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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium
Autoren: Viktor Pelewin
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unsere Welt einzuführen. Vor ihm auf dem Tisch soll ein Monitor stehen, auf den die Bilder einer Kamera übertragen werden, die an meiner Krawattennadel hängt. Ich möchte, dass Rama II. mein Date mit der Person, deren Geduld und Gutmütigkeit er so  anmaßend strapaziert hat, in allen Einzelheiten mitverfolgt. Dies hat mehrere Beweggründe. Erstens möchte ich, dass er erfährt, wie sich ein wohlerzogener Mann im Umgang mit einer Dame zu verhalten hat. Zweitens will ich damit für seine Unterhaltung sorgen; man kennt ja seine diesbezügliche Schaulust. Und es wird höchste Zeit, dass die exklusive Verbindung zum Nazi-Fliegerass Rudel, in der Rama II. sein Heil vor der Einsamkeit sucht, einmal Abwechslung bekommt.
Dafür bin ich bereit, vor Gott zu treten.
    Mitra VI.
    Selbst noch in diesem trübseligen Trancezustand spürte ich die helle Wut in mir hochsteigen. Doch sie reichte nicht aus, um auch nur einen Finger rühren zu können.
    Loki und Baldur rissen mich vom Stuhl hoch, schleppten mich ins Kabinett. Beide Nabokovs schauten unverwandt auf mich herab. Die Abscheu in ihren Gesichtern kannte keine Grenzen - so als wollten sie mir die Niederlage niemals verzeihen.
    Ich wurde an die Sprossenwand gefesselt. Den harten Griff der beiden nahm ich kaum wahr. Nur einmal, als sie mir den Arm etwas arg unsanft verdrehten, spürte ich, wie durch Watte hindurch, einen dumpfen Schmerz. Dann ließ Baldur mich mit Loki allein.
    Loki baute sich vor mir auf. Als Erstes untersuchte er gründlich mein Auge, indem er das Lid mit dem Finger nach oben zog. Dann zwickte er mich heftig in den Bauch, was auf einmal doch höllisch wehtat - offenbar hatte der Bauch seine Schmerzempfindlichkeit bewahrt. Ich wollte aufstöhnen, aber das gelang mir nicht. Loki zwickte mich ein zweites Mal, Hoch viel kräftiger. Der Schmerz war unerträglich, ihn zu äußern unmöglich.
    »Du Idiot«, sagte Loki. »Du verdammter Idiot! Was gibst du hier für eine jämmerliche Vorstellung? Smith & Wesson der Archonten - was soll das? Wer bist du überhaupt? Willst du ein Stecher sein, oder gibst du den linken Denker? Fürst dieser Welt und Mücke - das ist doch das gleiche Thema! Haargenau dasselbe, nur verschieden formuliert! Hast du das nicht kapiert, Mann?«
    Dabei zwickte er mich schon wieder, und zwar so, dass mir Hören und Sehen verging.
    »Wir waren uns alle sicher, dass du gewinnst«, fuhr er fort. »Alle! Wir haben dir extra noch Zeit gegeben, ins Kabinett zu gehen und ein passendes Präparat auszusuchen. Ich habe auf dich das ganze verfügbare Bablos gesetzt, fünf Gramm! So viel schafft einer sein Lebtag nicht auf die Seite! Du elender Schuft!«
    Ich war darauf gefasst, dass er mich noch einmal zwickte, doch stattdessen begann er plötzlich leise und kraftlos zu weinen. Greisentränen, die er sich anschließend mitsamt der verrutschten Schminke aus dem Gesicht wischte.
    »In jedem Hamlet steckt ein dänischer Prinz, heißt es«, sprach er dann, und es klang schon fast wieder einlenkend, »das versteht man. Aber deiner, Rama, schlägt über alle Stränge. Über den ist inzwischen schon beinahe jeder in deiner Umgebung gestolpert. Wird Zeit, dass du Schluss machst mit der linken Eierei! Werd endlich erwachsen! Denn du bist auf dem Holzweg, das sag ich dir als alter Genosse! Du kennst doch das Lied von diesem Zoi: Himmel ... Erde ... Zwischen Himmel und Erde ist Krieg ... Hast du dir mal überlegt, worum es da eigentlich geht? Soll ich es dir sagen? Krieg ist deswegen, weil gar keiner weiß, wo Himmel ist und wo Erde. Es gibt zwei Himmel. Sie liegen einander gegenüber, und beide sind oben. Und ständig will einer den anderen nach unten kippen. Erde wird man das erst in dem Moment nennen, wo die Frage entschieden ist. Aber wie, das kann keiner sagen. Und du, falls du es noch nicht weißt, bist in dem Krieg Feldkommandeur. Der Fürst dieser Welt, das bist du! Und wenn du das nicht kannst, dann geh in den hintersten Schützengraben und erschieß dich. Aber vorher musst du noch die Zunge weiterreichen. Und vor allem: Erschieß dich nicht in irgendeinem blöden Gedicht, sondern in Echtzeit! Fertig.«
    Ich seufzte schwer. Im selben Moment kniff mich Loki mit solcher Gewalt in den Nabel, dass mir schwarz vor Augen wurde. Für Sekunden verlor ich das Bewusstsein vor Schmerz. Wahrscheinlich hatte Loki ein Todesbonbon intus. Als ich wieder zu mir kam, hatte er sich halbwegs beruhigt.
    »Entschuldige«, sagte er. »Es ist nur wegen dem Bablos. Das musst du
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