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Das Ende der Welt (German Edition)

Das Ende der Welt (German Edition)

Titel: Das Ende der Welt (German Edition)
Autoren: Daniel Höra
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Richtungen, »… von hier gehen mehrere Linien ab. Es gibt also jede Menge Fluchtmöglichkeiten.«
    »Außerdem verbreiten wir das Märchen von den Mutanten, das funktioniert immer«, fügte Ricky lachend hinzu. Burger nickte anerkennend.
    Die Bahnsteige waren voller Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, von denen manche teilnahmslos dasaßen und ins Leere starrten.
    »Es wird immer schwieriger, sie alle zu versorgen. Es wird Zeit, dass etwas passiert«, sagte Adam.
    »Dann sind wir ja genau richtig«, sagte Burger. »In zwei Stunden brechen wir auf.«

44
    »Wollt ihr mal sehen, wie es oben aussieht?«, fragte Adam Leela und mich, während wir darauf warteten, dass es losging.
    Wir stiegen eine metallene Treppe hoch in eine große Halle. Nach einer weiteren Metalltreppe standen wir unter dem dunklen Himmel und blickten auf die zerfallenen Hochhäuser ringsum.
    »Das hier«, sagte Adam und drehte sich mit ausgebreiteten Armen um die eigene Achse, »war vor der Großen Katastrophe so eine Art Zentrum von Berlin.« Er zeigte mit dem Finger auf ein riesiges Gebäude, durch das der Wind fegte. »Da haben die Menschen eingekauft.«
    »Wie seltsam«, sagte Leela und wagte einen Schritt in den mit Glas und Schutt übersäten Durchgang. »Die Menschen früher müssen sich doch wahnsinnig komisch vorgekommen sein, hier zu kaufen.« Sie drehte sich zu uns um. »Seht euch mal an, wie riesig das ist. So viel kann man doch gar nicht kaufen.«
    »Komm lieber wieder raus«, warnte sie Adam. »Das Ding bricht bald zusammen.«
    »Kommt mit, ich zeig euch was«, sagte Adam und führte uns zu einem Gebäude auf der anderen Straßenseite. Innen stiegen wir in das oberste Stockwerk, wo Adam uns in einen Saal führte, in dem verwitterte Sesselreihen standen, die zu einer Bühne ausgerichtet waren. »Ein Theater«, sagte ich. »So was habe ich schon mal gesehen.«
    »Ja, aber kein einfaches Theater, sondern ein Kino. Sie haben Filme gezeigt von Kriegen und so was«, sagte Adam.
    »Wer will denn so was sehen?«, fragte Leela skeptisch. »Da braucht man doch nur vor die Tür zu gehen.«
    »So waren die Menschen früher«, sagte Adam. »Sie waren eben anders.«
    Als wir die Treppe zur Station runterstiegen, kam Burger uns schon entgegen: »Wo bleibt ihr denn? Wir haben keine Zeit für Stadtführungen.«
    Er wollte nur ein paar Leute dabeihaben, um nicht aufzufallen. Neben Leela und mir nur noch den Zaren, zwei seiner Leute und Adam, der uns als Führer durch die Unterwelt diente. Nach längerer Beratung nahm auch Ricky auf dem Schienenfahrzeug Platz.
    Ich winkte Donard zu, der an eine Säule gekettet war und mich böse ansah. »Ihr schafft es nicht«, höhnte er. »Cato wird euch fertigmachen.« Der Zar gab ihm eine Kopfnuss zum Abschied.
    Wir rasten an verfallenden U-Bahnhöfen vorbei, die im Licht unserer Lampe gespenstisch aus der Dunkelheit auftauchten. Auf einem Bahnhof sah ich eine Bewegung im Schatten. Als ob etwas Großes sich dort versteckt hielt. Wahrscheinlich eine Täuschung, beruhigte ich mich, da tauchten wir auch schon wieder in den Tunnel ein.
    Die Fahrt dauerte nicht lange. Von der Station aus wollten wir uns zu Amandus’ Haus durchschlagen, das nicht weit entfernt war, wie Burger uns anhand der Karte gezeigt hatte.
    »Ihr wartet hier«, befahl Burger und zeigte auf Adam und Ricky, die seine Befehle widerspruchslos hinnahmen, als wäre es schon immer so gewesen. Ich betrachtete Burger und wusste plötzlich, dass ich auf der richtigen Seite stand.
    Der Zar schlich uns voran die Treppe hoch. Seine dämliche Lockenperücke hatte er weggelassen, aber mit seinen roten Fingernägeln und dem Rock über der Armeehose sah er noch immer reichlich seltsam aus. Vielleicht reicht sein Anblick ja, um die Wachen in die Flucht zu schlagen, überlegte ich.
    Leela war weiß wie ein Laken. Sie schluckte unaufhörlich, als hätte sie Staub gegessen. »Ich hab Angst«, flüsterte sie mir zu. »Ich freue mich so, meinen Vater zu sehen, aber ich habe Angst, dass was schiefgehen könnte.«
    Ich drückte ihre Hand und ließ sie nicht mehr los, während wir durch die dunklen Straßen schlichen.
    Dabei musste ich an Cato denken. Wie er immer bescheiden die Hände gehoben hatte, als hätte er die Ehre gar nicht verdient. Seine Freundlichkeit, seine Leutseligkeit. Fast ein Jahr war seitdem vergangen, und doch kam es mir viel kürzer vor. Was hatte ich nicht alles erlebt in dieser Zeit. Mir wurde schwindelig, wenn ich daran dachte. Irgendwann
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