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Das fünfte Zeichen

Titel: Das fünfte Zeichen
Autoren: Jo Nesbø
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dem Finger über die verkrustete Wunde auf seinem Nasenrücken. » Scheint so. « Er folgte ihr durch die zweite Tür, die ins Treppenhaus führte. » Wie sieht ’ s denn da oben aus? «
    Beate stellte die Koffer vor einer grünen Aufzugtür ab und sah rasch zu ihm auf. » Ich dachte, es sei ein Prinzip von dir, erst selbst einen Eindruck zu gewinnen und dann zu fragen «, sagte sie und drückte auf den Knopf des Fahrstuhls.
    Harry nickte. Beate Lønn gehörte zu den Menschen, die sich an alles erinnerten. Sie konnte Details von Fällen zum Besten geben, die er längst vergessen hatte und die sich überdies lange vor ihrer Zeit ereignet hatten. Außerdem hatte sie einen auße r gewöhnlich gut entwickelten Gyrus fusiforme, der Bereich im Hirn, der Gesichter abspeicherte. Ein Test hatte die Psychologen verblüfft. Da war es wohl selbstverständlich, dass sie sich an das wenige erinnerte, was er ihr beigebracht hatte, als sie im letzten Jahr gemeinsam eine Reihe von Banküberfällen untersucht hatten.
    » Stimmt. Wenn ich zum ersten Mal an einen Tatort komme, will ich so empfänglich wie möglich für eigene Eindrücke sein «, sagte Harry und zuckte zusammen, als sich der Fahrstuhl plötzlich hörbar zu ihnen in Bewegung setzte. Harry tastete seine Taschen nach Zigaretten ab. » Aber ich glaube nicht, dass ich wirklich an diesem Fall arbeiten werde. «
    » Warum nicht? «
    Harry antwortete nicht. Er fischte ein zerknülltes Päckchen Camel aus seiner linken Hosentasche und zog eine zerbrochene Zigarette heraus.
    » Oh, ja, jetzt erinnere ich mich «, sagte Beate lächelnd. » Du hast ja im Frühling erzählt, dass ihr zusammen in den Urlaub wollt, in die Normandie, nicht wahr? Du Glücklicher … «
    Harry steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen. Si e s chmeckte beschissen. Und würde bestimmt nicht gegen seine Kopfschmerzen helfen. Da half nur eins. Blinzelnd warf er einen Blick auf die Uhr. Montag. Vier Minuten vor eins.
    » Aus der Normandie ist nichts geworden «, sagte er.
    » Oh? «
    » Nein, das hat nichts damit zu tun. Eher damit, dass der da oben den Fall bearbeitet. « Harry zog an der Zigarette und deutete mit dem Kopf in die angegebene Richtung.
    Sie sah ihn lange an. » Pass auf, dass das nicht zu einer Manie von dir wird, Harry. Du musst das endlich hinter dir lassen. «
    » Hinter mir lassen? « Harry atmete den Rauch aus. » Er tut den Menschen Böses an, Beate. Das solltest du doch am besten wissen. «
    Sie errötete. » Tom und ich hatten eine kurze Affäre, das ist alles, Harry. «
    » Hattest du in der Zeit nicht blaue Flecken am Hals? «
    » Harry! Tom hat niemals … « Beate hielt abrupt inne, als sie bemerkte, wie laut sie geworden war. Das Echo ihrer Stimme hallte durch das Treppenhaus, wurde aber von dem kurzen, dumpfen Dröhnen übertönt, mit dem der Aufzug vor ihnen zum Stillstand kam.
    » Du magst ihn nicht «, sagte sie. » Deshalb bildest du dir was ein. Tom hat auch ein paar gute Seiten, von denen du nichts weißt. Wirklich. «
    » Hmm. « Harry drückte die Zigarette an der Wand aus, als Beate die Tür des Aufzugs öffnete und hineinging.
    » Kommst du nicht mit hoch? « Sie sah Harry fragend an, der draußen stehen geblieben war und ein Loch in die Luft starrte. Der Fahrstuhl. Er hatte ein Schiebegitter vor der Tür. Ein einfaches, schwarzes Eisengitter, das man öffnen und schließen musste, damit sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte. Da war wieder der Schrei. Der stumme Schrei. Er spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. Der Rest Whiskey hatte nicht gereicht. Ganz und ga r n icht.
    » Stimmt was nicht? «, fragte Beate.
    » Nein «, antwortete Harry heiser. » Ich mag nur diese alten Aufzüge nicht. Ich nehme die Treppe. «

 
    KAPITEL 4
Freitag. Statistik
    D as Haus verfügte wirklich über zwei Dachwohnungen. Die Tür zu der einen war offen, aber mit dem orangefarbenen Plasti k band der Polizei abgesperrt. Harry mit seinen einhundertzwei und neunzig Zentimetern bückte sich und musste rasch einen Schritt zur Seite machen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er befand sich mitten in einem Zimmer mit Eiche n holzparkett, Dachschräge und Veluxfenstern. Es war warm wie in einer Sauna. Die Wohnung war klein und minimalistisch eingerichtet, wie seine eigene, doch damit endeten die Überei n stimmungen auch schon. Denn in dieser fanden sich das neueste Designersofa von Hilmers Hus, ein Salontisch von R. O. O. M. und ein kleiner eisblauer
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