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Das Erbe des Alchimisten

Das Erbe des Alchimisten

Titel: Das Erbe des Alchimisten
Autoren: Christopher Pike
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verwandelt in ein unendliches Gefühl der Dankbarkeit und des Glücks. Eine Weile habe ich Krishna verflucht für das, was er mir angetan hat, und nun kann ich mich nur voller Dankbarkeit vor ihm und seiner Güte verbeugen. Denn ich habe keinen Zweifel daran, daß es Krishna war, der mir Ray zurückgebracht hat – und nicht das Monster Eddie Fender.
»Laß uns seinen Namen nicht mehr aussprechen«, bitte ich. »Ich habe seinen Kopf abgeschnitten und die Überreste verbrannt. Er existiert nicht mehr, er wird niemals zurückkehren.« Ich verstumme und sage dann leise: »Es tut mir leid.«
Er runzelt die Stirn. »Was sollte dir leid tun?«
»Es tut mir leid, daß ich geglaubt habe, du seiest tot.« Ich zucke mit den Schultern. »Joel hat mir gesagt, daß du förmlich zerfetzt worden seist.«
Ray seufzt und blickt auf seine Hände. »Damit ist er der Wahrheit ziemlich nahe gekommen.« Er schaut auf, mich an. »Ich habe Joel gar nicht gesehen, als ich das Haus beobachtet habe.«
Meine Unterlippe zittert. »Er ist tot.«
»Das tut mir leid.«
»Wir beide sollten damit aufhören, einander das zu sagen.« Ich lächle, doch es ist ein trauriges Lächeln. »Ich habe auch ihn zum Vampir gemacht, weil ich versuchen wollte, ihn zu retten. Aber letztendlich konnte ich ihm nicht helfen.«
»Wer hat die Apparatur zusammengestellt, die uns beide wieder zu Menschen gemacht hat?«
»Arturo, ein alter Freund aus dem Mittelalter. Ich habe ihn damals geliebt. Er war ein Alchimist, der größte, der jemals gelebt hat. Er experimentierte mit meinem Blut und verwandelte sich selbst in ein Wesen zwischen Vampir und Mensch. Nur deswegen ist es ihm gelungen, all die Jahre zu überleben.« Ich senke meine Stimme, bevor ich fortfahre: »Er starb mit Joel. Er mußte sterben.«
Ray nickt. Er ist einer der Menschen, denen man nicht jede Kleinigkeit erklären muß, damit sie etwas verstehen. Für ihn ist klar, daß Arturo immer noch hinter meinem Blut her und damit gefährlich war. Ray versteht, daß es für mich unter Umständen nötig ist, jemanden zu töten, den ich liebe. Er greift nach meiner Hand.
»Du bist blutbefleckt«, sagt er. »Aber du bist nicht länger durstig, oder?«
»Es ist anders, als du denkst«, flüstere ich ihm zu. »Zwei Männer haben mich am Strand angegriffen. Ich mußte sie töten.«
»Wie?«
»Ich habe sie erschossen.«
Jetzt ist Ray doch schockiert. »Wir müssen sehen, daß wir hier raus- und von hier fortkommen. Bald wird dir nicht nur die Regierung, sondern auch die Polizei auf den Fersen sein.« Er blickt zur Eingangstür des Coffee Shops. »Soviel ich weiß, ist Seymour in deiner Nähe.«
Ich verstehe, was er damit sagen will. »Ich habe ihn aufgefordert, nach Hause zu gehen.«
»Er wird dich nicht verlassen wollen. Du wirst ihn verlassen müssen.«
»Ich habe längst darüber nachgedacht. Aber ich weiß einfach nicht, wie ich’s ihm erklären soll.«
Rays Stimme klingt mitfühlend, aber noch etwas anderes schwingt darin mit. Einen Moment lang hört er sich geradezu pragmatisch an.
»Versuch nicht, es ihm zu erklären«, sagt er. »Verlaß ihn einfach, und sag ihm nicht, wohin du gehst.«
»Das klingt hart.«
»Nein. Du weißt am besten, daß es für ihn viel härter ist, wenn du ihn bei dir behältst. Damit setzt du ihn unnötiger Gefahr aus.« Seine Stimme wird weicher. »Du weißt, daß ich aus Erfahrung spreche.«
»Du hast recht. Gerade jetzt dürfte er im Hotel sein und schlafen. Vermutlich könnte ich es schaffen, hineinzuhuschen, meine Sachen zu raffen und auf und davon zu sein, bevor er erwacht.« Doch gleichzeitig weiß ich, daß ich Seymour zumindest eine Nachricht hinterlassen werde. »Wohin gehen wir?«
Ray beugt sich vor, um mich zu küssen. »Sita, wir können überall hingehen, wo wir hingehen wollen. Wir können alles tun, was wir wollen.« Das nächste flüstert er mir ins Ohr: »Wir können sogar heiraten und eine Familie gründen, wenn du willst.«
Ich muß lachen – und gleichzeitig weinen. Ich spüre Glück wie die Wärme nach einem langen Sommertag. Die Dunkelheit und Kälte draußen scheint nur mehr Illusion.
»Ich hätte am liebsten eine Tochter«, flüstere ich und halte ihn ganz fest.
    4.
Kapitel
    Zwei Monate später halten wir uns in Whittier auf, einem Vorort von Los Angeles, wo Präsident Nixon das College besuchte. Die Stadt ist ein typischer Wohnort der Mittelklasse ohne besondere Attribute und nach Rays Meinung bestens geeignet, um unterzutauchen. Ohne Zweifel habe ich mich in
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