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Das fremde Gesicht

Titel: Das fremde Gesicht
Autoren: Mary Higgins Clark
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Messer zu benutzen, um jemanden zu retten, oder nicht?« fragte Bernie. »Ich will nie jemandem weh tun. Ich wollte auch Annie damals am Abend nichts tun. Es war ein Versehen.« Er wiederholte es leise, wie ein Kind.
    »Annie war ein Versehen.«

    Mac lauschte dem Funkgespräch zwischen dem Polizeihubschrauber und den Streifenwagen, die zu dem Zielgebiet rasten. Sie sprachen ihre Strategie ab.
    Meg ist mit zwei Killern zusammen, wurde ihm plötzlich klar – dieser Verrückte, der am Sonntag abend im Wald war, und Phillip Carter.
    Phillip Carter, der seinen Partner betrog und umbrachte, sich dann Catherine und Meghan gegenüber als Beschützer aufspielte, eingeweiht in jeden Schritt von Megs Suche nach der Wahrheit.
    Meghan. Meghan.
    Sie waren irgendwo über offenem Land. Die Hubschrauber begannen nach unten zu gehen. Vergebens suchte Mac den Grund ab. In einer Viertelstunde würde es dunkel sein. Wie sollten sie ein Auto ausfindig machen, wenn es dunkel war?
    »Wir sind in der Umgebung von West Redding«, sagte der Pilot und zeigte nach vorne. »In ein paar Minuten sind wir dort, wo sie den grünen Chevy gesehen haben.«

    Der ist verrückt, dachte Meg. Das war doch Bernie, der freundliche Garagenwächter, der ihr immer von seiner Mutter erzählt hatte. Wie kam der hierher? Warum war er ihr gefolgt? Und er hat gesagt, daß er Annie getötet hat.
    Mein Gott, er hat Annie getötet!
    Sie versuchte, sich aufzusetzen.
    »Willst du nicht, daß ich dich halte, Meg? Ich würde dir niemals etwas tun.«
    »Natürlich nicht.« Sie wußte, daß sie sanft mit ihm umgehen mußte, zusehen, daß er ruhig blieb. »Der Boden ist bloß so kalt.«
    »Entschuldigung. Das hätt’ ich wissen müssen. Ich helf dir.« Er hielt sie mit dem Arm umschlungen und an sich gepreßt, während sie sich gemeinsam ungeschickt mühten, auf die Füße zu kommen.
    Der Druck seines Arms um ihre Schulter verstärkte noch die Schmerzen von der Schußwunde. Sie durfte ihn nicht verärgern. »Bernie, könntest du bitte …« Sie drohte wieder ohnmächtig zu werden. »Bernie«, sagte sie flehentlich, »meine Schulter tut so weh.«
    Sie sah das Messer auf dem Boden liegen, mit dem er Phillip umgebracht hatte. War das auch das Messer, dem Annie zum Opfer gefallen war?
    Phillips Hand umklammerte immer noch die Pistole.

    »Oh, das tut mir leid. Wenn du willst, kann ich dich tragen.« Seine Lippen waren auf ihrem Haar. »Aber bleib doch eben kurz stehen. Ich will dich aufnehmen. Siehst du meine Kamera?«
    Seine Kamera. Ja, klar. Er mußte der Kameramann in dem Wäldchen gewesen sein, der Kyle fast erwürgt hätte.
    Sie lehnte sich an den Brunnenrand, während er sie filmte, und sah zu, wie er um Phillip herumging und auch ihn aufnahm.
    Anschließend legte Bernie die Kamera hin und kam zu ihr herüber. »Meghan, ich bin ein Held«, brüstete er sich.
    Seine Augen glichen schimmernden blauen Knöpfen.
    »Ja, das stimmt.«
    »Ich hab’ dir das Leben gerettet.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Aber ich darf eigentlich keine Waffe tragen. Ein Messer ist eine Waffe. Die stecken mich wieder weg, ins Gefängniskrankenhaus. Ich hasse den Laden.«
    »Ich werde mit ihnen reden.«
    »Nein, Meghan. Deswegen hab’ ich ja Annie töten müssen. Sie fing zu schreien an. Dabei bin ich an dem Abend bloß von hinten auf sie zugegangen und hab’
    gesagt: ›Hier ist’s gefährlich. Ich kümmere mich um dich.‹«
    »Das hast du gesagt?«
    »Ich dachte, daß du’s bist, Meghan. Du wärst doch froh gewesen, wenn ich mich um dich gekümmert hätte, oder?«
    »Ja, natürlich.«
    »Ich hatte keine Zeit, um’s zu erklären. Da kam grade ein Polizeiwagen. Ich wollte ihr wirklich nichts tun. Ich wußte nicht mal, daß ich an dem Abend das Messer dabei hatte. Manchmal vergeß ich, daß ich’s hab’.«

    »Ich bin froh, daß du’s diesmal dabei hattest.« Das Auto, dachte Meg. Meine Schlüssel sind drin. Es ist meine einzige Chance. »Aber, Bernie, ich finde, du solltest dein Messer lieber nicht hier liegenlassen, sonst findet’s noch die Polizei.«
    Sie zeigte darauf.
    Er blickte über seine Schulter nach hinten. »Ach ja, danke, Meghan.«
    »Und vergiß deine Kamera nicht.«
    Wenn sie nicht schnell genug war, würde er merken, daß sie zu flüchten versuchte. Und er hätte das Messer in der Hand. Doch als er sich umwandte und Anstalten machte, die fünf, sechs Schritte bis zu Phillips Leiche zu gehen, warf sich Meghan herum, wobei sie vor Schwäche und Hast stolperte, riß die Tür zu
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