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Das falsche Opfer

Das falsche Opfer

Titel: Das falsche Opfer
Autoren: Carter Brown
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bewegten sich unter seinem enganliegenden Trikothemd, als er näher
kam.
    »He,
ihr Burschen!« gab er mit stierähnlichem Gebrüll von sich. »Da fuhr zwanzig
Kilometer weiter hinten auf der Straße irgend so ein Knilch in einem dieser
ausländischen Angeber-Sportwagen, als ob ihm das ganze Land gehörte. Dem bin
ich vielleicht vor die Schnauze gebrummt!« Er warf den Kopf zurück und brüllte
vor Lachen. »Meine Räder waren nur noch ’nen halben Meter von seinem Dach
entfernt — ihr hättet sehen sollen, wie der die Notbremse gezogen hat!«
Hemmungsloses Gelächter hinderte ihn ein paar Sekunden lang daran, ein
zusammenhängendes Wort herauszubringen. »Gerade fährt er noch wie der Kaiser
von China persönlich die Straße entlang«, gurgelte er, »und da kommt auch schon
mit Kriegsgeheul MacGregor , und gleich darauf liegt
der Knilch nebst Wagen im Graben!«
    Es
dauerte eine Weile, bis der auffallende Mangel an jeglichem Mitlachen in sein Bewußtsein drang. Schließlich hörte er auf zu gurgeln und
glotzte den mit steinernem Gesicht dastehenden übrigen Teil der Gesellschaft
an.
    »Was
zum Teufel ist denn mit euch Burschen los?« fragte er schwerfällig. »Ist das
hier ’ne Beerdigung oder sowas ?«
    »Mr. MacGregor «, sagte ich mit äußerster Höflichkeit, »darf ich
mich Ihnen vielleicht vorstellen? Ich bin Lieutenant Wheeler vom Büro des Countysheriffs und zugleich der Knilch, den Sie vor einer
kleinen Weile von der Straße heruntergejagt haben.«
    Wenn
erstarrtes Entsetzen verkäuflich wäre, so hätte MacGregor ein wahres Millionenvermögen in seinem Gesicht herumgetragen. Sein Mund öffnete
und schloß sich mehrere Male, was ihm eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit einem
am Strand angeschwemmten Haifisch verlieh, aber es kam kein Wort heraus.
    » Stu «, sagte Kramer mit erstickter Stimme, »willst du nicht
für uns einen Kursus über das Thema >Wie man Freunde gewinnt< abhalten,
wenn du wieder aus dem Countygefängnis entlassen bist
— sofern das je der Fall sein wird? Oh, Mann! Du und dein Riesenmaul!«
    MacGregors Gesicht war ziegelrot geworden. »Lieutenant«, sagte
er schwach, »woher sollte ich wissen, daß dieser Knilch — ich meine der Fahrer
— ein Polizeibeamter war?«
    »Wäre
es Ihnen lieber gewesen, es hätte sich um irgendeine kleine alte Dame mit einem
schwachen Herzen gehandelt?« fragte ich bissig.
    Sein
Gesicht wurde noch um einige Schattierungen dunkler, während er verzweifelt
bemüht war, sich eine Antwort einfallen zu lassen. Das Schweigen wurde
schließlich von der blonden Frau unterbrochen, die neben der rothaarigen Sally
Kramer stand und sich leise räusperte. Ich betrachtete sie zum erstenmal genau und wurde mir bewußt, daß ich etwas falsch
gemacht hatte — ich hätte sie früher ansehen sollen, viel früher.
    Ihr
weizenblondes Haar bildete einen zerzausten Rahmen um das aufregendste
Frauengesicht, das ich je in meinem Leben erblickt hatte. Sie war nicht
eigentlich schön — dazu wirkte sie zu vital. Im einzelnen gesehen, waren ihre Augen zu groß, die Lippen zu voll, die Höhlungen unter den
Backenknochen zu tief. Aber alles zusammen ergab ein beunruhigend
herausforderndes Gesicht.
    Sie
trug einen engen schwarzen Pullover, der schamlos die Konturen ihres vollen
Busens betonte, und eine bunte Lastexhose, die dieselben Dienste bei ihren
runden Hüften und den festen, schlanken Oberschenkeln leistete. Vorsichtig
geschätzt, hielt ich sie für eine mindestens hundertfünfprozentige Frau und
überlegte beglückt, daß sie genau mein Fall war.
    » Stu ist mit seinen Elefantenfüßen ins Fettnäpfchen
getreten«, sagte sie leichthin. Ihre Stimme hatte einen angenehm heiseren
Unterton. »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Lieutenant. Wie wäre es, wenn Stu still stehenbliebe und Sie ihm eins auf die Nase gäben
— würden Sie sich dann wohler fühlen?«
    »He,
Angel!« prostestierte MacGregor entrüstet. »Willst du, daß ich mit eingeschlagener Nase herumlaufe?«
    »Immer
noch besser als zwei Monate im Gefängnis«, sagte sie gleichmütig. Dann blickte
sie mich an, und ihre dunklen lapislazuliblauen Augen
blitzten amüsiert. »Was meinen Sie, Lieutenant? Ich appelliere an Ihren
sportlichen Instinkt.«
    »Sportlichen
Instinkt!« MacGregor erstickte fast. »Das klingt mehr
nach einer Variation der alten römischen Spiele in der Arena — Märtyrer gegen
Löwen!«
    »Das
ist Stus Angelegenheit«, sagte der intellektuell
aussehende Red Hoffner ungeduldig. »Es ist seine Sache,
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