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Das Fluestern des Todes

Das Fluestern des Todes

Titel: Das Fluestern des Todes
Autoren: Kevin Wignall
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verschwunden waren, sah sie, dass er inzwischen mitten auf der Straße stand und wieder in die gleiche Richtung wie vorhin starrte.
    Während er näher kam, griff er unter sein Hemd, holte etwas heraus – und hatte plötzlich eine Pistole in der Hand. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Schlagartig wurde ihr klar, dass er sie tatsächlich die ganze Zeit verfolgt hatte – und nun mit einer Pistole direkt auf sie zukam. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, und einen Augenblick lang fehlten ihr die Worte.
    »Scheiße! Chris!« Für mehr war keine Zeit. Sie registrierte, dass Chris etwas antwortete, verstand aber nichts. Der Mann hatte sie fast erreicht – und dann hörte sie ohrenbetäubende Schüsse, gefolgt von Schreien und Panik.
    Er stand jetzt direkt vor ihr, hatte ihr allerdings den Rücken zugedreht. Er hatte zwei Schüsse abgegeben, und ein paar Meter weiter lagen zwei Männer auf der Straße. Er schaute einmal schnell um sich, trat dann zwei Schritte nach vorne, zielte auf einen der beiden Köpfe und drückte ab. Wieder ein schockierter Aufschrei der Menge.
    Ella hörte, wie Chris unartikuliert fluchte, doch im nächsten Moment stand der Mann ganz nah bei ihnen. Diesmal wirkte er nicht mehr nervös, sondern ruhig und bestimmt.
    »Kommt mit.«
    Ella sprang auf, hörte aber, wie Chris rief: »Einen Teufel werden wir.«
    »Komm mit – oder ich bring dich an Ort und Stelle um.« Er richtete seine Pistole auf ihn.
    »Mach, was er sagt, Chris.«
    Wortlos gingen sie durch die hysterische Menschenmenge. Es dauerte eine Weile, bis sie überhaupt realisierte, dass der Killer sie am Arm führte. Sie sagten kein Wort – eine Insel konzentrierten Schweigens inmitten des brodelnden Chaos. Während sie sich zügig vom Tatort entfernten, schaute sie ein paarmal zu Chris hinüber, doch er schien – noch immer schockiert und fassungslos – zu keiner Reaktion fähig.
    Sie hatten gerade mit ansehen müssen, wie zwei Menschen ermordet wurden, und doch folgten sie dem Killer, der obendrein auch Chris bedroht hatte – und sie taten es, ohne Fragen zu stellen oder gar Widerstand zu leisten. Es war, als hätte der Albtraum der letzten Minuten sie zusammengeschweißt – ja, als würde der Mörder sie irgendwie beschützen.
    »Du setzt dich auf den Beifahrersitz. Ella du legst dich flach auf die Rückbank.« Sie stiegen in das Auto, zu dem er sie geführt hatte, und Ella legte sich auf die Sitzbank. Als er abfuhr, schien die Bewegung des Autos ihre Orientierungslosigkeit nur noch zu verstärken. Sie hörte Sirenen. Und: Der Mann kannte ihren Namen.
    »Was zum Teufel läuft hier ab?« Es war Chris, und seine Stimme war unnatürlich laut – als wollte er das aufgestaute Adrenalin auf diese Weise herauslassen. »Und wer zum Teufel sind Sie überhaupt? Und was … was zum Teufel geht hier ab? Scheiße!«
    Zunächst sah es so aus, als wollte der Mann nicht antworten, doch nach einer Weile sprach er – und sprach so ruhig und leise, dass der Kontrast zu Chris’ Gefühlsausbruch umso eklatanter wirkte.
    »Vermutlich wollten sie Ella entführen. Ich heiße Lucas. Mark Hutto hat mich beauftragt, ein Auge auf Ella zu werfen, sollte sie in eine derartige Situation geraten.«
    »Dann habe ich Sie also tatsächlich in Rom und Florenz gesehen!«
    »Du kannst jetzt hochkommen.« Sie richtete sich auf. Sie befanden sich bereits außerhalb der Stadt. Draußen war es schon deutlich dunkler.
    »Wo fahren wir hin?«
    »Nach Florenz. Da bleiben wir heute Nacht. Ich werde von dort aus deinen Vater anrufen.«
    Chris drehte sich in seinem Sitz um und schaute sie an. Sein Gesicht war nur noch ein schemenhafter Schatten.
    »Wer könnte ein Interesse haben, dich zu kidnappen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und ein Bodyguard?« Seine Stimme klang fast schon vorwurfsvoll. »Ich kapier’s einfach nicht. Welcher Film läuft denn hier?«
    »Ich weiß es doch auch nicht, Chris. Ich hab keinen blassen Schimmer. Okay?«
    »Okay. Mein Gott!« Er drehte sich wieder nach vorne und schwieg, wandte sich nach ein paar Sekunden dann aber zu Lucas: »Was ist mit Ihnen? Können Sie uns aufklären?«
    »Ihre Familie ist reich.« Es klang, als wolle er noch mehr sagen, tat es dann aber doch nicht – und das Warten auf eine weitere Erklärung mündete in ein intensives Schweigen.
    Ella versuchte, sich die Szene in Montecatini noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, um sich so vielleicht einen Reim darauf machen zu können. Lucas hatte alarmiert ausgesehen, als er in die
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