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Das Erbe in den Highlands

Titel: Das Erbe in den Highlands
Autoren: Lynn Kurland
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Himmelbett hatte Vorhänge zum Zuziehen. Die Gobelins im Erdgeschoss mochten Kopien sein, die Vorhänge rund ums Bett sicher nicht. Sogar aus der Entfernung erkannte sie, dass der Stoff außerordentlich alt, jedoch in erstaunlich gutem Zustand war. Alles in allem fühlte sich Genevieve hunderte von Jahren zurückversetzt.
    »Wunderschön«, hauchte sie.
    »Aber Mylady, hier ist’s sehr zugig«, wandte Worthington ein. »Sie werden sich verkühlen.«
    »Das Kaminfeuer wird absolut ausreichen«, erwiderte sie. »Worthington, das Zimmer ist perfekt.« Sie schenkte dem Haushofmeister ein strahlendes Lächeln, ihre vorherige Verärgerung über ihn war vergessen. »Das haben Sie mit Absicht getan, nicht wahr? Wahrscheinlich hätte mir dieses Zimmer nicht so gefallen, wenn Sie mir vorher nicht die anderen Abscheulichkeiten vorgeführt hätten. Vielen Dank.« Voller Dankbarkeit drückte sie seine Hand, ergriff ihre Reisetaschen und machte ihm die Tür vor der Nase zu.
    Sie drehte sich um und lehnte sich gegen die Tür. Das Zimmer war ein Traum. Und es war ihres.
    Hätte sie noch Tränen übrig gehabt, sie hätte sie vergossen, doch es wären Freudentränen gewesen. Dieses Schlafzimmer und diese wunderbare, märchenhafte Burg waren jeden einzelnen sorgenvollen Moment wert, den sie in den vergangenen drei Monaten durchlitten hatte.
    Und mehr als das.
    Sie war zu Hause.
    Worthington wollte nur noch eines: hinunterlaufen, sich im Weinkeller verkriechen und sich bis zur Bewusstlosigkeit betrinken. Leider würde das nichts nützen. Seiner Lordschaft musste Bericht erstattet werden, und das bald, ehe er selbst die Wahrheit herausfand.
    Tief seufzend ging er den Korridor zurück. Nie waren ihm die Stufen zum zweiten Stock so steil und und so zahlreich vorgekommen. Er schleppte sich durch den Flur zu Lord Seakirks Arbeitszimmer, blieb stehen und klopfte kurz.
    »Herein, und zwar schnell«, brüllte Kendrick.
    Worthington seufzte und richtete einen beschwörenden Blick himmelwärts, bevor er den Raum betrat. Kendrick ging im Zimmer auf und ab, die Hände im Rücken verschränkt.
    »Nun?«, fragte er ungeduldig. »Welchen Raum hat sie gewählt, alter Mann? Hoffentlich den blauen. Ich wollte schon immer mal eine Frau in einem blauen Zimmer zu Tode erschrecken.«
    »Mitnichten, Mylord, nicht den blauen.«
    Kendrick verschränkte die Arme vor der Brust und lä-chelte grimmig. »Dann sag mir, dass sie den gelben Flitterkramraum genommen hat. Lady Emily hat sich vor ihrem unzeitigen Ableben solche Mühe mit diesem Zimmer gegeben.«
    Worthington konnte den Seufzer nicht unterdrücken. »Mein Lord Kendrick, ich meine, Ihr solltet es Euch noch einmal überlegen.«
    Missvergnügt runzelte Kendrick die Stirn. »Diese letzte der Buchanans loszuwerden ist meine einzige Hoffnung, wie du nur zu gut weißt.«
    »Sie ist nicht wie die anderen.«
    »Sie ist eine Buchanan. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
    »Sie hat Mut.«
    »Und wahrscheinlich sieht sie aus wie Matilda.«
    Worthington schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Sie hat dunkle Haare und das schönste Paar haselnussbrauner Augen, das ich je sah. Sie ist gewiss keine Frau, die Ihr umbringen wolltet, abgesehen davon, dass Ihr das in der Vergangenheit auch nie geschafft habt.«
    Kendricks grimmige Miene verfinsterte sich beträchtlich. »Ich sehe, sie hat schon begonnen, dich in ihren Bann zu ziehen.« Er schritt zum Fenster und sah hinaus. »Alle Buchanan-Frauen waren Hexen, angefangen bei der ersten Hexe, die ich fast geheiratet hätte. Es mag durchaus sein, dass ein Mord nicht vonnöten ist, doch ich werde von ihr bekommen, was ich will.« Er drehte sich um und richtete einen frostigen Blick auf Worthington. »Nun sprich, welches der fünf Zimmer hat sie gewählt? Mir steht der Sinn heute nicht mehr nach Rätseln.«
    Worthington sah ein, dass weitere Argumente vergebens waren. Wenn es um Matilda oder eine ihrer glücklosen Nachfahrinnen ging, war Kendrick für jegliche Vernunftgründe unzugänglich. Worthington hatte schon vor Langem aufgegeben, seinen Herrn ändern zu wollen. Weder sein Vater hatte es geschafft, noch einer seiner Vorväter.
    Worthington wandte sich mit einem Seufzer ab. »Sie hat keines davon genommen«, gab er über die Schulter zurück und verließ das Arbeitszimmer.
    Einige Momente lang herrschte Stille, lange genug, dass Worthington bis in den ersten Stock hinunter gelangte.
    Kendricks Wutschrei hallte durch die ganze Burg.
    Worthington lächelte vor sich hin,
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