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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen
Autoren: Carl A. DeWitt
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als die Höhe eines Tisches. Ihr habt den größten Teil bereits geschafft!«
    »Das weiß ich«, presste Argor zwischen seinen Zähnen hervor. »Ich sehe es ja auch!«
    »Aber?«, fragte Knorre und humpelte zu einem der besser erhaltenen Stühle, um sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf diesem nieder zu lassen. Durch den Treppenaufgang hörten sie die entfernten Stimmen der Soldaten, die ihrem Hauptmann Bericht erstatteten. »Was hindert Euch?«
    »Ich kann nicht«, antwortete Argor zähneknirschend. »Ich will ja, aber meine Hände öffnen sich nicht!«
    Knorre warf dem Zwerg einen zweifelnden Blick zu, während er seinen Dolch zog. »Es ist ganz einfach«, sagte er. »Ihr müsst nur loslassen.«
    »Ihr seid kein Zwerg«, knirschte Argor mit den Zähnen. »Ihr versteht das nicht. Wir sind zu weit oben und nicht unter der Erde, wo ich hingehöre!«
    »Wenn Ihr unter der Erde an einem Ast über einer unterirdischen Schlucht hängen würdet, wäre dies kein Problem für Euch?«, fragte Knorre neugierig und musterte, mit dem Dolch in der Hand, skeptisch den stabilen Stiefel an seinem linken Fuß.
    »Nein, dann wäre es kein Problem!«, murmelte Argor und warf dem hageren Mann einen bösen Blick zu. »Erheitert Ihr Euch etwa über mich?«
    »Nur ein wenig«, antwortete Knorre und zog scharf die Luft ein, als er selbst mit der scharfen Klinge seines Dolches Mühe hatte, das zähe Leder seines Stiefels zu zerschneiden. »Stellt Euch doch einfach vor, der Turm wäre unter der Erde.«
    »Wäre er unter der Erde, wäre es kein Turm, sondern ein Keller!«, stellte Argor erzürnt fest.
    »Nun, wenn dies ein Keller wäre, könntet Ihr dann loslassen?«
    »Götter«, rief Argor. »Ich gebe auf, bevor Ihr mich noch wahnsinnig macht!« Er ließ den Balken los und landete so hart auf den Dielen, dass der Boden unter ihnen vibrierte und eine Staubwolke samt einer morschen Dachschindel auf sie herabregnete.
    »Wie kann man nur einen Turm mit einem Keller vergleichen!«, beschwerte er sich, als er sich aufrichtete und seine Hände abklopfte.
    »Wie Ihr seht, war es möglich!«, antwortete Knorre gepresst, während er vorsichtig das Leder seines Stiefels beiseiteklappte und dann einmal tief Luft holte.
    »Ist es schlimm?«, fragte Argor.
    »Schlimm genug«, tat Knorre kund und sah auf sein Bein und den dicken blutgetränkten Wollstrumpf hinab, unter dem sich eine unnatürliche Erhebung abzeichnete.
    Argor streckte die Hand aus. »Lasst mich das machen.«
    Dankbar reichte Knorre Argor den Dolch. Der junge Zwerg kniete sich vor den Arteficier nieder, hob dessen Bein vorsichtig an, schnitt den Strumpf sorgsam von oben nach unten auf und löste ihn danach langsam ab. Entsetzt hielt er inne, als er den weißen Knochen sah, der aus dem Fleisch herausragte. Dann atmete er tief ein und hob den Rest des Strumpfes von der Wunde ab.
    »Ich glaube, mir wird schlecht«, flüsterte Knorre. Er war kreidebleich, Schweißperlen standen auf seiner Stirn, und er hatte seine Finger so fest in die Lehnen des alten Stuhls gekrallt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Wie konntet Ihr damit nur noch einen Schritt gehen?«, fragte Argor beeindruckt.
    »Fragt mich das ein anderes Mal«, gab Knorre gepresst zurück. Fasziniert musterte er das Stück bleichen Knochens, das an die zwei Finger breit aus seinem Fuß herausstand.
    »Ihr müsst damit zu einem Heiler. Und das bald, bevor die Wunde zu schwären beginnt und man Euch den Fuß abnehmen muss.«
    »Da einhundertundzwölf Stufen vor mir liegen, trifft es sich gut, dass ich selbst ein Heiler bin«, beschied ihm Knorre und zog scharf die Luft ein, als er den Knochen vorsichtig betastete.
    »Einhundertundzwölf? Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Ich kenne den Turm«, meinte Knorre, während er sich suchend umsah. »Ihr wisst, dass ich Artefakte suche. Und diesem Turm hier sagt man nach, dass er magisch wäre und verflucht. Er stammt noch aus den Tagen Alt Lytars, und angeblich befinden sich in ihm noch zwei legendäre magische Artefakte aus jener Zeit. Unermesslich wertvoll sollen sie sein, alle beide. Nun, die Mauern des Turmes sind sehr dick, also dachte ich mir, dass tatsächlich etwas hier drin versteckt sein könnte.«
    »Habt Ihr etwas gefunden?«
    »Der Stuhl dort.«
    »Der Stuhl ist ein Artefakt?«, fragte Argor ungläubig und besah sich den einfachen Stuhl aus Leder daraufhin genauer.
    »Die Stuhlbeine«, erklärte Knorre geduldig. »Sie sehen stabil genug aus, um mir daraus Schienen fertigen zu
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