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Das Erbe des Alchimisten

Das Erbe des Alchimisten

Titel: Das Erbe des Alchimisten
Autoren: Christopher Pike
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stets eine Spielerin. Ich verstehe besser als die meisten, warum dieser Sündenpfuhl von einer Strafe verschont worden ist. Warum der radioaktive Staub woanders niedergeht. Und ich schaffe es nicht, einen Fluch zu unterdrücken: »Verflixt! Ich wünschte, ich hätte meine alte Sehfähigkeit wieder. Nur für eine Minute!«
»Und dein altes Gehör.« Seymour tritt hinter mich und streicht mir über den Rücken. »Ich wette, daß du dir das in der nächsten Zeit noch ziemlich oft wünschen wirst.«
    2.
Kapitel
    Ich besitze Häuser auf der ganzen Welt, einige unauffällige Gebäude in Ländern, die ich hauptsächlich aufsuche, um mir frisches Blut zu besorgen, andere hingegen so extravagant, daß mich eine arabische Prinzessin darum beneiden würde. Mein Anwesen in Beverly Hills, das wir aufsuchen, nachdem wir Las Vegas verlassen haben, ist eines der großzügigsten. Als wir nach unserer Ankunft eintreten, blickt Seymour sich fassungslos um.
    »Wenn wir hierbleiben«, erklärt er, »muß ich mir was Neues zum Anziehen kaufen.«
»Du kannst gern neue Kleidung haben, aber wir bleiben trotzdem nicht. Rays Vater war über dieses Haus informiert, also kann es sein, daß auch die Regierung etwas weiß. Wir sind nur hergekommen, um uns Geld, Kreditkarten, Anziehsachen und neue Ausweise zu holen.«
Seymour spricht seine Zweifel aus: »Die Regierung weiß, daß du im Lager gewesen bist. Vielleicht glauben sie, daß du bei der Explosion ums Leben gekommen bist.«
»Sie werden sich vergewissern wollen, ob ich wirklich tot bin. Sie waren hinter meinem Blut her wie der Teufel hinter der armen Seele, folglich werden sie alles untersuchen, was irgendwie mit mir zu tun hat.« Ich trete ans Fenster und schaue nach draußen. Es ist mitten in der Nacht. »Kann sein, daß sie uns sogar jetzt beobachten.«
Seymour zuckt mit den Schultern. »Besorgst du für mich auch einen neuen Paß?«
Ich blicke ihn an. »Du solltest wieder heimgehen.«
Er schüttelt entschieden den Kopf. »Ich werde dich nicht allein lassen. Vergiß es. Schließlich weißt du nicht, wie es ist, ein Mensch zu sein.«
Ich trete neben ihn. »Wir können später weiter darüber reden. Im Augenblick sollten wir darauf achten, daß wir uns hier nicht länger aufhalten als nötig.«
Im Keller meines Beverly-Hills-Wohnsitzes suche ich die Sachen zusammen, von denen ich Seymour gegenüber gesprochen habe. Außerdem nehme ich mir eine neun Millimeter Smith & Wesson mit einem Schalldämpfer und mehreren Rollen Munition. Weder meine Reflexe noch meine Augen sind so gut wie bisher, aber ich gehe davon aus, daß ich noch immer eine hervorragende Schützin bin. Dann packe ich alles in einen großen schwarzen Lederkoffer. Ich bin überrascht über sein Gewicht, als ich ihn nach oben trage. Meine körperliche Schwäche erstaunt mich nach wie vor.
Ich sage Seymour nichts von der Waffe.
Dann verlassen wir Beverly Hills und fahren Richtung Santa Monica. Ich lasse Seymour ans Steuer; die Geschwindigkeit der an uns vorbeirauschenden Fahrzeuge beunruhigt mich. Ich komme mir vor wie ein Wesen aus dem Jahre dreitausend vor Christus, das aus seiner gemächlichen Welt ins rasante zwanzigste Jahrhundert gebeamt worden ist. Immer wieder sage ich mir, daß ich nur ein wenig Zeit brauche, um mich an die veränderten Umstände zu gewöhnen. Noch immer bin ich überglücklich, Mensch zu sein, aber gleichzeitig verspüre ich auch Angst.
Wer war der Mann an der Tür?
Ich kann es mir beim besten Willen nicht denken. Alles, was ich weiß, ist, daß mir die Stimme bekannt vorkam.
Wir mieten uns in das Sheraton Hotel am Strand ein. Mein Name ist Candice Hall, und Seymour ist ein Freund, der mir mit dem Gepäck hilft. Seinen Namen trage ich bei der Anmeldung nicht ein. Auch ich werde nicht lange Candice Hall bleiben. Ich habe noch einen anderen Ausweis, dessen Bild ich mein Äußeres mit ein paar kleinen Änderungen anpassen kann. Trotzdem fühle ich mich auch jetzt, als ich die Tür des Hotelzimmers hinter mir schließe, schon sicher. Den ganzen Weg von Las Vegas bis hierher habe ich den Rückspiegel im Auge behalten, und ich glaube nicht, daß uns jemand gefolgt ist. Seymour stellt meinen Koffer ab, während ich mich mit einem Seufzer aufs Bett fallen lasse.
»So erschöpft habe ich mich schon eine Ewigkeit nicht mehr gefühlt«, sage ich.
Seymour setzt sich neben mich. »Wir Menschen sind immer müde.«
»Ich bin fest entschlossen, mein Menschsein zu genießen. Auch wenn du dir alle Mühe gibst, mir die
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