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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt
Autoren: Cherry Wilder
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geschickt hatte, damit er dahinsieche, und dann abstritt, daß er das gewollt habe, hatte Tiath’ Vorgängerin als Oberhaupt der Pentroys, die alte Hoheit Relrin, die letzte wahnsinnige Witwe des einst mächtigen Feuer-Clans eingesperrt.
    „Das könnte eine Beleidigung meiner verehrten Toten sein“, sagte Tiath. „Sogar Ihr, Abgesandter, müßt zugeben, daß Sarunin verflucht ist.“
    „Es ist ein ausgezeichneter Ort, Vetter Pentroy“, sagte der junge Jethan Luntroy. „Sollten wir nicht darüber nachdenken?“
    „Nein!“ sagte Tiath. „Nein! Das verbiete ich. Wir haben die Mächte von Wind und Feuer schon zu sehr herausgefordert!“
    „Willst du uns denn das Nachdenken verbieten, Tiath?“ rief Guno Deg.
    „Halte deine Zunge im Zaum, du alte Viper!“ entgegnete Tiath bissig. „Du hast die Aussprachekette mit deinen ungeheuerlichen Vorurteilen schon genug zerstochen. Laßt uns zu anderen Gliedern übergehen …“
    An diesem Tag gab es nicht viele andere Glieder, und das letzte war wieder das der Fünf von Brin; sie verlangten die Anhörung ihres Verwandten Roy Turugan, des Harfners. Scott Gale nahm seinen Platz zwischen der Fünf von Brin ein und holte seine Gitarre heraus. Ich zeigte Harfner Roy, wo er sich vor der Tonanlage aufstellen sollte, und er schlug die Saiten seiner Harfe; die Harfe und das fremde Instrument harmonierten herrlich. Das Stück hatte den Titel: „Sarunin, die Letzte Schlacht“. Es war am Spätnachmittag, Sommer in Itsik, aber Herbst im Norden; das Licht war stark und golden, Staub stieg auf, über hundert Zuschauer drängten sich um die Runde Matte. Von den ersten Tönen an hielt der Harfner seine Zuhörer in Bann – Granden, Menschen und das gemeine Volk.
    Zuerst sang der Harfner von dem Streit zwischen den Clans der Pentroys und Tsatroys wegen eines großen Landbesitzes am Datse im Norden, an der Grenze der Ländereien der Pentroys. Er erzählte, wie der Streit nicht geschlichtet werden konnte und die beiden Clans ihre Vasallen und freien Anhänger sich zu zwei bewaffneten Heeren zusammenscharten. Er erzählte, wie die Krieger der Tsatroys zu ihrem westlichsten Land zogen, einem namenlosen grünen Tal an der alten Straße nach Rintoul, und wie die Pentroys ihnen entgegenmarschierten. Aber die Letzte Schlacht war überhaupt keine Schlacht, sondern ein Opfer, ein Zerfall in Asche.
    Als die Armee der Pentroys auf der alten Straße nahte, sahen sie aufsteigenden Rauch, und laute Totenklagen erfüllten die Luft. Eine Heroldin stellte sich ihnen in den Weg und bedeutete ihnen, stehenzubleiben, nicht näher zu kommen. Dann sang sie mit wilder lauter Stimme von der Pest, die das Heer befallen habe, wie sie gestorben seien, wie die Stätte einem alten Schlachtfeld aus den Clan-Kriegen glich, mit Feuern und Grabhügeln für die Erschlagenen.
    Dann verpflichtete die Heroldin diejenigen, die es gehört hatten, der Taten und der Anführer des Tsatroy-Clans zu gedenken. Es war ein Abschiedslied, und zum erstenmal wußten die Zuhörer, was die Anführer der Tsatroys beabsichtigten. Dann verstummte die Heroldin und kehrte zu dem Tal zurück; es erklang ein großer Schrei, und eine Feuerflut stieg gen Himmel auf „wie das helle Haar von Telve“.
    Die Anführer der Pentroy-Armee rannten zu der Stelle, wo die Heroldin gestanden hatte, und schauten in das Tal, in dem sie gewahrten, daß dort alle Seidenzelte brannten, alle Granden der Tsatroys, die jungen und die alten, inmitten der Flammen standen, ohne einen Laut von sich zu geben. Und die Beobachter wurden bei diesem Anblick von Mitleid und Entsetzen überwältigt. Als die Feuer niedergebrannt waren, kam ein Gewitter mit Donner und Blitz auf, und ein Wolkenbruch fiel zischend auf die Glut „wie die Tränen von Uloo“. So wurde das grüne Tal schwarz und verflucht und zu Sarunin, der Aschenstätte.
    Zuletzt erzählte der Harfner von dem großen Kummer der wenigen hinterbliebenen Tsatroys, wie die Geister Elbins Kinder, Teil und Geran, davontrugen und wie Elbin durch das ganze Land Torin wanderte. Er endete dramatisch: „Gedenkt des Opfers der Tsatroy-Anführer!“ und entfaltete vor den Augen aller den herrlichen Umhang, den seine eigene Familie gewebt hatte und der die Embleme des Feuer-Clans zeigte: über Seide wirbelnde Sonnen und Sterne.
    Jeder bewunderte die Geschichte und den Vortrag des Harfners, sowie die Begleitung von Scott Gale. Ich stand hinter dem Sessel des Abgesandten und hörte Scott Gale kichern, als er neben
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