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Das Erbe des Alchimisten

Das Erbe des Alchimisten

Titel: Das Erbe des Alchimisten
Autoren: Christopher Pike
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Freude daran zu verderben.«
Er starrt mich an. »Sita?«
Ich schließe die Augen und gähne. »Ja?«
»Was ich gesagt habe, tut mir leid. Wenn du so glücklicher bist, dann bin ich es auch.«
»Danke.«
»Ich mache mir nur Sorgen, weil es kein Zurück mehr gibt.«
Ich richte mich auf und lege meine Hand auf sein Bein. »Wenn es ein Zurück geben würde, wäre diese Entscheidung ohne Bedeutung gewesen.«
Er begreift, was ich damit sagen will. »Hast du es wegen dem getan, was Krishna dir über Vampire gesagt hat?« fragt er.
Ich nicke. »Zumindest teilweise. Ich glaube nicht, daß Krishna viel von Vampiren hielt. Vermutlich hat er mir nur erlaubt weiterzuleben, weil er mit allen Geschöpfen auf dieser Welt so etwas wie tiefes Mitleid empfand.«
»Vielleicht war das nicht der einzige Grund.«
»Vielleicht.« Ich streiche über seine Wange. »Habe ich dir jemals gesagt, wieviel du mir bedeutest?«
Er lächelt. »Nein. Du warst immer viel zu sehr damit beschäftigt, mir mit dem Tod zu drohen.«
Ich fühle einen Stich in meinem Herzen, genau an der Stelle, wo mich vor kurzem ein Pflock verletzt hat. Für einen Augenblick spüre ich ein entsetzliches Brennen, als ob die Wunde wieder zu bluten anfinge. Aber es dauert nur kurz. Ich atme zitternd ein, und als ich spreche, klingt meine Stimme traurig.
»Ich töte stets diejenigen, die ich liebe.«
Er ergreift meine Hand. »Das war früher so. Jetzt, wo du kein Ungeheuer mehr bist, wird alles ganz anders werden.«
Ich muß lachen, obwohl mir das Atmen dabei noch weh tut. »Sagst du das immer, wenn du ein Mädchen dazu kriegen willst, mit dir ins Bett zu gehen?« Er rutscht näher. »Ich habe dich längst im Bett.«
Ich drehe mich zur Seite. »Ich brauche dringend eine Dusche, und dann müssen wir beide uns ausruhen.«
Er lehnt sich enttäuscht zurück »Du hast dich lange nicht so verändert, wie du meinst.«
Ich erhebe mich und zerzause wild mein Haar, in der Hoffnung, ihn damit ein wenig aufzuheitern. »Doch. Ich bin jetzt wieder ein normales neunzehnjähriges Mädchen. Vergiß einfach, welche Ungeheuer Mädels in dem Alter sein können.«
Er wirkt merkwürdig berührt. »Ich wußte bisher nicht genau, wie alt du warst, als Yaksha dich damals verändert hat.«
Ich schweige und denke an Rama, meinen schon so lange toten Ehemann, und Lalita, meine Tochter, die vor fünf Jahrtausenden an einem Ort verbrannt wurde, den ich nie kennengelernt habe.
»Ja«, sage ich sanft. »Ich war beinahe zwanzig, als Yaksha kam, um mich zu holen. Beinahe.«
    Eine Stunde später schläft Seymour tief und fest neben mir auf dem riesigen Bett. Ich selbst bin zwar körperlich erschöpft, doch mein Geist kommt nicht zur Ruhe. Immer wieder sehe ich vor meinem geistigen Auge die Bilder von vor zwei Nächten: sehe, wie ich mich langsam im Licht auflöse und Joel und Arturo allein lasse, kurz bevor die Bombe gezündet wird. Zu dem Zeitpunkt wußte ich, daß ich tot war. Ich wußte es mit absoluter Sicherheit. Aber dann geschah ein letztes Wunder, und ich lebte weiter. Vielleicht gab es einen Grund dafür.
    Ich steige aus dem Bett und ziehe mich an. Bevor ich das Hotelzimmer verlasse, lade ich die Pistole und klemme sie im Rücken unter meinen Gürtel. Das weite Sweatshirt, das ich trage, verbirgt die ungewöhnliche Form.
    Das Hotel liegt an der Ocean Avenue. Ich überquere sie und den Coast Highway, der mich vom Ozean trennt. Bald wandere ich über den dunklen, nebligen Strand von Santa Monica, gewiß nicht der sicherste Ort so früh am Morgen, noch vor Sonnenaufgang. Doch ich gehe rasch voran, Richtung Süden, und achte dabei nicht auf meine Umgebung. Wieviel Kraft es kostet, durch den Sand zu stapfen! Es scheint fast, als hätte ich Gewichte an den Fußgelenken. Schweiß tropft mir in die Augen, und ich beginne zu keuchen. Gleichzeitig fühle ich mich besser. Nach etwa einer halben Stunde beginne ich mich auch geistig zu entspannen, und ich überlege, ob ich zum Hotel zurückgehen und versuchen soll, jetzt ein wenig zu schlafen. Im nächsten Moment sehe ich, daß zwei Männer mich verfolgen.
    Sie sind ungefähr fünfzig Yards hinter mir. In der Dunkelheit kann ich ihre Gesichter schwer erkennen, aber es handelt sich eindeutig um Weiße, beide kräftig gebaut und etwa dreißig Jahre alt. Der Dunklere von ihnen hat ein unschönes Gesicht, der Hellere grinst breit von einem Ohr bis zum anderen. Offenbar sind beide stockbetrunken. Ich lächle vor mich hin, während ich mir die Begegnung mit ihnen vorstelle
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