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Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin

Titel: Das Erbe der Runen 03 - Die Schattenweberin
Autoren: Monika Felten
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Kälte, die auch in ihrem Tonfall mitschwang, als sie sich zu Ajana umwandte. »Nein.«
    »Oh. Dann werde ich mal im Falkenhaus nachsehen. Sicher ist er bei Horus.« Ajanas Stimme hatte nichts an Freundlichkeit verloren. Lächelnd kam sie auf Duana zu. »Wolltest du gerade hineingehen?«, fragte sie arglos.
    Die Frage kam für Duana so überraschend, dass ihr die Worte fehlten. Ohne zu antworten, machte sie auf dem Absatz kehrt und eilte davon.

 

     
     
     
     
     
    »Keelin?« Als Ajana die Tür zum Falkenhaus öffnete, schlug ihr der scharfe, aber vertraute Geruch von Kot und Atzung entgegen. Drinnen war es warm. Leise schloss sie die Tür hinter sich und schaute sich um. Das gedämpfte Licht der Öllampen verbreitete eine heimelige Stimmung, aber es war zu dunkel, als dass sie Einzelheiten hätte erkennen können.
    »Keelin?«, fragte sie noch einmal im Flüsterton. Sie wusste, dass die Falkenmeister es nicht gern sahen, wenn späte Besucher die Nachtruhe der Vögel störten. Aber sie wusste auch, dass Keelin sich oft darüber hinwegsetzte. Der Bund zwischen ihm und seinem Falken Horus war so eng, dass es ihm schwer fiel, über einen längeren Zeitraum ohne ihn zu sein. Manchmal verbrachte er sogar die ganze Nacht hier.
    Das Falkenhaus, so hatte er ihr einmal anvertraut, war der einzige Ort in der Bastei, an dem er sich wirklich zu Hause fühlte. Ein Ort, der ihm schon in den ersten, oft einsamen Jahren seiner Falknerausbildung Trost und Wärme gespendet hatte – und mit dem er das Gefühl von Heimat verband.
    Lautlos schlich Ajana an den Falken vorbei, die dösend auf ihren Blöcken hockten und jede ihrer Bewegungen mit halb geöffneten Augen verfolgten.
    »Ajana?«
    Ajana erschrak, als sich Keelins Gestalt überraschend aus dem Eingang zur Strohkammer löste. Seine Stimme klang abweisend.
    »Keelin, gut, dass ich dich hier finde.« Sie war so aufgeregt, dass sich ihre Worte überschlugen. »Ich muss mit dir reden. Komm, lass uns …«
    »Ich weiß nicht, was es noch zu sagen gäbe«, fiel Keelin ihr unwirsch ins Wort. »Wir haben schon viel zu viel geredet. Den ganzen Winter lang. Und was hat es geändert? – Nichts! Der Ulvars treibt neue Blätter aus, und du gehst fort. Es ist vorbei.«
    »Das ist nicht wahr«, beharrte Ajana, die es nicht erwarten konnte, Keelin die hoffnungsvolle Nachricht zu überbringen. »Ich habe mit Inahwen gesprochen, und sie hat …«
    »Ich weiß, was sie gesagt hat«, unterbrach Keelin sie erneut. »Dass du bald in deine Welt zurückkehren kannst. Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen.«
    Ajana packte ihn am Arm. »Aber es geht doch um die Zukunft – unsere gemeinsame Zukunft.«
    »Gemeinsame Zukunft?« Keelin lachte, aber es lag keine Freude darin. Er löste Ajanas Hand von seinem Arm und sagte bestimmt: »Es gibt keine Zukunft für uns. Es hat nie eine gegeben.« Er verstummte, blickte Ajana von der Seite an und sagte dann: »Du kehrst heim und wirst mich vergessen – das ist die Zukunft.« Er machte eine überzogene Verbeugung. »Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Zeit mit Eurem gefälligen Diener. Aber versteht, dass ich von nun an wieder mein eigenes, unabhängiges Leben führen werde.« Mit diesen Worten wandte er sich Horus zu, als sei das Gespräch für ihn beendet.
    »Das ist ungerecht!« Ajana sah ihn fassungslos an und ballte in hilfloser Wut die Fäuste. »Ist es das, was du von mir denkst – nach allem, was wir gemeinsam erlebt und durchlitten haben?«
    »Was wir gemeinsam durchlitten haben?« Leise Ironie schwang in Keelins Stimme mit, als er die Worte wiederholte. »Du weißt so gut wie ich, dass wir alle nur das getan haben, was uns bestimmt war. Du hattest eine Aufgabe zu erfüllen, und mein Auftrag war es, dich dabei mit Horus zu unterstützen. Die Aufgabe war eines Falkners angemessen, und wie Bayard, Toralf und die anderen habe ich nicht gezögert, sie anzunehmen. Dabei ging es weniger um dich als vielmehr darum, Nymath vor dem Untergang zu bewahren.«
    Alle Farbe wich aus Ajanas Gesicht. Ihre Stimme bebte. »Dann … dann macht es dir in Wahrheit gar nichts aus, dass ich gehe? Du würdest mich nicht vermissen?«
    Für den Bruchteil eines Herzschlags huschte ein Schatten über Keelins Gesicht, und Ajana bemerkte, wie er sich auf die Lippen biss, aber der Augenblick war zu kurz, um ihn wirklich zu erfassen. Als Keelin antwortete, war von Unsicherheit nichts mehr zu spüren. »Vermissen?«, fragte er betont lässig. »Warum sollte ich mich damit quälen?
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