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Das erste der sieben Siegel

Titel: Das erste der sieben Siegel
Autoren: Case John F.
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eine Kanone? Ich hab doch keine Kanone.« Und das sollte noch nicht mal ein Witz sein. Ich meine, der Typ lebt im vorigen Jahrhundert.
    Trotzdem … was, wenn die Nadel abbrach oder die Frau anfing zu schreien? Dann würde das Chaos ausbrechen, und zwar schnell. Wie mit Riff – als sie noch klein war und er von einem Auto überfahren wurde und ihr Vater ihn mit seiner .22er von seinem Leiden erlösen wollte, aber vor lauter Nervosität das Herz nicht finden konnte. Und einfach immer weiter drauflosschoss.
    Falls das passierte oder irgendwas in der Art, dann wäre alles voller Blut – und sie alle auch. Und eigentlich, nach dem Gesetz, war das, was sie vorhatten, Mord. Und für jemanden wie sie, mit ihrer katholischen Erziehung, auch wenn sie längst nicht mehr in der Kirche war, konnte es nichts Schlimmeres geben.
    Denn Töten war unrecht. Das wusste sie. Ohne Wenn und Aber. Jemanden zu töten war unrecht –
    Es sei denn …
    Es sei denn, man war Soldat. Und genau das waren sie – sie und Tommy und Vaughn und der Franzose im Laderaum. Sie waren Soldaten. Sogar Ritter. Genau wie bei den Kreuzzügen.
    Susannah dachte über diesen Geheimen Krieg nach, Solanges Krieg, ihren Krieg, als der Blinker anfing zu ticken und der Transporter in eine zweispurige Landstraße einbog und ein Rudel Rehe aufschreckte, die am Straßenrand ästen.
    Der verbeulte U-Haul-Transporter vibrierte und schaukelte hin und her, als er über die holprige Straße klapperte, an jedem Briefkasten langsamer wurde, dann wieder beschleunigte, wieder langsamer wurde, während der Fahrer die richtige Adresse suchte. Schließlich hielt der Wagen neben einem verrosteten Briefkasten mit der Aufschrift: BERGMAN
    Eine ganze Weile starrte Tommy auf die silbrigen, aufgeklebten Buchstaben und murmelte etwas vor sich hin. Dann schaltete er die Scheinwerfer aus, setzte ein Stück zurück, legte den Vorwärtsgang ein und fuhr mit angehaltenem Atem in die lange Einfahrt.
    Susannah rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her und holte tief Luft. Beim Ausatmen machte sie ein stotterndes Geräusch, befeuchtete sich dann mit der Zunge die Lippen.
    Langsam fuhr der Wagen knirschend über den Kies und näherte sich der Veranda eines weißen Farmhauses. Kurz davor, unter dem Schattendach einer Kastanie, stellte Tommy den Motor ab, die Beifahrertür ging auf, und Susannah stieg aus.
    Sie war auffallend hübsch, jung und schwanger, mit großen braunen Augen und aschblondem Haar. Sie trug ein gelbes Sommerkleid unter einer abgetragenen grauen Strickjacke, die viel zu groß war und ihrem Vater gehört haben könnte. Sie warf dem Fahrer einen Blick zu, der besagte Auf geht’s, atmete einmal tief durch und stieg die Treppe zur Veranda hoch, wobei sie kurz die Töpfe mit Chrysanthemen auf beiden Seiten in Augenschein nahm.
    Oben angekommen zögerte sie, von einem jähen Übelkeits- und Schwindelgefühl übermannt. Einen Augenblick lang zauderte sie vor der Tür. Schließlich klopfte sie – ganz leise, insgeheim hoffend, dass niemand zu Hause war.
    Zunächst öffnete niemand, aber sie konnte von drinnen den Fernseher hören, und so klopfte sie erneut. Diesmal lauter. Und dann noch einmal, schlug beinahe gegen die Fliegentür.
    Schließlich flog die Innentür auf, und eine Frau in den Fünfzigern spähte durch die verriegelte Fliegentür. »Ja?«, sagte sie fragend.
    »Hi!«, erwiderte Susannah, die verlegen und schön zugleich aussah.
    Martha Bergmans Blick richtete sich auf den schwangeren Bauch, wanderte dann zu dem U-Haul-Transporter, wo ein drahtiger junger Mann (der Mann der jungen Frau, so vermutete sie) ihr kurz zuwinkte. Der Wagen war an der Seite mit einer Señorita bemalt, einer spanischen Dame, die verschämt über den Rand ihres Fächers lugte. Die Firma U-Haul war dafür bekannt, dass sie ihre Wagen mit Szenen bemalte, die einen Hinweis darauf gaben, aus welcher Gegend sie kamen: Cowboys und Hummer und Wolkenkratzer. Martha folgerte, dass dieser Wagen aus New Mexico kam oder von irgendwo im Südwesten.
    »Kann ich ihnen helfen?«, fragte Martha.
    »Das hoffe ich«, erwiderte Susannah, während sie das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte. »Wir haben uns total verfahren.«
    Marthas Gesichtszüge entspannten sich. »Wohin wollen Sie denn?«
    Die junge Frau schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln. »Das ist das Problem. Wir haben den Zettel mit der Hausnummer verloren. Aber ich weiß, es ist eins von den Häusern hier – eins von den
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