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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer
Autoren: Carter Brown
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gehen und Lavers ’
ungeduldige Fragen, weshalb ich Irving bis jetzt noch nicht gefunden hatte, zu
beantworten. Solange ich außer Sichtweite war, würde er annehmen, ich suchte
noch immer, und das war mir gerade recht.
    Ich rief vor dem Lunch in
Angels Wohnung an, aber niemand kam an den Apparat. Während des langen, müßig
verbrachten Nachmittags versuchte ich es noch drei-, viermal, aber ebenfalls
ohne Erfolg. Ich dachte, heute müßte der große Tag für Unterwäschemannequins
sein, aber es war kein Trost. Gegen halb sechs rief ich aus einer Bar in der
Nähe ihrer Wohnung an, und da kam sie schließlich ans Telefon.
    »Hallo, Angel!« sagte ich
munter.
    »Hallo!« Der vertraute heisere
Unterton war wieder in ihrer Stimme. »Wer spricht denn dort?«
    »Al Wheeler.«
    »Ah!« Die Stimme klang ein
wenig wärmer. »Wie geht’s Ihnen denn?«
    »Großartig«, sagte ich. »Haben
Sie die Sache mit den Kramers gehört?«
    »Ich habe es gerade gelesen«,
sagte sie mit düsterer Stimme. »Das ist entsetzlich — armer Mitch! Und arme
Sally!«
    »Wollen Sie Einzelheiten hören,
die nicht in den Zeitungen stehen?« fragte ich erwartungsvoll. »Ich sitze gerade
in einer Bar ganz in Ihrer Nähe und vertrödle meine Zeit.«
    »Ich würde gern alles hören,
Al.« Sie lachte verlegen. »Ich habe die reine Gespensterstimme, das höre ich
sogar selber. Aber kommen Sie doch herüber — hier wartet etwas zu trinken auf
Sie.«
    »Das klingt ja großartig«,
sagte ich. »Ich bin in fünf Minuten bei Ihnen.«
    Ich brauchte ein wenig länger
dazu, aber nicht viel; und dann öffnete Angel die Tür; und plötzlich schien es
mir, als sei eine verteufelt lange Zeit verstrichen, seit ich dieses quälend
herausfordernde Gesicht und die spöttischen blauen Augen, die eine Spur zu groß
waren, zuletzt gesehen hatte. Ihre ein wenig zu vollen Lippen waren zu einem
Begrüßungslächeln geöffnet.
    »Mein Haus ist Ihr Haus«, sagte
sie mit ihrer heiseren Stimme. »Kommen Sie herein. Wir können sogar den
>Schinken-und-Ei-Ritus< wiederholen, wenn Sie wollen.«
    Sie trug ein goldenes
Seidenhemd mit hochgeschlossenem Kragen und orangefarbene Samthosen, die mehr
als eng anlagen . Sie hatte etwas Strahlendes, so etwa wie ein neues, soeben durch Atomexplosion entstandenes
Weltall.
    »Sie sehen grandios aus,
Angel«, sagte ich mit offener Bewunderung. »Als ob Ihnen eben ein großes Glück
widerfahren wäre.«
    »Wagen Sie nur nicht, mir
gegenüber von großem Glück zu sprechen, Sie Rohling«, sagte sie gut gelaunt,
ihr Samthinterteil sachte massierend. »Erst seit heute
morgen kann ich wieder sitzen.«
    Ich ließ mich vorsichtig auf
der nervös wirkenden Couch nieder, während sie die Gläser brachte und sich
tatsächlich neben mich setzte.
    »Danke.« Ich nahm ihr das Glas
aus der Hand. »Macht es Sie nicht nervös, so nahe bei einem Mann zu sitzen,
Angel? Sie könnten dabei Ihre glitzernden kleinen Flügel versengen.«
    »Nur so weiter, mein Junge«,
sagte sie obenhin, »und Sie werden nicht einmal die Zeit finden, Ihr Glas zu
leeren — von Schinken und Ei ganz abgesehen.«
    Ich blickte sie unentwegt
weiter an, ich konnte nicht anders — sie hatte eine Ausstrahlung, einen neuen
Glanz, der sie noch hinreißender erscheinen ließ als zuvor. Die Art, wie sich
ihr voller Busen gegen das goldene Seidenhemd preßte, war irgendwie noch
erregender — als ob ihre ausgeprägte Weiblichkeit endlich doch die letzten
hemmenden Schranken überwunden hätte — aber vielleicht war ich auch nur im
Begriff, meinen Verstand zu verlieren.
    »Na und?« sagte Angel
ungeduldig. »Erzählen Sie!«
    »Was?« Ich hob zögernd die
Augen und blickte in ihr angeregtes Gesicht. »Ach so — Sie wollen wissen, was gestern nacht im Kramerschen Haus
passiert ist?«
    »Was sonst?« Sie seufzte
schwer. »Ich hätte mich gleich wieder an Ihre Glupschaugen erinnern sollen,
Herzchen! Nun konzentrieren Sie sich mal auf die Tatsachen und lassen Sie Ihre
Phantasievorstellungen beiseite!«
    Ich ließ mir einen Augenblick
lang Zeit, um eine Zigarette anzuzünden. »Es war eben doch nicht wahr«, sagte
ich gleichmütig.
    »Was?«
    »Daß Sally Kramer und Irving
die Zeitbombe im Flugzeug versteckt haben«, sagte ich. »Und daß Sally den
Versuch unternommen hat, ihren Mann umzubringen.«
    »Al!« Ihre dunkelblauen Augen
waren plötzlich riesenhaft geworden, während sie mich anstarrte. »Wissen Sie,
was Sie da sagen?«
    »Das ist eine vertrauliche
Mitteilung«, sagte ich nüchtern. »Ich
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