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Das Fest des Ziegenbocks

Das Fest des Ziegenbocks

Titel: Das Fest des Ziegenbocks
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Cabral in das Mahagonihaus kam, um zu beweisen, daß Rafael Leónidas Trujillo Molina trotz seiner siebzig Jahre, trotz seiner Prostataprobleme, trotz der Kopfschmerzen, die ihm die Pfaffen, die Yankees, die Venezolaner, die überall lauernden Verschwörer bereiteten, noch immer ein ganzer Macho war, ein Ziegenbock mit einem Schwanz, der noch immer steif wurde und imstande war, sämtliche jungfräulichen Mösen zu zerreißen, die sich ihm anboten.
    »Trotz meiner mangelnden Erfahrung habe ich es gemerkt.« Ihre Tante, ihre Cousinen, ihre Nichte recken ihr die Köpfe entgegen, um ihr Flüstern zu verstehen. »Etwas war mit ihm, ich meine, da unten. Er konnte nicht. Gleich würde er wild werden, seine guten Manieren vergessen.« »Hör auf, dich totzustellen, meine Schöne«, hörte sie ihn befehlen, wie verwandelt. »Auf die Knie. Zwischen meine Beine. So. Du faßt ihn mit den Händen und in den Mund. Und du leckst ihn, so wie ich dein Möschen geleckt habe. Bis er aufwacht. Weh dir, wenn er nicht aufwacht, meine Schöne.«
    »Ich hab’s versucht, ich hab’s versucht. Trotz Panik, trotz Ekel. Ich habe alles gemacht. Mich hingehockt, ihn mir in den Mund gesteckt, ihn geküßt, ihn geleckt, bis es mich würgte. Weich, weich. Ich bat Gott, er möge steif werden.« »Es reicht, Urania, es reicht!« Tante Adelina weint nicht. Sie schaut sie entsetzt, ohne Mitleid an. Ihre Augenbrauen sind hochgezogen, das Weiß der Lederhaut hat sich geweitet; sie ist verkrampft, aufgewühlt. »Wozu, Urania. Mein Gott, es reicht!«
    »Aber ich schaffte es nicht«, fahrt Urania fort. »Er legte den Arm über die Augen. Er sagte nichts. Als er ihn wegnahm, haßte er mich.«
    Seine Augen waren gerötet, und in seinen Pupillen flackerte es gelb und fiebrig vor Wut und Scham. Er betrachtete sie ohne eine Spur der vorherigen Höflichkeit, mit kriegerischer Feindseligkeit, als hätte sie ihm einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt. »Du irrst dich, wenn du glaubst, daß du als Jungfrau hier rauskommst, um dich mit deinem Vater über mich lustig zu machen«, sagte er, jede Silbe betonend, mit dumpfem Zorn und überkippender Stimme.
    Er packte sie am Arm und zog sie neben sich. Mit Bewegungen seiner Beine und seines Rumpfes schob er sich auf sie. Diese Fleischmasse zerquetschte sie, drückte sie tief in die Matratze; sein Atem mit dem Geruch nach Cognac und Wut machte ihr Übelkeit. Sie fühlte, daß ihre Muskeln und Knochen zermalmt, zermahlen wurden. Aber das Gefühl, zu ersticken, verhinderte nicht, daß sie die Grobheit dieser Hand bemerkte, dieser Finger, die kundschafteten, bohrten, gewaltsam in sie eindrangen. Sie fühlte sich zerrissen, aufgeschlitzt; ein Blitz zuckte von ihrem Kopf zu ihren Füßen. Sie stöhnte; sie glaubte zu sterben.
    »Schrei nur, du Hündin, damit du es lernst«, höhnte die schrille, verletzte Stimme Seiner Exzellenz. »Jetzt mach die Beine breit. Ich will sehen, ob es wirklich zerrissen ist und du mir mit deinem Geschrei nichts vormachst.« »Das war es. Ich hatte Blut an den Beinen; es befleckte ihn, die Decke und das Bett.«
    »Es reicht, es reicht! Wozu noch mehr, Urania.« Ihre Tante stöhnt auf. »Komm her, wir wollen uns bekreuzigen, wir wollen beten. Bei dem, was du am meisten liebst. Glaubst du an Gott? An die Jungfrau von Altagracia, die Schutzherrin der Dominikaner? Deine Mutter hat so an sie geglaubt, Uranita. Ich erinnere mich noch, wie sie sich jeden 21. Januar für die Pilgerreise zur Basilika in Higuey vorbereitete. Du bist voller Groll und Haß. Das ist nicht gut. Auch wenn dir das widerfahren ist. Laß uns beten.« »Und dann«, sagt Urania, ohne ihr Beachtung zu schenken, »streckte Seine Exzellenz sich wieder auf dem Rücken aus und verdeckte seine Augen. Er blieb still liegen, ganz still. Er schlief nicht. Ihm entfuhr ein Schluchzen. Er begann zu weinen.« »Zu weinen?« ruft Lucindita.
    Ein plötzliches Gezeter antwortet ihr. Die fünf wenden die Köpfe: Samson ist aufgewacht und verkündet es mit lautem Geschwätz.
    »Nicht wegen mir«, erklärt Urania. »Wegen seiner geschwollenen Prostata, wegen seines toten Schwanzes, weil er es den Jungfrauen mit den Fingern besorgen muß, wie es Petán so gern tat.«
    »Mein Gott, Urania, bei allem, was dir lieb ist«, bittet ihre Tante Adelina, während sie sich bekreuzigt. »Es ist gut.« Urania streicht über die runzlige, gefleckte kleine Faust der alten Frau.
    »Es sind schreckliche Wörter, ich weiß, Dinge, die ich nicht sagen sollte,
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