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Das Erbe in den Highlands

Titel: Das Erbe in den Highlands
Autoren: Lynn Kurland
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nicht so ungewöhnlich gewirkt, aber Kendrick of Artane war kein gewöhnlicher Mann. Nein, das war er ganz und gar nicht.
    Er war ein Gespenst.

3
    Genevieve war, offen gestanden, überwältigt. Bereits seit einer Viertelstunde befanden sie sich auf dem Gelände, bevor sie die Burg überhaupt sah. Als sie schließlich in der Ferne auftauchte, musste sich Genevieve zusammenreißen, um nicht auf Mr McShanes Beifahrersitz auf und ab zu hopsen. Ihre Erwartungen wurden bei Weitem übertroffen!
    Hätte sie es nicht besser gewusst, wäre sie fest davon überzeugt gewesen, auf dem Weg nach Camelot zu sein. Eine äußere Mauer mit Türmen, Zinnen und Zugbrücke umschloss eine höhere, innere Mauer. Die Burg selbst ragte finster und abweisend auf. Im Gegensatz dazu wehte auf der Spitze des Bergfrieds eine schwarz-silberne Fahne fröhlich im Wind. Beinahe hätte Genevieve erwartet, eine Schar Ritter zu Pferde auf sie zupreschen zu sehen, die zu wissen verlangten, wer es wagte, auf Seakirks Grund einzudringen. Seakirk. Schon bei dem Namen musste sie lächeln.
    Die Zugbrücke wurde herabgelassen, als sie sich der ersten Mauer näherten. Keine Menschenseele war zu sehen. Genevieve glaubte zwar nicht an Gespenster, doch der Mangel an Personal machte sie dennoch etwas nervös.
    »Bedienstete gibt es hier schon, oder?« fragte sie beiläufig.
    Bryan schluckte. »Selbstverständlich, Miss Buchanan. Verzeihung, Lady Buchanan.«
    »Oh, ich fürchte, ich habe nicht das Recht, diesen Titel zu tragen.«
    »Ich versichere Ihnen, meine Nachforschungen waren äußerst gründlich. Sie sind die letzte lebende direkte Nachfahrin von Richard of Seakirk, einem Earl aus dem drei-
    zehnten Jahrhundert. Sie haben jedes Recht, den Titel zu beanspruchen, sowie alles, was damit verbunden ist.«
    Alles, was damit verbunden ist ?Wieso klang das so ominös?
    Genevieve schob diesen albernen Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf das, was um sie herum geschah. Nachdem die Zugbrücke herabgelassen war, wurde ein eisernes Gitter hochgezogen, und sie fuhren über die Brücke und unter dem ehemaligen Torhaus hindurch. Vorwerk, rief sich Genevieve ins Gedächtnis. Konnte nicht schaden, sich den richtigen Jargon anzugewöhnen. Der Durchgang führte auf eine große, von der inneren Mauer umgebene Freifläche.
    Sie kamen zu einem weiteren Torhaus, und wieder wurde ein eisernes Gitter hochgezogen.
    »Fallgatter«, erläuterte Bryan.
    »Ich weiß«, erwiderte sie, und ihre Augen hatten bereits den Burghof erspäht, der am Ende der dicken Mauern des Durchgangs zu sehen war. »Ich kenne mich in mittelalterlicher Architektur ein wenig aus«, erklärte sie bescheiden. Was natürlich eine Untertreibung war, doch Prahlerei war nicht angebracht. Mr McShane machte den Eindruck, als würde er jeden Moment zusammenbrechen und losflennen; durch einen Schlag gegen sein Ego hätte er möglicherweise den Verstand verloren.
    Die Burg war eine Mischung aus dem Besten, was mittelalterliche Baukunst je hervorgebracht hatte. Das Hauptgebäude war immerhin vier Stockwerke hoch, mit Rundtürmen an jeder Ecke. In den unteren zwei Stockwerken gab es nur wenige Fenster, was die oberen aber mehr als wettmachten. Genevieve konnte kaum erwarten, die Erker hinter den Facettenfenstern in Augenschein zu nehmen.
    Zu ihrer Rechten lag ein Garten mit den letzten Sommerblumen unter zahlreichen hohen Bäumen. Er wirkte allerdings etwas verwildert, und Genevieve hätte am liebsten sofort Hand angelegt.
    Der Burghof war mit offensichtlich sehr alten, aber bestens gepflegten elfenbeinfarbenen Steinplatten gepflastert. Ganz benommen stieg Genevieve aus dem Wagen und erschauderte bei dem Gedanken, was sie da beinahe ausgeschlagen hätte. Das gesamte Anwesen war in ausgezeichnetem Zustand, und es gehörte ihr. Unfassbar. Sie musste sich gewaltig zusammenreißen, um nicht aus dem Auto zu springen und auf den Eingangsstufen einen kleinen Freudentanz aufzuführen.
    Noch bevor der Wagen richtig angehalten hatte, war Bryan schon dabei, Genevieves Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Er stellte ihre beiden Reisetaschen auf den breiten Stufen ab, die zur Halle führten.
    »Alles Gute«, sagte er und sprang in den Wagen.
    »Aber ...«
    Er winkte und fuhr eilig davon.
    Genevieve schaute ihm von der Treppe aus mit recht unbehaglichen Gefühlen nach. Ähnlich denen, die sie empfunden hatte, als ihre Mutter sie zum ersten Mal im Kindergarten ablieferte, doch das hier war viel schlimmer. Wenn nun niemand zu Hause
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