Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen
Autoren: William Horwood
Vom Netzwerk:
ihm.
    Eine Eigenschaft Storts freilich, die vielleicht wichtigste, machte seine vielen Schwächen wett.
    Trotz der Risiken, die er einging, und trotz der Fehler, die ihm unterliefen, bewies er doch in allem, was er tat, großen Mut und kam – wie seine Freunde Zweiflern gegenüber betonten – stets unversehrt wieder nach Hause, klüger als zuvor und um eine Entdeckung reicher, die, sei sie nun materieller oder geistiger Art, den Hydden immer einen Nutzen brachte.
    Als an diesem letzten Aprilabend die Dämmerung anbrach, musste Stort in aller Nüchternheit feststellen, dass er das Westtor von Brum nicht vor den frühen Morgenstunden erreichen würde. Daher blieb er stehen, nachdem er den Beacon Hill, die vorletzte Erhebung auf der Pilgerstraße, erklommen hatte, und sann über seine Lage nach.
    Von seinem erhöhten Standort sah er zu seiner Linken den Waseley Hill, direkt vor sich Brum und zu seiner Rechten einen riesigen und wunderschön glitzernden Lichterteppich, der sich weit in die heraufziehende Nacht erstreckte.
    Jeder vernünftige Reisende hätte sofort begriffen, dass es das Beste wäre, unverzüglich ein Lager aufzuschlagen, vorzugsweise eines, das gut getarnt war, um dann schleunigst in einen Biwaksack zu kriechen, die Augen zu schließen, sich die Ohren zu verstopfen und regungslos auszuharren, bis der erste Maitag anbrach. So überlebte auf Hyddenart einen Jahreszeitenwechsel, wer allein im Freien von der Dunkelheit überrascht wurde.
    War das nicht möglich, hätte die zweitbeste Lösung für Stort darin bestanden, den schweren Rucksack im dichten Unterholz zu verstecken, um ihn später zu holen, dann den Hügel in einem Bogen zu umgehen und im Vertrauen darauf, dass die Wächter ihm schon öffnen würden, wenn er nur nachdrücklich genug gegen das Tor hämmerte, nach Brum zu flitzen.
    Keine ideale Lösung, aber weit besser als das, was Bedwyn Stort tatsächlich tat. Das war nämlich das Irrwitzigste, worauf ein Hydden in seiner Lage verfallen konnte: Er machte sich auf den Weg zum dunklen Waseley Hill.
    Die Gründe, die ihn zu dieser bestürzenden Handlungsweise veranlassten, waren nicht einfach und wurzelten in der Geschichte.
    Die meisten Pilger, die zum Waseley Hill reisen, suchen als Erstes die Quelle des River Rea auf und trinken von ihrem kühlen, reinen Wasser. Nach diesem Ritual widmen sie sich eine Weile dem Gedenken an Beornamund, den Gründer Brums, Schöpfer von Artefakten der Macht und der Schönheit und wahrscheinlich der bedeutendste CraftLord, der jemals gelebt hat.
    Wenige zweifeln daran, dass irgendwo an den Ufern des Rea, möglicherweise sogar ganz in der Nähe der Quelle, seine Schmiede gestanden hat. Das Fauchen seines Schmelzofens und das Klirren seines Hammers dürften häufig zu hören gewesen sein, wenn er für die Könige und Herren Mercias Edelmetall geschmiedet hatte.
    An den Ufern des Rea hatte Beornamund auch seine Imbolc kennengelernt, deren Name in der alten Sprache Frühling bedeutet,und sich in sie verliebt. Doch als sie in einer Flutwelle auf dem Hügel ertrank – ein in der Tat merkwürdiges, den Gesetzen der Natur widersprechendes Ereignis –, gab der CraftLord den Göttern die Schuld.
    Jeder Hydden weiß, was als Nächstes geschah. Beornamund fertigte aus Edelmetallen und Kristall eine Kugel von solcher Vollkommenheit, dass sie, als er sie zornig in den Himmel über dem Waseley Hill schleuderte, um die Götter herauszufordern, die Feuer des Universums und alle Farben der Jahreszeiten stahl.
    Die Götter dachten, alles werde wieder gut, wenn sie die Kugel auf die Erde zurückfallen und zerspringen ließen. Sie hatten vergessen, dass das Universum ein Ganzes ist und dass, wenn nur ein kleiner Teil seiner Vollkommenheit zerstört und beschmutzt wird, alles in Gefahr gerät.
    Zum Glück blieben vier Fragmente der Kugel erhalten, kleine Edelsteine, von denen jeder die Feuer des Lebens und das Wesen einer Jahreszeit barg: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
    Der große Beornamund ahnte ihre Bedeutung sofort und erkannte, welche Gefahr und welches Unheil er heraufbeschworen hatte. Er fand alle Bruchstücke bis auf den Frühling, sosehr er auch nach ihm suchte. Schließlich schmiedete er eine Anhängerscheibe mit vier Fassungen, von denen eine leer bleiben sollte bis zu dem Tag, an dem der Frühling gefunden wurde. Bei seinem Tod, so heißt es, soll das weiße Pferd Imbolcs Geistgestalt zu Beornamund getragen haben. Als Lohn für seine Dienste als CraftLord empfing er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher