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Das Echo Labyrinth 05 - Einfache Zauberdinge

Titel: Das Echo Labyrinth 05 - Einfache Zauberdinge
Autoren: Max Frei
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vertreiben.
    Ich hatte ausgerechnet Das Pendel der Ewigkeit erwischt, ein Buch, das ich schon mal bei Schürf gesehen hatte. Aber ich hatte keine Zeit für literarische Genüsse, denn schon Sekunden später öffnete sich die Tür mit einem leisen Quietschen.
    »Du kommst früher als erwartet«, sagte ich und stand auf, um Schürf zu begrüßen.
    Dann stellte ich das Buch ins Regal zurück, um den Ordnungssinn meines Freundes nicht zu beleidigen.
    »Ich freue mich, dich zu sehen, Max«, sagte Sir Lonely-Lokley, und ein Anflug von Freundlichkeit belebte sein sonst so versteinertes Gesicht. »Aber bitte stell das Buch an seinen Platz zurück.«
    »Das hab ich doch gerade getan!«
    »Von wegen - du hast das Buch zwar ins Regal gestellt, aber nicht an seinen Platz. Es ist das dritte von rechts, steht jetzt aber ganz außen. Weißt du, Max - ich bin nicht per se gegen Veränderung, aber Willkür kann ich nicht ausstehen.«
    Reumütig stellte ich das Buch an seinen Platz zurück. Dann hielt ich es nicht mehr aus und musste lachen. »Das ist großartig, Schürf. Manchmal habe ich den Eindruck, du trägst die ganze Welt auf den Schultern.«
    »Das kann wohl sein«, stellte er ungerührt fest. »Hast du Neuigkeiten für mich, oder bist du einfach so vorbeigekommen?«
    »Beides. Aber meine Neuigkeiten passen nicht in diese dienstliche und sterile Atmosphäre. Ein Abendessen bei Kerzenschein wäre schon passender. Hast du Zeit?«
    »Warum denn ausgerechnet Kerzen?«, fragte Lonely-Lokley pedantisch. »In Echo gibt es kaum Wirtshäuser, in denen noch Kerzen in Gebrauch sind. Schließlich gibt es viel effizientere Lichtquellen.«
    »Auf Kerzen kann ich verzichten«, versetzte ich im Ton eines Menschen, der es gewöhnt ist, nachzugeben. »Eigentlich können wir sogar auf das Abendessen verzichten, denn so viele Neuigkeiten habe ich auch nicht. Ich verbinde nur gern das Angenehme mit dem Nützlichen.«
    »Genau wie ich«, sagte Sir Schürf und lächelte plötzlich. »Wenn es Kerzen sein sollen, können wir ins Nachtmahl des Vampirs gehen. Die Küche dort ist nicht übel, und das Lokal ist selten bis auf den letzten Tisch besetzt.«
    »Das Nachtmahl des Vampirs ist ein berüchtigtes Lokal - ich hätte nicht gedacht, Schürf, dass du dort verkehrst.«
    »Früher gehörte es zu meinen Lieblingswirtshäusern, und noch immer fühle ich mich dort sehr wohl. Zeitweise habe ich jeden Abend dort getäfelt.«
    »Wann war denn das? In deiner stürmischen Jugend, als du noch der Verrückte Fischer warst?«, fragte ich spöttisch.
    »Etwas später. Übrigens bin ich dort meiner Frau begegnet. Mich faszinierte, dass sie stets bestellte, was ich für vollkommen unessbar hielt, und ich dachte, sie kennen zu lernen, werde mir Zugang zu mir unbekannten Seiten der menschlichen Existenz verschaffen, zur Welt derer, die Wein aus Kuankulech schätzen - oder Haty auf lochrische Art.«
    Erstaunt schüttelte ich den Kopf. Schürf hatte mal wieder geschafft, mich in Verlegenheit zu setzen. Manchmal hatte ich das Gefühl, er tue das unabsichtlich und ohne Hintergedanken. Mitunter dagegen argwöhnte ich, er trage alles, was mich schockiert hatte, in ein Notizbuch ein, ziehe alsdann seine Handschuhe aus und lache sich in sein tödliches Fäustchen.
    Die Einrichtung im Nachtmahl des Vampirs machte dem Namen des Lokals alle Ehre. Kerzen leuchteten im Halbdunkel, auf den Tischen stand eine rote Flüssigkeit, die an Blut denken ließ, und auch das Makeup des untersetzten Kellners, der gutgelaunt und unterbeschäftigt an der Theke stand, passte hierher. Sein Gesicht war bleich, seine Augen waren dramatisch geschminkt, und sein roter Mund ließ mich vermuten, er habe das Blut unschuldiger Kinder gleich literweise getrunken.
    Erstaunt schüttelte ich den Kopf. Mein erster Besuch hier hatte sicher nicht zu den schönsten Erlebnissen meines Lebens gehört, meine Stimmung aber deutlich verbessert. Und heute war ich ohnehin gut gelaunt.
    Wir waren die einzigen Gäste und nahmen an einem langen Tisch Platz. Der Kellner war über unser Auftauchen sehr erfreut und brachte uns rasch die Speisekarte. Trotz seiner Furcht erregenden Schminke wirkte er freundlich. Offenbar verwirrten ihn weder Lonely-Lokleys Schutzhandschuhe noch mein Todesmantel. Im Gegenteil - wir passten sehr gut hierher.
    »Ich hab hier mal den Atem des Bösen probiert«, erinnerte ich mich. »Ausgezeichnet, Schürf. Den kann ich nur empfehlen.«
    »Seltsam. So ein Gericht ist mir hier nie begegnet.«
    »Du
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