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Das Flüstern des Windes (German Edition)

Das Flüstern des Windes (German Edition)

Titel: Das Flüstern des Windes (German Edition)
Autoren: Rainer Wekwerth
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wusste nicht, dass ihm die königlichen Soldaten auf den Fersen waren. Vor einer Stunde hatte er die Festung durch das hintere Tor verlassen, das lediglich von dem alten Barel bewacht wurde, den Korek gut kannte. Die beiden hatten schon öfter eine gemeinsame Zechtour gemacht, und so wurde Korek gar nicht erst kontrolliert. Barel hatte auf seine freundliche, etwas trottelige Art wissen wollen, wohin Korek unterwegs war. Der Pferdewirt hatte das in eine Decke gewickelte Kind enger an sich gepresst und behauptet, er ginge zum Wirtshaus, was Barel als Antwort genügte.
    Das Schloss lag nun schon lange weit hinter ihm. Die Dunkelheit der Nacht hatte über die Landschaft einen samtschwarzen Schleier gelegt, der nur einige Grautöne zuließ. Korek wagte es nun, eine Fackel zu entzünden, um sich den Weg zu leuchten. Der Säugling war aufgewacht. Seine hungrigen, unwilligen Schreie hallten von den hohen Tannen wider.
    Der Pferdewirt versuchte, das Kind zu beruhigen, indem er ihm sanft zusprach, aber nur noch mehr Geschrei war die Folge seiner Bemühungen.
    »Eigentlich sollte ich dich gleich hier umbringen!«, zischte er. Aber insgeheim hatte er schon beschlossen, das Kind nicht zu töten. Er würde es aussetzen, den Rest konnten die wilden Tiere erledigen. In diesen finsteren Wäldern, in denen selbst am Tag nur wenig Licht zum Boden drang, gab es noch unzählige Wölfe und Bären, von den großen Waldlöwen ganz zu schweigen.
    Korek begann, innerlich zu fluchen.
    Er hätte sich nicht mit drei Goldstücken zufriedengeben sollen. Esther hatte bestimmt mehr, viel mehr für diese Tat gefordert, und er wurde mit einem Almosen abgefunden.
    Mürrisch stapfte er weiter.
    Sein Weg führte ihn einen schmalen, vom Mondschein beleuchteten Pfad entlang. In den Wipfeln der hohen Bäume sang der schwache Abendwind sein trauriges Lied, das die Unwirklichkeit der Landschaft betonte. Tiere und die Geräusche, die sie immer wieder verursachten, ließen ihn zusammenzucken.
    Nach einer weiteren Stunde beschloss er, dass er nun weit genug vom Schloss entfernt war. Vor ihm öffnete sich der Wald zu einer kleinen Lichtung, die das fahle Mondlicht in einen silbernen Glanz getaucht hatte.
    Er legte den Säugling in das nachtfeuchte Gras. Die großen Augen starrten stumm zu ihm auf, das Schreien hatte schon vor geraumer Zeit aufgehört.
    Korek wandte sich ab und ging zurück zum Waldpfad.
    Die Nacht verschluckte ihn schon nach wenigen Schritten.
     
    Im Schloss waren die Suchenden auf den alten Barel gestoßen, der das hintere Tor zur fraglichen Zeit bewacht hatte, als der Prinz entführt worden war.
    Esther war schon seit Stunden tot. Ihr Leichnam baumelte im leichten Nachtwind von den Mauerzinnen herab, und durch die Burg hallten Barels Schreie, der von den Folterknechten des neuen Königs befragt wurde.
     
     

3.
     
    Korek näherte sich der Burg.
    Nur noch ein Fußmarsch von knapp einer Stunde lag vor ihm und er hoffte, dass das Wirtshaus noch geöffnet war, so dass er einen kräftigen Schluck trinken konnte.
    Sein Gesicht verzog sich zu einem verächtlichen Grinsen. Trula, der fette Besitzer des Eisernen Riesen würde Augen machen, wenn er endlich seine Schulden bezahlte. Vielleicht sollte der Mann ihn in Zukunft mit etwas mehr Respekt behandeln. Korek war sich sicher, dass sich Trula von nun an zweimal überlegte, bevor er ihn aus der Kneipe warf, wenn er wieder einmal kein Geld hatte. Gold konnte so Einiges bewirken. Es konnte einen schöner, jünger und in seinem Fall würdevoller machen.
    Er trat gerade hinter einer großen Korkeiche hervor, als sich mit einem hässlichen Zischen ein gefiederter Bolzen in seine Brust bohrte. Vollkommen verblüfft starrte er auf seinen schmutzigen Mantel, wo rund um den Pfeil Blut aus der Wunde sickerte. Seltsamerweise verspürte er keinen Schmerz.
    Einen Augenblick lang überlegte er, was dieser Pfeil in seinem Körper zu suchen hatte, als ein zweiter Armbrustbolzen seinen Hals durchschlug. Mit einem leisen Ächzen fiel er nach hinten.
    Seine Glieder zitterten noch, als mehrere Soldaten aus den Büschen hervorkamen und auf ihn zugingen. Er versuchte, sich aufzurichten, aber alle Kraft hatte ihn verlassen. Nun kam auch der Schmerz. Mit heißen Wellen überspülte er seinen Geist. Korek hatte das Gefühl, innerlich zu verbrennen, während sein Mund vergeblich nach Sauerstoff keuchte.
    Zwei groß gewachsene Männer ragten über ihm auf.
    Korek erkannte, dass sie Uniformen trugen, die gleiche Ausrüstung,
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