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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen
Autoren: Carl A. DeWitt
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und Tarlon seine Grüße auszurichten, er sei erfreut darüber, dass ihr die Flut überstanden habt.«
    »Lindor erfreut?«, fragte Garret entgeistert, und seine Blicke folgten dem fernen Punkt am Himmel, der schon fast nicht mehr zu sehen war. »Er erschlug Sera Tylane, direkt vor unseren Augen!«
    »Ich weiß«, sagte Vanessa leise. »Aber er rettete mich.«
    »Und wahrscheinlich auch mich«, fügte Graf Torwald mit rauer Stimme hinzu. »Nur die Götter wissen, was er für ein Spiel treibt!«
    »Er sagt, er bleibe seinem Prinzen treu bis in die Verdammnis«, erklärte Vanessa leise und fröstelte unter dem dünnen Umhang, den Sina ihr geliehen hatte.
    Der Graf sah zum Fenster, dann musterte er den verkohlten Raum und die Fremden, die so überraschend eingetroffen waren. Er warf einen Blick auf Leonora, die mit Sina etwas abseits stand und ihn amüsiert betrachtete, und zuletzt auf Knorre in seiner weißen Robe und dem Stab in seiner Hand.
    »Selten sah ich einen Dieb in einem solch feinen Gewand«, richtete er schließlich das Wort an ihn. »Bist du gekommen, um mir mein Buch zurückzubringen?«
    »Es hat dir nie gehört«, protestierte Knorre. »Dass du alter Dickschädel das nicht einsehen willst!«
    »Du hast es aus meiner Bibliothek gestohlen. Wie konnte ich dir nur all die Jahre vertrauen!«
    »Ich hatte es zuvor in deiner Bibliothek versteckt, damit es sicher verwahrt blieb!«, rief Knorre erzürnt.
    »Und es war ja nicht das Einzige, was du gestohlen hast«, fuhr der Graf unbeirrt und mit einem vorwurfsvollen Blick zu Leonora fort.
    »Herzen kann man nicht stehlen«, wandte die Sera mit einem sanften Lächeln ein. »Er besaß das meine schon, bevor ich dich kennen lernte, Torwald!« Sie sah die beiden an und schüttelte leicht den Kopf. »So alt und doch so kindisch. Vertragt euch endlich, bevor ich wütend werde.«
    »Oh, oh!«, sagte Knorre und lächelte leicht. »Das ist eine Warnung, die wir besser ernst nehmen sollten!«
    Der Graf wollte gerade etwas erwidern, als Argor durch die verbrannte Tür trat und sich staunend umsah.
    »Komme ich ungelegen?«, fragte er. »Ich will die hohen Herrschaften nicht beim Streiten stören, aber Meister Knorre sagte, es sei wichtig, dass ich ihm dies hier bringe.« Er hielt einen Kettenhandschuh hoch.
    »Gebt ihn diesem alten Dickkopf dort«, sagte Knorre entnervt und wies mit dem Kopf auf Graf Torwald. »Vielleicht versteht er es ja dann!«
    »Was soll ich verstehen?«, fragte der Graf verwirrt, als Argor höflich vor ihn trat und ihm den Handschuh hinhielt. Dann nahm er ihn entgegen und wiegte ihn in der Hand. »Ich trage Plattenhandschuhe im Kampf«, meinte er zu Knorre. »Das müsstest du doch wissen.«
    »Nun, Durchlaucht«, begann der Artificier mit einem breiten Grinsen. »Ihr habt ein Regiment königlicher Soldaten vor Euren Mauern liegen, und einen Golem im Hafen. Bislang hatte beides wenig miteinander zu tun … doch das könnte sich nun ändern.«
    »Das ist jener Handschuh?«, fragte der alte Graf fassungslos.
    »Ganz recht. Derselbe, den der erste Graf von Berendall erhielt, um den Wächter der Stadt zu kontrollieren. Derselbe, der einst gestohlen wurde und nun zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgekehrt ist. Das Buch allerdings, Torwald, gehört mir!«
     
    »Welches Buch denn eigentlich?«, fragte Lamar. Der alte Mann sah ihn verwundert an. »Erinnert Ihr Euch nicht? Knorre besaß ein Buch mit verschlüsselten Aufzeichnungen seines Vorfahren. Nun, offenbar hatte es zuvor lange in der Bibliothek des Grafen Torwald gestanden.« Er schmunzelte. »Und es gab Meinungsverschiedenheiten darüber, wem es gehörte. Die beiden stritten ständig darüber.« Er zuckte die Schultern. »Es war eine ironische Wendung, dass diese Frage nunmehr das einzige Problem war, das noch verblieb … Wenn man einmal von dem Regiment der königlichen Soldaten absieht, das noch immer vor den Toren Berendalls lagerte.« Er rieb sich nachdenklich die Nase. »Ich frage mich des Öfteren, was geschehen wäre, wenn dieses Regiment zur gleichen Zeit versucht hätte, die Stadt einzunehmen. So jedenfalls war schon alles vorbei, als die Hüterin mit fünfzig Mann zu Pferde die Stadt erreichte …«
     
    Trotz aller Eile und obwohl sie die Pferde erbarmungslos angetrieben hatten, dauerte es doch fast drei volle Kerzen, bis Meliande schließlich auf einer Anhöhe kurz vor Berendall Halt machen konnte. Die Hauptmänner Hendriks und Hugor ritten neben sie und zügelten ebenfalls ihre Pferde.
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