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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen
Autoren: dtv
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Cambridge.
    Unter den E-Mails fand sich keine Hotelreservierung. Vorsichtig zog Erik eine Schreibtischschublade auf, leicht beschämt, weil er gezwungen war, in den Sachen seines Vaters zu wühlen. Aber es musste doch irgendwo einen Hinweis auf die Hotelreservierung geben.
    Erik fand einen Stapel bezahlter Rechnungen, aber nichts, was mit der Reise nach Berlin zu tun hatte. Die zweite Schublade enthielt Briefe und andere Unterlagen, die Erik nicht anrührte.
    Dann weckte plötzlich eine Briefmarke seine Aufmerksamkeit. Auf ihr stand »Deutschland«.
    Erik sah sich das Briefkuvert genauer an. Es war an seinen Vater adressiert, in der etwas tastenden, aber eleganten Handschrift eines betagten Menschen.
    Als Absender war ein gewisser Herman King angegeben.
    Erik war überrascht. Er legte den Brief auf den Tisch und suchte weiter. Über ein Hotel in Berlin fand er nichts, dafür aber zwei jüngere Briefe aus Deutschland. Auch die legte er zur Seite.
    In der untersten Schublade fanden sich Papiere aller Art, hauptsächlich Kontoauszüge und beglichene Rechnungen. Der Vater hatte sein Konto in Titusville, Florida, wo die meisten Mitarbeiter von Cape Canaveral arbeiteten, behalten. Erik wollte schon |38| die Hoffnung aufgeben, da fiel sein Blick doch noch auf die Buchungsbestätigung eines Hotels.
    Erleichtert wählte er die Nummer des Hotels Askanischer Hof. Die freundliche, fließend Englisch sprechende Frau am anderen Ende der Leitung konnte sich gut an Eriks Vater, an den »vornehmen älteren Herrn« erinnern. Er hatte am Vorabend eingecheckt, am Morgen gefrühstückt und war anschließend in die Stadt gegangen. Zumindest aus Höflichkeit teilte die Frau Eriks Sorge, als sie hörte, dass der ältere Herr sich nicht am Handy meldete.
    Erik legte auf und griff nach den geöffneten Umschlägen auf dem Schreibtisch. Laut Poststempel war der Ältere erst drei Monate zuvor verschickt worden.
    Erik zog einen handgeschriebenen Brief aus dem Kuvert.
    Lieber Rolf,
    ich habe Deine Telefonnummer nicht gefunden, wärst Du so gut und würdest sie mir mitteilen? Du wirst verstehen, dass ich mein Anliegen nicht in einem Brief vorbringen kann. Aber ich finde schon, dass es allen Grund gibt, über jene Wirrnisse zu reden.
    Es folgten die Adresse von Herman King in Hamburg und eine Telefonnummer.
    Eriks Deutsch war immer noch ganz passabel, seit er vor Jahren während der Doktorarbeit mit seiner deutschen Freundin Jutta zusammengelebt hatte und zweimal als Stipendiat in Heidelberg gewesen war.
    Er wunderte sich. Warum ging dieser Herman King – wer immer das auch sein mochte – davon aus, dass sein Vater Deutsch verstand? Wenigstens ebenso sehr wunderte sich Erik über den Inhalt. Warum konnte der Absender sein »Anliegen nicht in einem Brief vorbringen«, und auf welche »Wirrnisse« spielte er an?
    Erik nahm die beiden anderen Briefe unter die Lupe. Beide hatten denselben Absender: Katharina Kleve, Niebuhrstraße 35, 10629   Berlin, Deutschland.
    In dem einen kurzen Brief bat die Frau seinen Vater, sie in Berlin |39| zu besuchen. Wer war Katharina Kleve? Warum schrieb auch sie seinem Vater auf Deutsch?
    Er nahm das zweite Kuvert zur Hand, das früher abgeschickt worden war, etwa einen Monat zuvor. Dieser Umschlag enthielt auch Kopien von den Antwortschreiben seines Vaters.
    Erik starrte auf dessen Handschrift und zog das Handy aus der Tasche.
    »Hallo«, meldete sich Eriks Mutter forsch in England.
    Erik erkundigte sich auf Englisch, wie es ihr ging, und natürlich ging es ihr »hervorragend« – wie immer, ganz gleich, wie ihr Befinden tatsächlich war. Allerdings hatte sie daran auch zumeist tatsächlich nichts auszusetzen.
    »Hattest du in letzter Zeit Kontakt mit Vater?«, fragte Erik.
    »Nein. Weshalb? Stimmt etwas nicht?«
    Offenbar hielt sie es nicht für notwendig, die E-Mail zu erwähnen, die Erik vorhin gesehen hatte.
    »Weißt du etwas von seiner Reise nach Berlin?«
    »Welche Reise?« Es überraschte Erik, dass sie so verdutzt schien, wenn man bedachte, wie viele Reisen sein Vater noch immer unternahm.
    »Er ist gestern Abend nach Berlin geflogen. Ich habe heute Morgen kurz mit ihm gesprochen, aber seitdem geht er nicht mehr ans Telefon und ruft auch nicht zurück. Das ist sonst nicht seine Art. Im Hotel sagen sie, er habe gefrühstückt und sei dann in die Stadt aufgebrochen.«
    Die Mutter schwieg, dann fragte sie: »Weißt du etwas über den Grund seiner Reise?«
    Erik antwortete mit einer Gegenfrage: »Weißt du etwas
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