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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen
Autoren: Jo Nesbø
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Philips-Fernseher aus durchsichtigem Plastik, der zu der Stereoanlage passte. Harry konnte durch die geöffneten Türen in die Küche und das Schlafzimmer gucken. Es war merkwürdig still. Ein uniformierter Beamter stand mit verschränkten Armen schwitzend neben der Küchentür und wippte auf den Zehen. Er musterte Harry mit hochgezogenen Augenbrauen und schüttelte grinsend den Kopf, als Harry seinen Ausweis zücken wollte.
    Alle kennen den Affen, nur der Affe kennt keinen, dachte Harry und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. » Wo ist die Spurensicherung? «
    » Im Bad «, sagte der Beamte und deutete mit dem Kopf auf das Schlafzimmer. » Lønn und Weber. «
    » Weber? Müssen die jetzt schon auf Rentner zurückgreifen? «
    Der Beamte zuckte mit den Schultern. » Urlaubszeit. «
    Harry sah sich um. » Okay, sorgen Sie dafür, dass die Treppe und der Hauseingang abgesperrt werden. Die Leute gehen hier ein und aus. «
    » Aber … «
    » Hören Sie mal, das gehört zum Tatort, oder? «
    » Versteh schon «, brummte der Beamte grollend, und Harry begriff, dass er sich mit nur zwei Sätzen einen neuen » Freund « gemacht hatte. Die Liste war lang.
    » Aber ich habe den Befehl erhalten … «, fuhr der Beamte fort.
    » … hier aufzupassen «, sagte eine Stimme im Schlafzimmer. Tom Waaler kam in der Tür zum Vorschein.
    Trotz seines schwarzen Anzugs war unter dem dichten, dun k len Haaransatz nicht eine Schweißperle zu erkennen. Tom Waaler war ein Bild von einem Mann. Vielleicht nicht beso n ders attraktiv, doch seine Gesichtszüge waren ebenmäßig und symmetrisch. Er war nicht so groß wie Harry, auch wenn das sicher viele gedacht hätten. Vielleicht lag das an Tom Waalers aufrechter Haltung. Oder an seiner betont selbstbewussten Art, mit der er seine Umgebung nicht nur beeindruckte, sondern mit der er auch ein Gefühl von Sicherheit vermittelte, das geradezu ansteckend war. In seiner Nähe herrschten Ruhe und Ordnung. Seine körperliche Fitness vervollkommnete noch diesen Eindruck, sie war das Ergebnis von fünf wöchentlichen Tra i ningseinheiten im Kraftraum und in der Karateschule, das der Anzug kaum verhüllte.
    » Und genau das soll er weiter tun «, sagte Waaler. » Ich habe gerade jemanden mit dem Fahrstuhl nach unten geschickt, den Tatort weiträumig abzusperren. Alles unter Kontrolle, Hole. «
    War das eine Feststellung oder eine Frage? Harry räusperte sich. » Wo ist sie? «
    » Hier drin. «
    Waaler machte ein mitleidiges Gesicht, als er zur Seite trat, um Harry vorbeizulassen: » Hast du dich verletzt, Hole? «
    Das Schlafzimmer war einfach, aber geschmackvoll und romantisch eingerichtet. Ein gemachtes Einzelbett mit Platz für zwei stand neben einem tragenden Balken, in den so etwas wie ein Herz über einem Dreieck eingeritzt war. Vielleicht das Zeichen eines Lovers, dachte Harry. An der Decke über dem Bett hingen drei gerahmte Aktfotos von Männern. Politisch korrekt, irgendwo zwischen Softporno und Kitsch. Keine persönlichen Gegenstände oder Bilder, soweit er sehen konnte.
    Das Badezimmer ging vom Schlafzimmer ab. Es war gerade groß genug, um ein Waschbecken, eine Toilette, eine Dusche ohne Vorhang und Camilla Loen zu beherbergen. Sie lag auf den Fliesen, das Gesicht zur Tür gedreht, doch den Blick nach oben auf die Dusche gerichtet, als wartete sie auf das Wasser.
    Sie war nackt unter dem weißen, durchscheinenden Morge n mantel, der aufgegangen war und den Abfluss verdeckte.
    Beate machte Fotos.
    » Hat schon jemand die Todeszeit festgestellt? «
    » Der Gerichtsmediziner ist unterwegs «, antwortete Beate. » Doch der Rigor mortis ist noch nicht eingetreten, und sie ist auch noch nicht ganz kalt. Ich würde sagen, höchstens ein paar Stunden. «
    » Lief die Dusche nicht noch, als der Nachbar und der Hau s meister sie gefunden haben? «
    » Schon, wieso? «
    » Das warme Wasser kann die Körpertemperatur hochgehalten und die Totenstarre verzögert haben. « Harry blickte auf die Uhr. Viertel nach sechs.
    » Ich denke, wir sollten davon ausgehen, dass sie gegen fünf gestorben ist. «
    Das war Waalers Stimme.
    » Warum das? «, fragte Harry, ohne sich umzudrehen.
    » Es deutet nichts darauf hin, dass die Leiche bewegt worden ist. Wir können also davon ausgehen, dass sie getötet wurde, während sie in der Dusche war. Du siehst ja, de r K örper und der Morgenmantel verstopfen den Abfluss. Das hat zu der Übe r schwemmung geführt. Der Hausmeister, der die Dusche ausgemacht hat, sagte,
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