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Das gebrochene Versprechen

Das gebrochene Versprechen

Titel: Das gebrochene Versprechen
Autoren: Marcia Muller
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einen
der beiden Männer, die den Strudel der Selbstzerstörung, in den seine
Stieftochter gerissen worden war, noch beschleunigt hatten; O’Dell, wie er den
Motorradunfall auf dem Küstenhighway fingierte; O’Dell, wie er die
»freundschaftlichen« Kontakte, die er geknüpft hatte, nutzte, um in die Band zu
kommen; O’Dell, wie er die übrigen kriminellen Akte beging und seine
Verfolgungskampagne startete.
    Und wie er diese Kampagne
intensivierte, als er erfuhr, dass das zweite Konzert der Midnight -Tour
in Albuquerque stattfinden würde, genau drei Jahre nach dem Tag, an dem sich
seine Stieftochter dort in seinem Haus das Leben genommen hatte.
    In diesem Zeitlupenmoment war
das alles so klar.
    Ich arbeitete mich langsam
vorwärts, wobei ich die Waffe tief hielt und bestmöglich mit dem Körper abschirmte,
um das Publikum nicht in Panik zu versetzen.
    O’Dell sagte: »Er hätte meiner
Stieftochter Patricia Terriss gewidmet sein müssen. Sie hat den größten Teil
dieses Texts geschrieben. Und sie ist hier in Albuquerque gestorben, heute Abend
vor genau drei Jahren.«
    Das Gemurmel verstummte. Ricky
drehte sich zu ihm um, ungläubig und bestürzt. Rae kletterte auf die Bühne.
    O’Dell sah Ricky genau in die
Augen. »Yeah, sie ist tot, du Scheißkerl! Und du hast sie auf dem Gewissen.«
    Ricky trat einen Schritt auf
ihn zu. »Norm...«, hob er an.
    »Du weißt, was du getan hast.«
    O’Dell griff unter sein Midnight Train -T-Shirt und riss einen kurzläufigen Revolver aus seinem Hosenbund.
    Schreckens- und
Entsetzensschreie kamen aus der Menge.
    Hy und ich waren in diesem
Moment bereit, O’Dell zu erschießen. Ich hätte es beinahe getan, als Ricky wie
erstarrt da stand und die Waffe fixierte. Aber es war nicht nötig.
    Es war nicht nötig, weil O’Dell
in dieser Sekunde sagte: »Sieh zu, wie du damit lebst, Arschloch«, und tat, was
er schon die ganze Zeit geplant haben musste.
    Er rammte sich den Revolver in
den Rachen und drückte ab.
     
     
    Raes Tagebuch:
     
    23 Uhr 59
     
    Als
der Schuss vom Kuppeldach der Arena widerhallte, schnellte ich auf Ricky zu, packte
ihn um die Taille und zog ihn über den Bühnenrand. Wir krachten als wirres
Knäuel auf den Boden. Ich hörte Geschrei und Getrampel von den Tribünen, und Hy
brüllte etwas von Panik verhindern. Shars Stimme rief zu uns herunter: »Seid
ihr okay?«
    »Ja.«
Ricky rollte sich von mir hinunter und spähte auf die Bühne. Zuckte zusammen
und rollte sich wieder auf mich, als wollte er mich schützen. Sein Atem ging
schnell und heftig, und er flüsterte »Großer Gott« in mein Haar.
    In
Panik versuchte ich mich aufzurichten, aber er drückte mich runter. Ersah mir
mit gepeinigtem Blick in die Augen und sagte: »Guck nicht hin.«
    »Er
hat’s wirklich getan?«
    »Ja,
er hat’s getan, armer Hund.«
    Es
fühlte sich an, als zerrisse etwas in meiner Brust. Ich zog ihn an mich und
schloss die Augen. Tränen quollen mir aus den Augenwinkeln und rannen mir über
die Schläfen ins Haar.
    Ich
sagte: »Ich hasse Weinen, außer, ich will was erreichen.«
    Ricky
berührte meine Wange. Ich schlug die Augen auf und sah, dass seine Augen auch
feucht waren.
    »Schon
gut, Red«, sagte er. »Wein du nur.«

 
     
     
     
    Vierter Teil
    Juli — 25.
August 1995

 
     
     
     
    Los Angeles Times, 29. Juli
1995:
     
    Savage-Gitarrist hinterließ
Abschiedsbrief
     
    ALBUQUERQUE, NM — Eine
Sprecherin der Polizei von Albuquerque gab heute bekannt, dass Ricky Savages
Leadgitarrist, der sich Donnerstagabend bei einem Konzert des Country Stars vor
9775 Zuschauern im ausverkauften Tingley Coliseum erschoss, bei seiner Freundin
einen Abschiedsbrief hinterlassen hat.
    Gina Robinson, 39, langjährige
Lebensgefährtin von Norman O’Dell, 47, übergab dessen Brief der Polizei,
nachdem sie am Freitagmorgen von dem Geschehnis erfahren hatte. Robinson
erklärt, O’Dell habe ihr den Brief mit der Anweisung hinterlassen, am Freitag
Kopien an die Medien zu schicken. Sie bestreitet, von O’Dells
Selbstmordabsichten gewusst zu haben, gestand jedoch, in seinem Auftrag im
Feriencamp eines Savage-Sohnes angerufen zu haben und dem Sänger
Drohbotschaften per Fax übermittelt zu haben. Der Inhalt des Briefs wurde nicht
bekannt gegeben, aber aus wohl informierten Kreisen verlautet, dass O’Dell den
Country-Star und zwei inzwischen verstorbene Ex-Savage-Musiker bezichtigt, am
Selbstmord seiner Stieftochter Patricia Terriss — verübt in Albuquerque, exakt
drei Jahre vor dem
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