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Das Exil Der Königin: Roman

Das Exil Der Königin: Roman

Titel: Das Exil Der Königin: Roman
Autoren: Cinda Williams Chima
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zu ihm hin; sein kupferfarbenes Gesicht war vor Besorgnis angespannt, und seine Haare wanden sich im Wind wie Schlangen aus Perlen. »Du wirkst irgendwie, als wärst du verhext.«
    »Es geht mir gut«, sagte Han. »Aber ich würde gern endlich diesen Wind hinter mir lassen.« Selbst bei schönem Wetter fegte der Wind ständig mit lautem Getöse durch diesen Pass. Jetzt, gegen Ende des Sommers, trug er bereits die Schärfe des Winters mit sich.
    »Bis zur Grenze kann es nicht mehr weit sein«, antwortete Dancer. Der Wind entriss ihm die Worte, kaum dass er sie ausgesprochen hatte. »Wenn wir sie erst überquert haben, ist es nicht mehr weit bis nach Delphi. Vielleicht können wir schon heute Nacht unter einem richtigen Dach schlafen.«
    Han und Dancer hatten sich als Clan-Händler verkleidet und einige Packpferde voller Waren mitgenommen. Die Kleidung der Clans bot ihnen einigen Schutz, wie auch die Langbögen, die über ihren Rücken hingen. Die meisten Diebe waren klug genug, sich nicht mit Angehörigen der Spirit Clans auf deren eigenem Boden anzulegen. Wenn sie erst in Arden waren, würde es gefährlicher für sie beide werden.
    Während sie zur Grenze abstiegen, schienen die Jahreszeiten rückwärts zu laufen, und aus dem frühen Winter wurde wieder Herbst. Als sie die Baumgrenze erreichten, schlossen sich zuerst buschige Kiefern und dann Espen um sie, sodass sie vor dem Wind etwas geschützt waren. Der Berghang wurde allmählich sanfter, der Boden weicher. Hier und da waren jetzt kleine Gehöfte mit gemütlichen Bauernhäuschen zu sehen, und auf den Weiden standen kräftige Bergschafe mit langen, gedrehten Hörnern.
    Doch noch etwas weiter unter waren die Zeichen des im Süden schwelenden Kriegs unverkennbar. Beiderseits der Straße lagen halb verborgen zwischen dem Unkraut leere Satteltaschen und Uniformteile von fliehenden Soldaten, verschiedene Gegenstände, die man liegen gelassen hatte, weil es zu schwer gewesen wäre, sie bergauf zu schleppen.
    Han fand eine schlichte Puppe in einem matschigen Graben. Er zügelte sein Pony und wollte schon absteigen und sie mitnehmen, um sie zu säubern und seiner kleinen Schwester mitzubringen. Dann fiel ihm wieder ein, dass Mari tot war und keine Puppen mehr brauchte.
    Das war seine Trauer. Sie verklang allmählich zu einem dumpfen Schmerz, bis ihn irgendein einfacher Anblick, ein Geräusch oder ein Geruch mit der Wucht eines Hammerschlags traf.
    Sie kamen an einigen Gehöften vorbei, die in Brand gesteckt worden waren; ihre steinernen Kamine ragten in die Höhe wie Kopfsteine zerstörter Gräber. Dann stießen sie auf ein Dorf, das komplett bis auf die Grundmauern abgebrannt war und nur noch die skelettartigen Überreste eines Tempels und eines Rathauses aufwies.
    Han sah Dancer an. »Waren das Flatlander?«
    Dancer nickte. »Oder einzelne Söldner. Es gibt an der Grenze zwar eine Festung, aber die Soldaten dort patrouillieren nicht gerade aufmerksam. Und die Demonai-Krieger können nicht überall sein. Der Magierrat weist darauf hin, dass Magier die Lücke auffüllen könnten , es aber nicht tun dürften und auch nicht die richtigen Werkzeuge hätten, woran die Clans schuld wären.« Er verdrehte die Augen. »Als ob sich in diese raue Wildnis Magier verirren würden, selbst wenn sie hier oben sein dürften.«
    »Oh«, sagte Han. »Pass bloß auf. Auch wir sind ganz furchtbar wilde Magier.«
    Der doppelte Witz brachte sie beide zum Lachen. Es verband sie eine Art Galgenhumor über ihre missliche Lage. Es war schwer, sich nicht mehr über die Arroganz der Magier zu belustigen, wie sie es gewohnt gewesen waren – mit jenen Witzen, die die Machtlosen über die Mächtigen rissen.
    Sie erreichten eine Stelle, an der sich Pfade aus dem Osten und Westen kreuzten und allesamt in den Pass mündeten. Der Verkehr wurde dichter und zäh wie geschlagene Sahne. Reisende schoben sich vorbei in Richtung Marisa Pines und vermutlich auch nach Fellsmarch. Männer, Frauen, Kinder, Familien, Einzelne und Gruppen, die durch Zufall zusammengeführt worden waren oder sich zusammengetan hatten, um mehr Schutz zu finden.
    Die mit Bündeln und Taschen beladenen Flüchtlinge waren ausgemergelt und schweigsam – sogar die Kinder erweckten den Eindruck, als würde es sie ihre letzte Kraft kosten, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Erwachsene und Jünglinge hielten Knüppel, Stöcke und andere behelfsmäßige Werkzeuge in den Händen. Einige waren verwundet, und blutverschmierte
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