben. Er blieb
vor der Tür des Häuschens stehen und stellte seinen Seesack ab. »Lass uns noch
ein bisschen auf der Terrasse sitzen und auf den Sonnenuntergang warten.«
    Die Terrasse war eine hölzerne
Plattform mit fest angebrachten Bänken und einer Holztreppe, die sich im
Zickzack die Klippen hinunterzog, bis in die Bucht namens Bootlegger’s Cove
tief drunten. Ich wischte den Staub von einem Teil der wetterfesten
Polsterauflagen und machte es mir in einer Ecke gemütlich. Hy setzte sich neben
mich, aber ein Stück weit weg. Die Sonne stand schon tief überm Horizont und
färbte Wasser und Himmel orange.
    Nach kurzem Schweigen sagte er:
»Wir haben immer noch nicht richtig geredet.«
    »Nein.«
    »Sollten wir aber. So zusammen
zu sein, ohne einen echten Draht zueinander zu haben — das ist nicht unser
Stil.«
    »In Albuquerque, als es hart
auf hart ging, hatten wir den totalen Draht zueinander.«
    »Ja, aber es ist doch
beschissen, wenn eine Beziehung nur klappt, sobald es um Leben und Tod geht.«
    »Ripinsky, in solchen
Situationen war unser Zusammenspiel immer am besten.«
    »Ich weiß. Aber es war auch in
anderen Situationen gut.«
    Die Sonne war rasch gesunken.
Das Wasser glühte in Farbtönen zwischen Feuerrot und
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