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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen
Autoren: Carl A. DeWitt
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bleich um die Nase herum wurde.
    »Ja, Ser«, nickte er hastig und salutierte. »Wir werden die Kühe schon irgendwie auftreiben können.«
    Davon gehe ich auch aus, dachte der Graf, als er weiterging, ohne die Soldaten noch weiter zu beachten. Für drei Goldmünzen bekommt man schließlich eine halbe Herde!
     
    Graf Lindor fand den Prinzen im Garten. Eingefasst zwischen hohen Mauern, auf denen Beliors Männer Patrouille gingen, konnte man den Garten nur über die königlichen Gemächer betreten. Kaum mehr als dreißig mal dreißig Schritt groß, verdiente das kleine Fleckchen Erde die Bezeichnung Garten fast nicht. Ein Birnbaum mit einer Bank darunter, ein Teich, in dem ein Karpfen träge durch das Wasser glitt, und ein paar Büsche und Sträucher. Mehr nicht. Dennoch, suchte man den Prinzen, konnte man davon ausgehen, ihn so gut wie immer hier anzutreffen.
    Vor der Tür zu den Gemächern des Prinzen hatten gleich vier Wachen Position bezogen. Sie hatten einen Eid darauf geschworen, den Prinzen zu beschützen. Was sie jedoch nicht daran hinderte, ihn aufzuhalten, falls er versuchte, seine Gemächer zu verlassen.
    Es war nun schon gut drei Monate her, dass der Graf den jungen Prinzen das letzte Mal gesehen hatte. Einen Moment lang bemerkte Prinz Seimark seinen Besucher nicht, sondern saß auf der Bank, die Hände auf die Knie gelegt, und starrte in den Teich, in dem der Karpfen vor ihm auf und ab schwamm. Er war seitdem etwas gewachsen, dachte der Graf, was ihn aber nur noch kränklicher und schwächer, fast schon abgemagert wirken ließ.
    Sein Vater, dachte Lindor wehmütig, hatte sich in diesem Alter schon im Schwertkampf geübt und bereits damals nur noch aus Muskeln bestanden. Und so mutete es den Grafen seltsam an, die Züge des alten Königs nunmehr im ausgemergelten Gesicht des jungen Prinzen wieder zu erkennen.
    »Hoheit«, ließ sich der Graf schließlich leise vernehmen und ließ sich auf ein Knie herab, als der Junge aufsah. Ein kaum sichtbares Lächeln huschte über sein Gesicht, aber schon im nächsten Moment wanderten seine Blicke zu den hohen Mauern seines Gefängnisgartens, auf der ihm jedoch keine der Wachen größere Beachtung zu schenken schien.
    Seine dunklen Augen, die Lindor nun einer genauen Prüfung unterzogen, waren die seines Vaters, während das feuerrote Haar, das seiner Mutter, der Sera Aylen, war. Seinen wachen Verstand hatte er allerdings von beiden geerbt.
    »Graf«, begann der Prinz jetzt leise. »Ich hatte fast schon nicht mehr damit gerechnet, Euch wieder zu sehen. Der Kanzler schien recht erzürnt auf Euch zu sein, als ich ihn das letzte Mal sah.«
    »Er fand anderen Nutzen für mich«, gab der Graf trocken zur Antwort. »Doch handelt es sich nur um einen Aufschub, er versprach mir, die Bestrafung nachzuholen, enttäusche ich ihn erneut.«
    Der Prinz nickte bedächtig. »Anderes war auch nicht zu erwarten. Er scheint es zu lieben, das Henkersbeil über anderer Leute Nacken schweben zu lassen. Erhebt Euch und kommt näher … erzählt mir, wie es Euch ergangen ist.« Wieder sah der junge Prinz zu den Zinnen nach oben, doch die Wache, die gerade den Wehrgang betrat, schenkte dem jungen Prinzen und dem Grafen nicht einmal einen einzigen Blick. »Ich hörte, sowohl Nestrok als auch Ihr wäret im Kampf verletzt worden? Mein Kanzler erwähnte Eure Tapferkeit bei einem Festmahl letzte Woche. Das war allerdings, bevor er die Nachricht vom Bruch des Damms und dem Verlust der Truppen erhielt.« Das Gesicht des Prinzen verzog sich zu einem wehmütigen Lächeln. »Ich konnte leider nichts zu mir nehmen, denn just an diesem Tag war ich erneut indisponiert. Aber ich hörte, es wäre eine äußerst heldenhafte Schlacht gewesen, ein glorreicher Sieg für unsere Armee.«
    »Nestrok bekam bei dieser »glorreichen Schlacht« einen Pfeil ins Auge, als wir ein Bauerndorf nahe der alten Stadt Lytar angriffen«, beschied Lindor bitter. »Wir kämpften gegen Bauern und Handwerker, die ihr Tal seit Jahrhunderten nicht mehr verlassen haben. Ich bekam einen Pfeil in die Seite, der mit einer Paste bestrichen war, die mir einen üblen Ausschlag und hohes Fieber bescherte. Eine heldenhafte Verwundung, in der Tat. Einen Moment zuvor hatte ich eine unbewaffnete Frau erschlagen, die Heilerin des Dorfes. Zwei meiner Reiter haben die Sera ergriffen, als sie den Rückzug aus der Schlacht antraten. Die Sera hatte ihre Deckung verlassen, um jemandem zu helfen. Ihre Tochter musste mit ansehen, wie ich ihrer Mutter den
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