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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium
Autoren: Viktor Pelewin
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links das von Mitra verzapfte. Und das ging so:
    COOLicidae
    mücke
    auf der flachen hand,
winzig zwar,  doch            in den proportionen des            
körpers                                            
wie ein mächtiger krieger,                     
 gedankenversunken ...                      
kopf gar nicht groß,                                          
rumpf lang und rund .                               
wär sie ein mensch,                                                         
      sie wäre                                                                                  
HEROS.                                                                                     
    Mitra war auf Nummer sicher gegangen.
    Der manierliche, politisch korrekte Erguss eines ungeflügelten Karrieristen! Zweifellos die infamste aller Kampfstrategien. Es klang nach Huldigungen an den jungen Lenin aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Die Mücke war für Vampire seit jeher das, was der Kirschblütenzweig für die Japaner ist: Sinnbild für Schönheit, perfekt in seiner Vergänglichkeit. Und ein bisschen Mystik war wohl auch im Schwange: Das Fresko in Enlil Maratowitschs Hamlet zum Beispiel, das von Graf Draculas Tod handelte, zeigte den edlen Ritter im schwarzen Harnisch mit geöffneter Brust, aus der die demütige Mücke der Seele ergeben in den grauen Himmel entfleucht.
    Auch hatte Mitra seinem Gedicht die von Baldur angesprochene Gestalt einer Treppenleiter rückwärts gegeben - ich begriff nun endlich, was damit gemeint war.
    Nur mit Zeile zwölf haperte es bei ihm. Gut, die Mücke einen Heros zu nennen - wer hätte da zu widersprechen gewagt. Hoch soll sie leben! Aber korrekt hätte es heißen müssen: ... sie wäre ein Heros.
    Aber dann sah ich es: Hinter das O hatte Mitra den Schatten von einem A gelegt; zwei, nein, drei Wörter schwebten in- und übereinander. Er nannte die Mücke nicht nur einen Heros, er verglich sie mit Hera! (Ein Brachialkompliment, das den langen, runden Rumpf und den kleinen Kopf vergessen ließ. Genauso gut konnte man seine Freundin als Engel titulieren.) Und den Eros hatte er auf diese Weise auch noch ins Spiel gebracht...
    Wenn schon, dachte ich tapfer. Dafür geht es bei mir ums Wesentliche. Grundlegende weltanschauliche Ebenen sind angeschnitten, die Dramen des menschlichen Geistes sichtbar gemacht, und vor allem sind alle relevanten kulturellen und existenziellen Probleme der menschlichen Zivilisation vollständig enthalten. Und aus den Versen atmet poetische Kraft! ...
    Doch im Grunde meines Herzens wusste ich schon, dass ich verloren hatte. Mitras Gedicht war besser als meines, das hätte jeder Vampir so gesehen. Blieb die Hoffnung, dass Hera mich am Schreibstil erkannte - und wenn sie es nur wollte, dann ...
    Plötzlich fing der Bildschirm wieder zu flackern an, und ich begriff, dass sich mein Schicksal in den nächsten Sekunden entscheiden würde. Zuerst wurde die eine Hälfte etwas dunkler - die, wo Mitras Gedicht gestanden hatte -, und es erschien ein diagonaler Schriftzug, quer über das Gedicht hinweg, wie mit dem Marker direkt auf den Schirm geschrieben:
Schmazz!!
    Das muss noch nichts bedeuten! dachte ich trotzig. Eine Sekunde später dunkelte auch meine Bildschirmhälfte ein, und in schwungvollen Buchstaben erschien die Zeile:
Mowl haltn! Abfaaaaaaaaahrt!
    Ich verspürte einen leichten Schmerz im Bereich der Armbeuge, wo die Kanüle unter der Haut saß. Wahrscheinlich war die Binde durch eine ungeschickte Bewegung verrutscht. Ich wollte die andere Hand benutzen, um ihren Sitz zu korrigieren - doch sie gehorchte nicht. Und dann kam eine Welle zwingender Müdigkeit über meinen Geist, nichts um mich her ging mich noch etwas an.
    An die folgenden ein, zwei Stunden kann ich mich nur bruchstückhaft erinnern. Die Gesichter von Baldur und Loki tauchten mehrmals vor mir auf. Loki zog die Kanüle aus meinem Arm, und Baldur trug mit amtlicher Stimme Mitras Duellorder vor, die folgenden Inhalts war:
    An Loki IV. von Mitra VI.
Dienstlich!
    Duellorder Rama II. benimmt sich dumm und dreist, aber er kann einem nur leidtun. Im Falle meines Sieges in diesem dämlichen Wettstreit bitte ich ihn an die Sprossenwand zu fesseln, von der ich ihn schon einmal losband, um ihn in
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